Bernhard Costa: "Ich möchte ein Mal mit Bankfachleuten in Dialog treten. Nicht nur mit Juristen."
Abgerechnet: Im Clinch mit der Sparkasse Oberösterreich

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Bernhard Costa sucht die Öffentlichkeit. Nicht etwa, weil er sich seine 15 Minuten Ruhm abholen will, sondern weil er ein Anliegen hat. Der 42-Jährige hat sich redlich bemüht. In den vergangenen Jahren führte er unzählige Gespräche mit Journalisten, fütterte Redaktionen mit Unterlagen und Dokumenten und hielt Pressekonferenzen ab. Nennenswerten Niederschlag fanden seine Bemühungen jedoch nicht. Sein mächtiger Gegner habe das zu verhindern gewusst, vermutet er.

Seit 2010 führt er eine grimmige Auseinandersetzung mit der Allgemeinen Sparkasse Oberösterreich. Wechselseitige Klagen. Bis hinauf zum Obersten Gerichtshof. Anzeigen. Selbst seine Familie kam in die Ziehung. Mittlerweile ist die Causa für ihn existenzbedrohend.

Der Fall ist zunächst kein außergewöhnlicher. Tag für Tag streiten vor Österreichs Gerichten ehemalige Geschäftspartner. Tag für Tag sprechen Österreichs Gerichte entweder der einen oder der anderen Partei Recht zu.

Wer aber die Geschichte des Bernhard Costa – so wie er sie schildert – hört, ist geneigt, Parallelen zu manch kanonischem Werk der deutschen Literatur zu ziehen. Zu Franz Kafka etwa, der wie kein anderer das Gefühl des Ausgeliefertseins an bürokratische Mächte beschreibt. Oder zu Heinrich von Kleists Novelle „Michael Kohlhaas“, in der die Titelfigur in ihrem Bestreben, Recht zu bekommen, nicht ruhen kann.

Zumindest in einem Punkt ist man sich einig: Am Anfang der Geschichte stand ein Kredit.

Auch für Bernhard Costa ist die Geschichte noch nicht vorbei. Obwohl sämtliche Verfahren durch alle Instanzen gegangen sind und rechtskräftige Urteile vorliegen. In keinem einzigen davon hat er einen Sieg errungen. Im Gegenteil. Die Angelegenheit ist immer weiter eskaliert, sodass er, wie er erzählt, seit zwei Jahren bis auf das Existenzminimum gepfändet wird.

Es gibt nicht viel, worin die Vertreter der Sparkasse Oberösterreich mit ihrem ehemaligen Kunden übereinstimmen. Doch zumindest in einem Punkt ist man sich einig: Am Anfang der Geschichte stand ein Kredit. Ein Fremdwährungskredit. Im August 2001 hatte ihm die Bank ein Darlehen von rund 97.000 Euro eingeräumt. Dieses wurde in Japanischen Yen aufgenommen. „Ich war im Begriff, ein Unternehmen zu gründen, und benötigte auch Geld für meine Ausbildung zum akademischen Finanzdienstleister“, erzählt Costa. In weiterer Folge wurde dieser Kredit zwei Mal konvertiert und aufgestockt. Sodass er im Frühjahr 2007 – nunmehr in Schweizer Franken – einen Gegenwert von rund 113.000 Euro hatte.

Eineinhalb Jahre später wurde die bis dahin recht harmonische Geschäftsbeziehung auf eine erste Prüfung gestellt. Der Kunde wollte abermals konvertieren. Zuerst zurück in den Yen, später wünschte er einen Drittelmix aus US-Dollar, Schweizer Franken und Yen. Die Bank lehnte dies mit Hinweis auf eine Empfehlung der Finanzmarktaufsicht ab. Die Behörde hatte da schon die Losung ausgegeben, an Verbraucher keine Fremdwährungskredite mehr zu vergeben. Zudem habe eine „Tilgungslücke“ bestanden. Immer wieder habe er Konvertierungsaufträge erteilt. Alle verhallten ungehört. Costa verblieb also im Schweizer Franken, dessen Kurs sich für ihn immer ungünstiger entwickelte. „Ich konnte zuschauen, wie meine Schulden täglich mehr wurden“, erzählt er.

Zum Ende der Laufzeit im Juli 2011 konvertierte die Bank den Kredit in Euro – dabei hatte sich ein Saldo von da schon über 165.000 Euro ergeben – und stellte ihn kurz darauf fällig. „Zu diesem Zeitpunkt war ich in Portugal auf Urlaub. Dort konnte ich kein Geld aus den Bankomaten beheben“, erzählt Costa. Daueraufträge, etwa für Miete und Strom wurden nicht mehr durchgeführt. Ein Monat später wurde sein Netbanking-Zugang deaktiviert. Ein auf ihn legitimiertes Sparkonto, auf dem Geld für seine Tochter angespart wurde, verwertete die Sparkasse zur Abdeckung offener Darlehensvaluta.

Keine dieser Maßnahmen gefiel dem Schuldner. Bezüglich der Berechnung des Kreditsaldos, der Beistellung neuer Sicherheiten und einer Reihe anderer Dinge bestanden zwischen der Sparkasse und ihrem Kunden – vorsichtig formuliert – Auffassungsunterschiede. Costa bestritt zudem die Höhe der Schuld und zahlte nur einen Teil der Kreditforderung. Die Bank brachte beim Landesgericht Linz Klage ein und bekam in allen Punkten Recht. Costa ging in Berufung, der Fall kam bis zum Obersten Gerichtshof (OGH). Auch hier unterlag der Linzer.

Daraufhin brachte er wiederum Gegenklage ein – die er verlor.

Als Reaktion veröffentlichte er eine Website, auf der er seine Sicht der Dinge darstellte. „Ich habe gedacht, ich bin besonders schlau. Wenn mich die Bank aufgrund der Inhalte klagen sollte, hätte ich die Möglichkeit, vor Gericht den Wahrheitsbeweis anzutreten“, erklärt Costa. Die Klage ließ nicht lange auf sich warten. „Ich habe dem Prozess mit Freude entgegengesehen“, so der Oberösterreicher. Doch das Ergebnis war eine Verurteilung wegen Rufschädigung. Zudem wurde er zu Unterlassung und Widerruf aufgefordert. In dem Urteil des Landesgerichts Linz, welches später auch vom OGH bestätigt werden sollte, heißt es unter anderen:

„Der Beklagte ist schuldig, die Verbreitung und/oder Veröffentlichung nachstehender Äußerungen, nämlich dass ein „System Sparkasse OÖ“ besteht, welches völlig aus den Fugen geraten ist; (…) dass ihm sämtliche Konvertierungswünsche mit den dubiosesten Begründungen verweigert wurden und das einen Zwangsverbleib zu 100 % in Schweizer Franken während der gesamten Finanzkrise zur Folge hatte; (…) dass Kreditnehmer der Sparkasse OÖ bei Fremdwährungskrediten zur Erhöhung von Sicherheiten „genötigt“ wurden; dass der Sparkasse OÖ vorsätzliche und sittenwidrige Schädigung zur Last liegt; dass sich herausgestellt hat, dass ein Mitarbeiter der Sparkasse OÖ eine Falschaussage getätigt hat; dass ihm zwei Mal eine Laufzeitverlängerung zugesagt wurde und dass sich die Sparkasse OÖ plötzlich nicht mehr daran erinnern konnte; dass ein ausschließlich für seine Tochter eingerichtetes Sparkonto von der Sparkasse OÖ unautorisiert abgeräumt bzw „über Nacht leer geräumt“ und zur Kredittilgung zweckentfremdet wurde; dass sein Netbankingzugang deaktiviert wurde, um diese von ihm als hinterhältig bezeichnete Vorgangsweise so lange wie möglich vor ihm geheim zu halten; dass ohne sein Wissen und gegen seinen Willen weitere Vermögenswerte (Aktie) verkauft und unautorisiert „abgeräumt“wurden; und/oder gleichsinnige Äußerungen zu unterlassen.“

Die Bank ging auch gegen Verwandte Costas vor, die den Link seiner Website auf den sozialen Plattformen Facebook und Google+ gepostet hatten. Sie klagte seinen Schwager auf Unterlassung und Widerruf und bekam Recht. Der medial breit diskutierte Richterspruch kostete den Beschuldigten mehrere tausend Euro.

Es geht ja nicht nur um mich, sondern auch um Hunderte andere Fremdwährungskreditnehmer (Bernhard Costa)

Costa indes wurde dazu verurteilt, das Dementi nicht nur auf seiner eigenen Website, sondern auch auf eigene Kosten in der „Kronen Zeitung“ zu veröffentlichen. „Herr Costa hielt es für angebracht, nach einem Prozessverlust, der bis zum OGH ging, auf einer von ihm kreierten Website rechtswidrige, ehrenrührige und wahrheitswidrige Behauptungen aufzustellen. Eine Aufforderung, diese Behauptungen, die auch das Delikt der üblen Nachrede erfüllen, zu entfernen, wurde verweigert. Dadurch war meine Mandantschaft gezwungen, das im Rechtsweg durchzusetzen“, sagt Rechtsanwalt Winfried Sattlegger namens der Sparkasse.

Und darin zeigte sich die Bank unerbittlich. Ungeachtet der Tatsache, dass sie mit dem Kunden über Jahre eine völlig normale Geschäftsbeziehung hatte, dessen Vater sogar selbst über Jahrzehnte im Dienst der Sparkasse stand, fahren die Banker ein schweres Geschütz nach dem anderen auf und beschäftigen die Gerichte mit unzähligen Verfahren. Und Costa steht dem um nichts nach.

Warum versucht man sich nicht gütlich zu einigen? „Ich habe unzählige Male versucht, einen Termin mit dem Vorstand zu bekommen. Das war aber nicht möglich“, sagt Costas Anwalt Karl-Heinz Plankel. Eine derartige Kommunikationsverweigerung habe er in seiner gesamten beruflichen Laufbahn noch nie erlebt. Selbst im Gerichtssaal sei nie ein Verantwortlicher der Sparkasse anwesend gewesen. „Gerade bei einem Institut, welches damit wirbt, dass in jeder Beziehung die Menschen zählen würden, ist mir diese Gesprächsverweigerung unerklärlich“, so Plankel. Zudem trügen ja beide Seiten ständig Schaden davon.

Am Beginn der Auseinandersetzungen ging es um rund 30.000 Euro. Die Prozesskosten waren anfangs noch durch eine Rechtsschutzversicherung gedeckt. Doch die stieg bald aus. Costa musste selbst Geld in die Hand nehmen. Bis dato belaufe sich sein monetärer Schaden auf rund 400.000 Euro. „Mein Leben ist wirtschaftlich zerstört“, so der Oberösterreicher. Wie man das finanziert? „Meine Familie unterstützt mich“, erklärt er.

Doch warum tut man sich das an? Warum setzt man seine finanzielle Existenz aufs Spiel, in einer Causa, wo es, wie es scheint, nichts mehr zu gewinnen gibt? „Ich möchte endlich, dass sich jemand mit dem, was ich vorzubringen habe, ernsthaft auseinandersetzt. Es geht ja nicht nur um mich, sondern auch um Hunderte andere Fremdwährungskreditnehmer“, erklärt Costa.

Ich möchte ein Mal mit Bankfachleuten in Dialog treten. Nicht nur mit Juristen. (Bernhard Costa)

Keine Frage, der Linzer ist ein sturer Hund. Man könnte auch schlussfolgern, dass sich sein Rechtsempfinden im Laufe der Jahre nach und nach verdichtete. Er lässt nicht den Hauch eines Zweifels erkennen, dass er vielleicht falschliegen könnte. Dennoch: Den Eindruck eines notorischen Querulanten oder Spinners erweckt er nicht. Im Gegenteil. Er wirkt völlig geerdet und bringt seine Argumente sachlich und ohne Geifer vor.

Im Oktober 2014 brachte er bei der Staatsanwaltschaft Linz eine Anzeige gegen die Sparkasse ein. Der Vorwurf kurz zusammengefasst: Das IT-System der Bank sei fehlerhaft, was eine falsche Berechnung des Kreditsaldos zur Folge gehabt hätte. Die Behörde stellte das Verfahren ein. Ein Jahr später stellte Costas Anwalt Plankel einen Antrag auf Fortführung. Dieser wurde abgewiesen. „Mein Vertrauen in die oberösterreichische Justiz ist mittlerweile äußerst gering“, sagt der Kohlhaas aus dem Land ob der Enns.

„Ich möchte ein Mal mit Bankfachleuten in Dialog treten. Nicht nur mit Juristen“, ergänzt er. Einmal hätte es fast geklappt: Nach einigem Hin und Her kam folgender Vorschlag: Ein leitender Fachmann aus dem Kreditbereich sei bereit, sich mit Costa an einem „neutralen Ort“ zu treffen. Man bitte jedoch um Verständnis, „dass ein Security-Mitarbeiter für eine Zugangskontrolle anwesend sein“ werde, das Handy abzugeben sei und das Gespräch ohne Anwälte stattfinden werde. Costa lehnte dankend ab.

Vertreter der Sparkasse Oberösterreich wollen sich auch auf profil-Anfrage nicht mehr zu der Causa – beziehungsweise: den Causen – äußern. Es gebe dazu nichts mehr zu sagen, alles sei ausjudiziert, teilt ein Sprecher der Bank mit. Gesprächsbereit zeigte sich lediglich Anwalt Sattlegger, der jedoch kaum verhehlen konnte, dass seine Begeisterung über eine geplante Berichterstattung überschaubar sei.

Doch für Costa und seinen Anwalt ist die Geschichte noch nicht zu Ende. „Ich plane eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einzubringen. Als Ultima Ratio wäre auch eine Amtshaftungsklage denkbar“, sagt Plankel. Denn er sei völlig überzeugt, dass sein Mandant Recht habe. Man müsse ihn nur anhören.

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

war bis Oktober 2024 Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast.