Manfred Stanek, Vorstand von Greiner Packaging, fordert von der Regierung ein Klimaschutzgesetz und kann sogar Sanktionen etwas abgewinnen.
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"Niemand wird in Länder investieren, die die Klimaziele nicht erreichen"

Manfred Stanek, Vorstand von Greiner Packaging, fordert von der Regierung ein Klimaschutzgesetz und kann sogar Sanktionen etwas abgewinnen.

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"Das Klima wird in Österreich auch ohne Klimaschutzgesetz geschützt", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im ORF-Sommergespräch vergangene Woche. Eine etwas dreiste Aussage angesichts der CO2-Emissionen, die seit dem Jahr 1990 nicht gesunken sind (siehe Grafik Seite 39). Zudem hat der heurige Sommer mit seinen Hitzewellen, Dürren, Waldbränden und Überschwemmungen eine Ahnung der fatalen Auswirkungen des ungebremsten In-die-Luft-Jagens von Treibhausgasen vermittelt. Bedeutet Nehammers Auslassung also, dass für die ÖVP dieses Gesetzesvorhaben gestorben ist, wollte profil wissen? Das Bundeskanzleramt ließ die Frage unbeantwortet.

Knapp zwei Jahre ist Österreich nun ohne Klimaschutzgesetz, und ginge es nach Klimaministerin Leonore Gewessler, sollte es "möglichst rasch in Begutachtung gehen".Tatsächlich befindet es sich aber in "regierungsinterner Abstimmung",wie es aus dem Ministerium heißt. Für die ÖVP hat es bekanntlich "nicht oberste Priorität".Auch Wirtschaftskammer (WKO) und Industriellenvereinigung (IV) stehen beharrlich auf der Bremse.

Laut erstem Entwurf soll das Gesetz Sektoren wie Verkehr, Landwirtschaft und Industrie vorschreiben, in welchem Zeitraum wie viel CO2 einzusparen ist. Die Grünen wollen, dass das Gesetz Verfassungsrang erhält, und Sanktionen für die Verantwortlichen, wenn die Vorgaben nicht eingehalten werden. Sowohl WKO als auch IV betonen, grundsätzlich hinter den Klimaschutzzielen zu stehen.

Jedoch: "Einer Überfrachtung dieser Novelle mit sehr grundlegenden Änderungen der Bundesverfassung und mit für jeden Einzelnen mitunter weitreichenden Konsequenzen stehen wir skeptisch gegenüber",so eine IV-Sprecherin gegenüber profil. Die WKO schließt sich dieser Meinung an: Die aktuellen Entwürfe würden zu "weniger Planungssicherheit und gravierenden Unsicherheiten im Rechtssystem" führen.

Die Interessenvertretungen agieren hier nicht notwendigerweise im Sinne ihrer Mitglieder. Immer mehr Unternehmer und Manager drängen die Regierung, endlich zu handeln. CEOs for Future, ein Verein, in dem sich Dutzende Führungskräfte engagieren, fordert dringend ein Klimaschutzgesetz. Mitglied Manfred Stanek, Vorstand des international tätigen Verpackungskonzerns Greiner Packaging, erklärt im aktuellen Tauwetter-Podcast, weshalb ein solches auch für die Industrie wichtig ist.

profil: Seit mehr als 600 Tagen ist Österreich ohne Klimaschutzgesetz. CEOs for Future fordert, es endlich auf den Weg zu bringen. Sie auch?
Stanek: Ja. Auf der einen Seite ist die Planbarkeit in einem Unternehmen extrem wichtig. Wir wollen uns darauf einstellen, welche Ziele wir erreichen müssen, um an den Sektorzielen der Industrie mitzuwirken, die wiederum auf das Ziel für 2030, die Halbierung der CO2-Emissionen, und auf die Klimaneutralität 2040 hinarbeiten. Auf der anderen Seite sind wir der Überzeugung, dass ein gutes Klimaschutzgesetz den Wirtschaftsstandort Österreich fördert.

