AMS-Chef Kopf: Warum die Arbeitslosigkeit weiter steigen wird
Die Arbeitslosigkeit steigt in Österreich. AMS-Chef Johannes Kopf erklärt, warum - und gibt keinen besonders optimistischen Ausblick auf das kommende Jahr.
Mit Ende September waren 320.760 Personen in Österreich arbeitslos gemeldet - das sind um 14.601 Personen oder 4,8 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Arbeitslosenquote steigt damit leicht auf 5,9 Prozent. Betroffen sind vor allem der Baubereich, das Gesundheits- und Sozialwesen und die Industrie.
„Ich gehe davon aus, dass die Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr wieder leicht steigen wird.“
AMS-Vorstand Johannes Kopf
Woher kommt dieser Negativtrend?
Am Freitag werden WIFO und IHS die neuen Prognosezahlen veröffentlichen und ich fürchte, sie werden das Wort „Rezession“ in den Mund nehmen. In der Situation kann man eigentlich nicht verhindern, dass die Arbeitslosigkeit steigt. Dem AMS wird es jetzt vor allem darum gehen, Langzeitarbeitslosigkeit zu verhindern. Uns ist lieber, vier Personen sind drei Monate arbeitslos als einer ein Jahr.
Die Arbeitslosigkeit ist vor allem bei Ausländerinnen und Ausländern stark gestiegen, im Vergleich zum Vorjahr um 16,5 Prozent. Warum?
Das hat zwei Gründe. Geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer haben erst seit Mai unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, wir haben also im Vergleich zum Vorjahr gut 5000 Personen am Arbeitsmarkt mehr, die jetzt als arbeitslos gezählt werden. Wir haben tatsächlich wieder viel mehr Zugang aus den Ländern des nahen und mittleren Ostens. Das sind Leute, die jetzt gerade erst die Sprache erlernen und noch keine Möglichkeit haben, die Arbeit aufzunehmen. Zum anderen geht es gerade vor allem der Baubranche schlecht, und da gibt es einen viel höheren Anteil als in anderen Branchen.
Unternehmen würden nur „sehr zögerlich“ Stellen abbauen, damit sie im nächsten Aufschwung genug Arbeitskräfte zur Verfügung haben, so Arbeitsminister Kocher. Sehen Sie das auch so?
Das sehe ich ganz genau so. Bei dieser wirtschaftlichen Situation müsste die Arbeitslosigkeit sogar stärker steigen. Gottseidank tut sie das nicht – das liegt daran, dass wir zwei Jahre einen Arbeitskräftemangel hatten und die Betriebe alles versuchen, die Leute zu halten – weil sie genau wissen, dass sie sie nicht mehr zurückbekommen würden.
Welche Maßnahmen sollten nun gesetzt werden?
Wenn die Wirtschaft schlecht läuft, ist die Aufgabe eigentlich, die Betroffenheit zu verteilen. Soll heißen: Wir versuchen mit Lohnförderungen, Schulungen und mit unserem nicht unerheblichen Mitteleinsatz von mehr als einer Milliarde Euro gegenzusteuern, damit Langzeitarbeitslosigkeit nicht entsteht.
Mit welchen Zahlen rechnen Sie für das nächste Jahr?
Ich gehe davon aus, dass die Arbeitslosigkeit im nächsten Jahr wieder leicht steigen wird.