Affäre „Nina“ – Bestechungsanklage gegen BVT-Beamten
Es war ein Projekt, das innerhalb der OMV mit höchster Geheimhaltung gehandhabt wurde: Insgesamt 9,1 Millionen Euro zahlte der Öl- und Gaskonzern von 2008 bis 2013 an eine bunte Truppe – teils fragwürdiger – Sicherheitsberater. Abgerechnet wurde über eine Projektfirma. Nun stellt sich heraus: 31.500 Euro sollen letztlich bei einem Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT; nunmehr: DSN – Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst) gelandet sein. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ortet Bestechungsverdacht und will den – mittlerweile suspendierten – Verfassungsschützer vor Gericht bringen.
Dies geht aus einer 51-seitigen Anklageschrift hervor, die profil vorliegt. Die WKStA hat die Anklage nach Prüfung und Genehmigung durch ihre Oberbehörden vor kurzem beim Landesgericht St. Pölten eingebracht. Sie ist das Resultat jahrelanger Ermittlungen in einer 2016 aufgeflogenen Affäre: In deren Zentrum steht die deutsche Privatagentin Christina W. alias „Nina“. Die umtriebige Nachrichtenhändlerin mit Stasi-Vergangenheit und hochkarätigem Kundenstock soll in mehreren Ländern Amtspersonen für ihre Zwecke eingespannt und bezahlt haben – in Österreich eben den BVT-Beamten. Die Anklageschrift richtet sich gegen W., den Verfassungsschützer und zwei weitere Personen. Teilweise besteht der Verdacht der Bestechung bzw. der Bestechlichkeit, teilweise jener des Amtsmissbrauchs. Da zumindest einer der Beschuldigten bereits einen Einspruch eingebracht hat, ist die Anklage noch nicht rechtswirksam. Ob der Fall tatsächlich vor Gericht geht, entscheidet das Oberlandesgericht Wien.
93.500 Euro für zwölf Projekte
Gemäß Verdachtslage soll der BVT-Beamte von 2009 bis 2015 insgesamt 93.500 Euro von Christina W. erhalten haben. Dies dafür, dass er nebenher auch privat ermittelte. Unter anderem wird dem Verfassungsschützer vorgeworfen, über seinen dienstlichen Zugang im Firmenbuch nach Personen und Unternehmen gesucht zu haben. Darüber hinaus soll er eine spezielle Analysesoftware des BVT zur Erstellung von Organigrammen verwendet haben. Laut Anklageschrift erhielt der Beamte das Geld für zwölf Projekte, die Christina W. an ihn herangetragen hatte. Die WKStA wirft ihm deshalb Bestechlichkeit und der Privatagentin Bestechung vor.
In der Anklageschrift ist das mutmaßlich Schmiergeld-System folgendermaßen Beschrieben: „Unternehmen oder Einzelpersonen aus dem In- und Ausland beauftragten W. damit, Dossiers zu Einzelpersonen oder vergleichbare Informationssammlungen zu Konkurrenzunternehmen oder wirtschaftlichen Mitbewerbern o.ä. zu erstellen. Sobald sie einen entsprechenden Auftrag erhalten hatte, stellte sie diesen – unter einem speziellen Projektnamen – (Anm.: dem BVT-Beamten) vor, teilte ihm mit, in welchem Umfang er tätig werden sollte und versprach eine Honorarzahlung. … (Anm.: der BVT-Beamte) ließ W. die Ergebnisse der von ihm auftragsgemäß vorgenommenen Verrichtungen gegen das zuvor vereinbarte – manchmal einmalig, oft in Raten ausbezahlte – Entgelt zukommen. Letztere gab die ihr übermittelten Ergebnisse (direkt oder indirekt) an ihre Auftraggeber weiter.“
Geheimprojekt der OMV
Tatsächlich wurde „Nina“ hauptsächlich als Subauftragnehmerin tätig – etwa für Sicherheitsfirmen. Die zugrunde liegenden Aufträge stammten jedoch teilweise vom Who-is-who der österreichischen Wirtschaft. Herausragendes Beispiel: Das Projekt „Scout“ der OMV, für das laut Anklageschrift 31.500 Euro beim BVT-Beamten landeten. Offizielles Ziel war es, Öldiebstähle in Rumänien abzustellen und für den Schutz des damaligen Petrom-Vorstands Johann Pleininger zu sorgen. Pleininger ist mittlerweile Generaldirektor-Stellvertreter des OMV-Konzerns. Das Projekt wurde damals so vertraulich behandelt, dass bei der OMV offenbar nur Pleininger selbst einen tieferen Einblick in die operative Abwicklung hatte.