profil: Inwiefern?
Stanek: Wir haben das Ziel der Klimaneutralität bis 2040-das haben andere, hoch entwickelte Volkswirtschaften in Europa aber auch. Wenn wir in die Zukunft blicken, dann wollen wir natürlich bei denen sein, die diese Klimaziele erreichen. Nur dann würden ausländische Investoren auch in österreichische Unternehmen investieren. Das ist wie an der Börse: Auch dort würden Sie nur in ein Unternehmen investieren, das seine Ziele erreicht. Das Klimaschutzgesetz ist ein wichtiger Baustein im großen Ganzen. Wenn wir die richtigen Maßnahmen setzen, stärken wir damit den Wirtschaftsstandort Österreich. Und das stärkt wiederum uns als Unternehmen.

profil: Wie würde sich ein Klimaschutzgesetz auf Greiner Packaging auswirken?
Stanek: Für uns würde das bedeuten, dass wir Emissionsziele festlegen müssen. Führungskräfte in der Industrie legen jeden Tag Ziele fest. Wir machen Budgets und überlegen uns, welcher Unternehmensbereich was liefern muss, damit wir sie erreichen. Das sind Methoden, mit denen wir umgehen können und die für uns sehr gut funktionieren.profil: Ihre Interessenvertretungen, nämlich die Industriellenvereinigung und die Wirtschaftskammer, sperren sich gegen das Klimaschutzgesetz. Was halten Sie davon?
Stanek: Ich verfolge die Debatte, wer dafür oder dagegen ist, nicht. Die Industriellenvereinigung fordert planbare Rahmenbedingungen in Europa und in Österreich, sie steht hinter dem Klimaziel. Ich glaube nicht, dass alle, die hier vertreten sind, gegen das Kli maschutzgesetz sind. Ich kenne viele andere Führungskräfte und Menschen, die in der Industrie in Österreich arbeiten. Die Planbarkeit und ein Erreichen der Klimaziele, das ist uns allen wichtig, und deshalb denke ich auch, dass wir da zu einer Einigung kommen werden.

profil: Die Grünen beharren darauf, dass im Klimaschutzgesetz Sanktionen verankert werden. Das heißt, wenn die Ziele verfehlt werden, soll es Strafzahlungen geben. Halten Sie das für richtig?
Stanek: Ich finde, Sanktion klingt immer so negativ. Wir wollen uns ja gegenseitig motivieren, oder nicht? Wenn ich es richtig verstanden habe, sind die sogenannten Sanktionen dazu gedacht, in einen zweckgebundenen Fonds einzuzahlen. Der wiederum hilft der Industrie, Prozesse effizienter zu gestalten und die Energie, die wir verwenden, grüner zu machen. Dann ist das keine Sanktion, sondern für mich einfach auch ein Teil der Motivation, die richtigen Dinge zu tun. Wie in einem Unternehmen-da gibt es auch Boni für eine gute Leistung.

profil: Sie müssen es ja nicht Sanktionen nennen. Fällt Ihnen ein besseres Wort ein?
Stanek: Eine Investition in die Zukunft vielleicht. Wenn man das so sieht, dann kann man dem durchaus etwas Positives abgewinnen.

profil: Greiner produziert Kunststoffverpackungen, zum Beispiel Ketchupflaschen und Joghurtbecher. Das klingt erst mal nicht besonders klima-und umweltfreundlich. Wie passt das zusammen?
Stanek: Wir verpacken in erster Linie Lebensmittel. Wie Sie wissen, gehören die Agrarwirtschaft und die Lebensmittelproduktion zu den größten Emittenten von Treibhausgasen. Also ist es sehr wichtig, das Lebensmittel zu schützen, damit es nicht verdirbt und weggeschmissen wird und diese ganzen Treibhausgasemissionen quasi umsonst waren. Unsere Verantwortung und auch Kompetenz ist, möglichst wenig Kunststoff einzusetzen und diesen dann wieder in den Kreislauf zurückzuführen.

