Mobilität

5 Gründe, warum Privatkunden nur selten aufs Elektroauto umsteigen

Privatleute sind im Gegensatz zu Firmen bei der Anschaffung von Elektroautos noch zögerlich. Was hält sie davon ab? profil hat sich in der Branche umgehört.

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Unaufhaltsam zieht das Elektroauto seinen Siegeszug durch die Autohäuser könnte man glauben. Die Neuzulassungen für Stromer steigen und generell tendieren Neukäufe zum Elektrowagen, heißt es aus der Branche. Ist das E-Auto also auf der Überholspur? Für Privatleute scheint sich jedenfalls der Elektroantrieb noch nicht durchgesetzt zu haben. 

Über 155.000 Autos sind inzwischen auf Österreichs Straßen mit grünem Kennzeichen unterwegs. 2023 war das erste Jahr, in dem der Elektroantrieb (47.621 Fahrzeuge) die Diesel-Neuzulassungen (46.568 Fahrzeuge) überholen konnte. Lediglich ein Fünftel der Neuzulassung von E-PKW lassen sich auf Private zurückführen. Der große Rest der E-Neuwagen rollen in den Fuhrparks von Unternehmen – ein Trend, der sich die letzten Jahre durchzieht. Trotz üppiger Subvention (5000 Euro für Privatpersonen) zögern viele Haushalte, den Umstieg auf Elektromobilität zu wagen. Woher kommt die Zurückhaltung gegenüber den Stromern?

1. Fehlende Gebrauchtwagen

Von den über 750.000 Gebrauchtwagen-Zulassungen entfielen laut Statistik Austria 2023 lediglich knapp 20.000 auf den Elektroantrieb. „Die E-PKW Neuanschaffung ist grundsätzlich teuer. Deshalb ist es wichtig, dass die Firmenwagen auch auf dem Gebrauchtwagenmarkt landen”, sagt Lina Mosshammer vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Der Gebrauchtmarkt sei die wichtigste Säule, um die Elektromobilität in den privaten Sektor zu bringen. Geht es nach der Verkehrsexpertin, sollten Firmen nicht nur große SUVs, sondern auch kleine effiziente Modelle anschaffen, die später am Gebrauchtmarkt für Privatpersonen erschwinglich sind.

„Es gibt noch keine gebrauchten Autos”, sagt Klaus Edelsbrunner im profil-Gespräch. Laut dem Obmann für die Sparte Fahrzeughandel in der Wirtschaftskammer stehe der Gebrauchtmarkt erst am Anfang, denn die ersten geförderten Elektrofahrzeuge aus dem Jahr 2019 sind noch im Dienst der Erstbesitzer. Die Behaltefrist für geförderte E-Autos beträgt vier Jahre. „Die sind heuer um und dementsprechend kommen die gebrauchten Autos erst", so Edelsbrunner.

2. Unsicherer Markt

„Die große Verunsicherung ist, wo geht es hin mit dem Elektroauto”, sagt der deutsche Wirtschaftswissenschaftler Ferdinand Dudenhöffer im Ö1-Morgenjournal. Er beobachte eine „gefährliche Welle” für die E-Autoindustrie, die von der Politik ausgelöst wurde. Die deutsche Bundesregierung hat das Förderprogramm für Elektroautos eingestampft. Um den Elektroantrieb trotzdem preislich attraktiv zu gestalten, reagierten die Autobauer mit Preissenkungen. Die Folge: die Restwerte der bisher verkauften Elektroautos fallen in den Keller – auch in Österreich.

Die heimischen Autohändler bemerken eine Zurückhaltung bei der Kaufentscheidung. „Wir wissen nicht, wie sich der Markt entwickeln wird. Die Neuwagen werden billiger. Das hat zur Folge, dass das Auto als Gebrauchtwagen weniger wert wird”, sagt Branchenvertreter Edelsbrunner. Die unsichere Wertentwicklung lasse Privatleute zögern – im Zweifel falle die Entscheidung auf den bewährten Verbrenner. 

Die Zurückhaltung sei zum Teil hausgemacht, denn seit Jahren erzähle die Branche, wie tolle Elektroautos bald auf den Markt kämen. Größere Reichweiten, leichtere Batterien - bessere und billigere Autos wurden dem Kunden versprochen. „Das sind alles Informationen, wo sich der Kunde denkt, er solle noch abwarten”, so der Branchenvertreter.

3. Ladeinfrastruktur

In Österreich stehen laut e-control über 22.000 Ladepunkte - Tendenz steigend. Fragt man bei den heimischen Fahrzeughändlern nach, wird der Kauf eines Elektroantriebs nur im Eigenheim, am besten in Kombination mit der eigenen Photovoltaik-Anlage empfohlen. Außerhalb der eigenen Hauseinfahrt oder dem Firmenparkplatz kann es mitunter schwierig werden, das eigene E-PKW kostengünstig zu laden.

Wer im Eigenheim lebt, kann sich problemlos eine geförderte Ladebox in der Hauseinfahrt installieren lassen. Wohnungseigentümer müssen die Eigentümergemeinschaft lediglich über die Installation informieren – eine aktive Zustimmung ist seit der „Right-To-Plug”-Novelle nicht mehr erforderlich. 

Schlechte Karten haben Mieter in der Stadt. Wer nicht auf die Ladestelle des Garagenvermieters hoffen kann, ist auf eine der heiß umkämpften öffentlichen Ladestation angewiesen.

Wenn ich Benzin oder Diesel tanke, sehe ich, was mich das kostet. An der Ladesäule sehe ich das erst, wenn ich die Abrechnung bekomme.

Klaus Edelsbrunner

Obmann, Sparte Fahrzeughandel in der Wirtschaftskammer

4. Tarifdschungel

Wer auf eine öffentliche Ladestation angewiesen ist, kennt das Problem. Sie ist teuer, die Preise sind intransparent und die Abrechnung ist kompliziert. Die Preisgestaltung an E-Tankstellen entspricht eher der Abrechnung eines Handytarifs der 2000er Jahren, als dem Besuch einer Tankstelle. „Wenn ich Benzin oder Diesel tanke, sehe ich, was mich das kostet. An der Ladesäule sehe ich das erst, wenn ich die Abrechnung bekomme”, bemängelt Branchenvertreter Edelsbrunner.

Unterschiedliche Anbieter haben unterschiedliche Preismodelle mit unterschiedlichen Ladekarten. Ein österreichweiter (gar EU-weiter) Standard für ein Abrechnungssystem fehlt. Die Zahlung mittels Kredit- oder Bankomatkarte ist an vielen Ladepunkten im Jahr 2024 noch immer Zukunftsmusik. 

5. Steuerzuckerl

Sich über den Arbeitgeber das Elektroauto als Firmenwagen anzuschaffen ist weitaus günstiger als privat. Der Elektroantrieb ist NoVa-befreit, anstelle eines steuerpflichtigen Lohnbezugs ist der Sachbezug steuerfrei. Als Firmenwagen ist der E-PKW steuertechnisch gleichgestellt mit dem LKW – Anschaffung, Instandhaltung und Betankung sind vorsteuer-privilegiert. 

Das Elektroauto wird kommen – darauf hat sich die Automobilindustrie eingestellt. Wie schnell die Transformation allerdings voranschreitet, das entscheiden die Rahmenbedingungen und die Konsumenten.

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im profil Digitalressort.