Wie profil vor wenigen Wochen aufdeckte, entwickelte sich seinerzeit im Rahmen von „Scout“ ein Subprojekt mit dem Decknamen „Jodler“. Vorliegende Unterlagen werfen die Frage auf, ob unter diesem Begriff eine Kampagne gegen den damals neuen OMV-Konzernvorstand Jaap Huijskes geschmiedet werden sollte, der zwischen Pleininger und einem Posten an der Konzernspitze stand.
Im Jahr 2018 bestätigte die OMV gegenüber den Ermittlern, dass der beschuldigte BVT-Beamte Mitglied jenes Teams gewesen sei, das für die – über eine Anwaltskanzlei gegründete – Abwicklungsfirma das Projekts „Scout“ tätig wurde. Der Konzern hielt aber fest, dass es keinen Kontakt zwischen dem Verfassungsschützer und Pleininger gegeben habe. Pleininger verwies zuletzt gegenüber profil darauf, dass die Projektabwicklung sowohl von der österreichischen Justiz als auch unternehmensintern untersucht worden sei: „Es wurde nicht der geringste Verdacht bestätigt.“ Was den Verfassungsschützer und Christina W. betrifft, wird sich das freilich nun erst herausstellen.
Die Novomatic-Connection
Die OMV ist nicht der einzige namhafte Konzern, von dem Geld – über Zwischenstationen – in Richtung der Privatagentin floss, wobei diese wiederum den BVT-Mitarbeiter bezahlt haben soll. Für die Projekte „Omega“ und in der Folge „Omega 2“ erhielt der Verfassungsschützer laut Anklageschrift im Jahr 2015 insgesamt 14.000 Euro. Ursprünglicher Auftraggeber war demnach der Glücksspielkonzern Novomatic, W. agierte laut Anklageschrift wiederum als Subauftragnehmerin eines Sicherheitsberaters. Laut WKStA war das Projektziel „die Verhinderung der Übernahme von Firmenanteilen an der Casinos Austria AG durch eine aus Tschechien stammende Investorengruppe um Karel Komarek“. Bekanntermaßen lieferte sich Novomatic mit Komareks Sazka-Gruppe ein heißes Match um die Eigentümerschaft bei den Casinos.
Privatagentin W. informierte laut Anklageschrift einen damaligen Top-Manager von Novomatic über die Einbindung des BVT. Weiters hält die WKStA fest: „W. verfolgte den Plan, dem österreichischen Finanzminister (damals Hans-Jörg Schelling) ein – auch auf Grundlage von Informationen durch (Anm.: den BVT-Beamten) erstelltes – Dossier zukommen zu lassen, das die Republik Österreich in Richtung eines Verkaufs der Anteile an der Casinos Austria AG an die Novomatic AG beeinflussen sollte. … Diese Vorgehensweise … führte letztlich dazu, dass der tendenziöse Bericht zum Projekt ‚Omega‘ im BVT offiziell als ‚Informantenbericht 01/15‘ erfasst und schließlich an das Kabinett des Finanzministers weitergeleitet wurde.“
Als die Behörden im Laufe der Ermittlungen bei Novomatic nachfragten, wurde ihnen übrigens mitgeteilt, dass die Projektunterlagen vernichtet worden wären. profil fragte beim Glücksspielkonzern nach und erhielt von Novomatic-Anwalt Peter Zöchbauer folgende Antwort:
„Wie bereits medial ausführlich berichtet, wurde Frau W. von zahlreichen österreichischen Unternehmen mit Recherchen beauftragt, darunter im Jahr 2015 auch einmalig von Novomatic. Damals bestand sowohl von Seiten der Novomatic als auch von Seiten tschechischer Investoren die Überlegung, (weitere) Anteile an der Casinos Austria AG zu erwerben. Schon aus Compliance-Gründen war es für Novomatic dabei notwendig, ausreichende Informationen über den anderen Mitgesellschafter einzuholen, um eine entsprechende Risikoprüfung vornehmen zu können. Zu diesem Zwecke wurde Frau W. – daher kein Dritter, auch kein BVT-Mitarbeiter – mit einer Recherche beauftragt. Es war die erste und einzige Beauftragung an Frau W.; davor gab es keine Zusammenarbeit mit ihr und daher auch keine Erfahrungen über ihre Arbeit. Die von Frau W. als Ergebnis ihrer Recherche gelieferten Unterlagen gingen über allgemein zugängliche Internet- und Medienartikel nicht hinaus und fanden daher keinen Eingang in irgendwelche Dokumente der Novomatic; sie wurden daher auch nicht gesondert archiviert. Novomatic hat sich folglich nichts vorzuwerfen.“
„Quelle Kabinett“
Ein Teil jener 14.000 Euro, welche der BVT-Mitarbeiter im Rahmen von Projekt „Omega“ erhielt, wurde unter der Bezeichnung „Quelle Kabinett“ ausbezahlt. Dies war auch bei einem weiteren „Nina“-Projekt der Fall, welches jedoch nichts mit Novomatic zu tun hatte. In Bezug auf dieses andere Projekt hielt die WKStA in der Anklageschrift fest, dass zwar nicht widerlegbar sei, dass mit „Quelle Kabinett“ der Verfassungsschützer selbst gemeint war. Eine vorgefundene Eintragung ließe jedoch „eher darauf schließen, dass sich (Anm.: der BVT-Beamte) bei einer ‚Quelle Kabinett‘ Dokumente beschafft hat“. Als „Kabinett“ werden in Österreich unter anderem Ministerbüros bezeichnet.
Zwei weitere Projekte, für die der BVT-Mitarbeiter nun wegen Bestechung vor Gericht soll, befassten sich mit diversen Problemen der Vienna Insurance Group sowie der Erste Group in Ostereuropa. Die Anklageschrift liefert jedoch keinen Hinweis darauf, dass man bei der Versicherung bzw. der Bank über die Einbindung des Verfassungsschützers Bescheid wusste.
Seitens der VIG hieß es auf profil-Anfrage, man habe diesbezüglich mit einer österreichischen Sicherheitsfirma zusammengearbeitet - die Beauftragung und Bezahlung sei ausschließlich über diese vorgenommen worden. Die VIG habe keinen Einblick, was wiederum Frau W., die damals als Subauftragnehmerin dieser Sicherheitsfirma agiert hat, konkret gemacht habe. Die Erste Group ließ wissen, die damaligen Vorgänge wären nicht bekannt.
Das Oligarchen-Projekt
Agentin „Nina“ und Konsorten waren nicht nur für Großkonzerne im Einsatz, sondern auch für andere Kunden, die über das entsprechende Kleingeld verfügten. Einer davon: der ukrainische Oligarch Dmitry Firtasch, der im März 2014 in Wien festgesetzt worden war. Die USA verlangen bis heute seine Auslieferung wegen einer Korruptionsanklage. Der Milliardär hat sämtliche Vorwürfe immer bestritten – und von Beginn weg viele Hebel in Bewegung gesetzt, um das Problem zu bereinigen. In diesem Zusammenhang kam auch Christina W. ins Spiel. Dass das System „Nina“ 2016 aufflog, liegt nicht zuletzt daran, dass deutsche Ermittlungsbehörden der Firtasch-Connection nachgingen. Betont sei, dass der Oligarch selbst in der Causa W. immer nur als Zeuge gehandelt wurde und nie als Beschuldigter. Das gilt nach wie vor.
Der diesbezügliche Bestechungsverdacht laut Anklageschrift spielt sich rein zwischen W. und dem BVT-Beamten ab. Dabei geht es um ein Projekt namens „New Energie“, das den Ermittlern zufolge den Auftrag beinhaltet habe, „entlastende Beweismittel für den von den Justizbehörden der Vereinigten Staaten gesuchten ukrainischen Staatsangehörigen Dmitry Firtasch beizuschaffen und außerdem dessen Anwälten durch die Beibringung von relevanten Informationen zuzuarbeiten. Unter anderem ging es auch darum, den Belastungszeugen des Firtasch, nämlich den aus Indien stammenden J. R. Zu diskreditieren … W. wies zu diesem Zwecke (Anm.: den BVT-Mitarbeiter) an, zahlreiche Firmenbuchabfragen vorzunehmen und sonstige Informationen einzuholen sowie ein Organigramm zu erstellen.“
Laut Anklageschrift sollen beim Verfassungsschützer dafür insgesamt 7.000 Euro gelandet sein. Eigentlich ein Klacks, im Vergleich zur Gesamtsumme, die damals in Bewegung war: Deutsche Behörden fanden nämlich heraus, dass eine Limited-Firma, die Firtasch zugerechnet wurde und über Bankkonten auf Zypern verfügte, mehr als eine halbe Million Euro an Christina W. überwiesen hatte.
„Ohne dienstliche Notwendigkeit“
Zur allgemeinen Begründung des Bestechungsvorwurf führt die WKStA in der Anklageschrift unter anderem aus: „Beide Beschuldigte wussten anlässlich einer jeden Beauftragung, dass (Anm.: der BVT-Beamte) über privaten Auftrag und gegen Honorar amtsspezifische Verrichtungen vornimmt, die zwar grundsätzlich zu seinem Dienst als Polizeibeamter gehören, im konkreten Einzelfall aber nicht der Besorgung seiner berufsspezifischen Aufgaben dienten.“ Die „Vornahme von Abfragen aus dem elektronischen Firmenbuch und dem elektronischen Grundbuch ohne dienstliche Notwendigkeit“ stelle „ebenso wie die Erstellung von Organigrammen mit einer für den Dienstbetrieb zur Verfügung gestellten Software und deren Weitergabe an eine private Beraterin bzw. ‚Informationsbeschafferin‘ eine Verletzung konkreter Amts- und Dienstpflichten dar. Genauso verhält es sich mit der dem strikten Sachlichkeitsgebot widersprechenden Entgegennahme und dienstlichen Weiterleitung eines … bekanntermaßen manipulierten und tendenziösen Informantenberichtes mit dem Ziel, eine unsachliche Entscheidung herbeizuführen.“
Die WKStA fasst den Verdacht folgendermaßen zusammen: „Insgesamt erlangte (Anm.: der BVT-Beamte) somit durch die von ihm begangenen Straftaten in einem Zeitraum von knapp über 6 Jahren (September 2009 – Dezember 2015) ungebührliche Vorteile (soweit nachweisbar) in Höhe von insgesamt 93.500 Euro.“
Kennzeichen und Steuerdaten
Da das Firmenbuch grundsätzlich öffentlich zugänglich ist, sieht die WKStA in diesen Abfragen nicht zusätzlich auch noch einen Amtsmissbrauch. Anders verhält es sich mit dem Kfz-Kennzeichenregister. Die Ermittler werfen W. in der Anklageschrift vor, sie habe versucht, den BVT-Beamten dazu zu bringen, mehrere Kennzeichen abzufragen. Der Vorwurf: versuchte Beteiligung am Amtsmissbrauch. Die Ermittler fanden keine Nachweise dafür, dass es daraufhin tatsächlich zu einer verbotenen Abfrage kam, weshalb diesbezüglich keine Vorwürfe gegen den Verfassungsschützer erhoben werden.
Letzterer steht jedoch in einem anderen Zusammenhang im Verdacht, Amtsmissbrauch begangen zu haben – dies ebenfalls als Beitragstäter: Er soll einen Mitarbeiter eines niederösterreichischen Finanzamts angestiftet haben, verbotenerweise nach Steuerdaten eines russischen Unternehmers zu suchen, der sich in Österreich niedergelassen hatte. Laut Anklageschrift hatte W. dem BVT-Beamten eine Anfrage von einem gewissen René Brülhart vermittelt, der sich offenbar für Informationen zur Vermögenssituation des Russen interessiert haben soll. Brülhart hatte früher die Liechtensteinische Geldwäschebekämpfungsstelle geleitet und war bis 2019 Präsident der Finanzaufsicht des Vatikan. Nebenher war er allerdings auch mit einer eigenen Beratungsfirma tätig – profil berichtete.
Ermittlungen in der Schweiz
Laut Anklageschrift soll W. im August 2015 ein Papier an Brülhart übermittelt haben, das ursprünglich vom Verfassungsschützer stammte. Darin fanden sich unter dem Punkt „Ermittlungsoptionen“ folgende Angaben:
Wenige Tage später kam es tatsächlich an einem Finanzamt in Niederösterreich zur Abfrage von Steuerdaten des bewussten russischen Staatsbürgers. Zwei frühere Mitarbeiter des Finanzamts sind deshalb nun ebenfalls wegen Amtsmissbrauchs angeklagt – dem Vernehmen nach bestreiten sie die Vorwürfe. Einer von ihnen hat einen Anklageeinspruch eingebracht. Brülhart wiederum soll in einem allfälligen Gerichtsprozess in Österreich als Zeuge geladen werden. Laut Anklageschrift ermittelt allerdings die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich zu diesem Sachverhalt gegen den Berater wegen des Verdachts der Bestechung ausländischer Amtsträger.
Ein Anwalt Brülharts verwies gegenüber profil auf eine frühere Stellungnahme zur Causa. Demnach stelle Brülhart bei allen von ihm betreuten Mandaten eine „hohe Anforderung an die Integrität und Vertraulichkeit seiner Arbeit. Für ihn war und ist es deshalb selbstverständlich, dass sämtliche Tätigkeiten stets ausschließlich auf legale Art und Weise durchgeführt werden.“ Brülhart könne sich zu konkreten Geschäftsbeziehungen nicht äußern: „Es ist aber in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass er im Zusammenhang mit dem von Ihnen angeführten Sachverhalt … kein Mandat hat oder hatte und niemanden beauftragt hatte, Steuererklärungen von Herrn … zu organisieren. Er hat entsprechend auch keine Steuererklärungen von … oder Daten daraus erhalten oder weitergegeben und auch niemanden bezahlt und von niemandem Geld erhalten.“
„Viel zu korrekt“
W. selbst ist zu diesem Punkt übrigens nicht angeklagt. Laut Anklageschrift soll die Privatagentin angegeben haben, sie kenne überhaupt keine österreichischen Finanzbeamten. Sie selbst sei bloß Vermittlerin gewesen, da Brülhart „einen aktiven Beamten nie selbst angesprochen“ hätte, weil er dazu „viel zu korrekt“ sei. Eine Bezahlung des BVT-Mitarbeiters sei jedoch nie erfolgt, weil das Projekt nicht zustande gekommen sei.
Brülhart soll jedenfalls der Auftraggeber eines weiteren Projekts gewesen sein: Laut Anklageschrift ging es darum, Informationen zum österreichischen Unternehmer Ronny Pecik zusammenzutragen, „insbesondere betreffend dessen finanzielle Situation und allfällige zivilrechtliche Klagen gegen ihn“. Im März 2015 schrieb W. per WhatsApp an Brülhart: „Lieber René, habe nun doch interne Infos über Ronny bekommen. Könnte diese ohne Weiteres zur Verfügung stellen. Preis verhandelbar.“
In Deutschland verurteilt
W. selbst wurde übrigens bereits Anfang 2017 in Deutschland verurteilt – gemeinsam mit einem ehemaligen Kriminalhauptkommissar, der ihr zugearbeitet hatte. Nach Geständnissen erhielten die Beiden mehrjährige Haftstrafen – unter anderem wegen Bestechung beziehungsweise Bestechlichkeit. profil berichtete in der Vergangheit ausführlich darüber, wie das System „Nina“ funktionierte und weshalb es letztlich auf spektakuläre Wiese aufflog.
Auf profil-Anfrage teilte der Anwalt von W. mit, seine Mandantin wolle sich zu den Vorwürfen in Österreich nicht äußern und werde auch keinen Einspruch gegen die Anklageschrift einlegen. Sie habe sich „in der Vergangenheit in fünf Vernehmungsterminen bereits ausführlich eingelassen“.
Der beschuldigte BVT-Beamte hat sämtliche Vorwürfe immer bestritten. Auf Anfrage wollte er sich zu Details nicht äußern: „Eine letztendliche Entscheidung wird ein unabhängiges österreichisches Gericht treffen.“ Der suspendierte Verfassungsschützer will festgehalten wissen, dass deutsche Ermittlungsbehörden festgestellt hätten, dass „auch in Österreich keine strafrechtsrelevante Verdachtslage“ gegen seine Person bestehe. Das sehen die österreichischen Ermittler offenbar anders. Ob die Anklageschrift rechtswirksam wird, muss nun freilich das Oberlandesgericht Wien entscheiden.