profil: Kunststoffe basieren grundsätzlich immer auf Erdöl. Wenn man es mit dem Klimaschutz ernst nimmt, sollte man da nicht gänzlich auf Erdöl verzichten?
Stanek: Heute ist das noch nicht möglich. Aber es ist selbstverständlich unsere Vision und auch die der gesamten Industrie, dass man alle Materialien wieder in den Kreislauf zurückbringt. Das funktioniert heute schon sehr gut bei PET-Flaschen.

profil: Wie hoch ist der Recycling-Anteil von Kunststoffverpackungen heute, und was ist Ihr Ziel?
Stanek: Er befindet sich derzeit im einstelligen Prozentbereich. Wir wollen bis 2025 auf 30 Prozent kommen. Einer der Hauptgründe, warum der Anteil so niedrig ist: Viele Rezyklate sind von der EFSA, der EU-Lebensmittelaufsichtsbehörde, noch nicht genehmigt. Wir arbeiten sehr eng mit der Abfallwirtschaft zusammen, damit die Produkte gesammelt und möglichst sortenrein sortiert werden, sodass sie dann wieder für Lebensmittel verwendet werden können. Das ist aber noch ein weiter Weg.

profil: Wo können Sie denn Emissionen einsparen? Haben Sie da schon Ideen?
Stanek: Für uns in der Verpackungsindustrie ist zuerst einmal die Energie wichtig, die wir verwenden. Da ist es unser Ziel, dass wir 100 Prozent grüne Energie verwenden. Zweitens wollen wir, wie erwähnt, alle Produkte auch recyclingfähig machen. Das hat zudem einen Einfluss auf die Emissionen der Abfallwirtschaft. Wenn unsere Produkte gar nicht im Abfall landen, dann entstehen dort auch keine Emissionen.

profil: Welche Rahmenbedingungen soll die Politik noch setzen, damit die Wirtschaft die Klimaziele erreichen kann?
Stanek: Wichtig ist, eine Transparenz zu erreichen, damit jeder weiß, was er tun muss, um zur Klimaneutralität zu kommen. Das Herunterbrechen der Ziele auf die einzelnen Sektoren wie Landwirtschaft, Abfallwirtschaft, Verkehr, Industrie ist enorm wichtig. Das ist auch der Grund, warum ich das Klimaschutzgesetz ganz charmant finde, weil es Transparenz in einer sehr logischen Art bietet. Da kann ich mich dann auch nicht mehr auf andere ausreden. Es gibt natürlich noch Mittel und Förderungen, um uns da zu unterstützen. Aber am Ende des Tages liegt dann die Verantwortung bei uns, den Unternehmen, die richtigen Maßnahmen zu erarbeiten.

profil: Oft wird argumentiert, dass Österreich, Deutschland oder generell Europa in Sachen Klimaschutz überambitioniert seien und dadurch Wettbewerbsfähigkeit gegenüber asiatischen Staaten verlören. Greiner ist auf vielen Kontinenten unternehmerisch tätig. Sehen Sie da Klimaschutz als Wettbewerbsnachteil?
Stanek: Ich kann Ihnen versichern, dass in zehn oder 20 Jahren niemand mehr in Länder investieren wird, die ihre Klimaziele nicht erreichen. Da lege ich die Hand ins Feuer. Außerdem gehe ich davon aus, dass engagiertere Länder auch bessere Rahmenbedingungen haben werden, um dort zu leben und zu wirtschaften.

MANFRED STANEK, 53 Der Wiener ist seit 2016 Vorstand von Greiner Packaging. Das Unternehmen mit Sitz in Oberösterreich beschäftigt knapp 5000 Mitarbeiter weltweit und produziert Kunststoffverpackungen, vorwiegend für die Lebensmittelbranche.

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„Tauwetter“, das bezeichnet Zeiten der Schneeschmelze ebenso wie Phasen politischen Aufbruchs. „Tauwetter“, so heißt auch der profil-Podcast zur Klimakrise und deren Bekämpfung - mit Fokus auf Österreich. Er erscheint jeden zweiten Freitag.

Franziska   Dzugan

Franziska Dzugan

schreibt für das Wissenschaftsressort und ist Moderatorin von tauwetter, dem profil-Podcast zur Klimakrise.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

war bis Oktober 2024 Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast.