Interview

Auktionshaus Aurena: „Zigarren von Benko haben uns Probleme bereitet“

Signa, Kika-Leiner, Commerzialbank: Gehen Unternehmen pleite, macht das Auktionshaus Aurena gutes Geschäft. Ein Interview mit dem Mann, der Benkos Boot und Thomas Musters Pokal versteigerte.

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Ob edle Weine, luxuriöse Messingarmaturen oder sogar die profil Coverausgabe mit René Benko – als das Online-Auktionshaus Aurena das Inventar der Signa-Gruppe versteigerte, sorgte das für landesweite Aufmerksamkeit. Aber nicht nur die Überbleibsel aus Benkos Imperium kamen beim Leobener Auktionshaus unter den Hammer. Auch das Inventar von Kika-Leiner, die Reste der Commerzialbank und sogar das Wiener Gazprom-Büro wurden von Aurena-Chef Jürgen Blematl abgewickelt.

Blematl stieß vor zehn Jahren zu Aurena, um das steirische Auktionshaus ins digitale Zeitalter zu bringen – mit Erfolg. Von anfangs einem Dutzend Mitarbeitern baute die Aurena Gruppe auf über 150 Beschäftigte aus. Im profil-Interview spricht der technische Direktor über die jüngste Insolvenzwelle im Handel, Benkos Boot und seinen Highlights aus 11.000 Auktionen.

Berufsbedingt haben Sie viel mit gescheiterten Betrieben zu tun. Wie geht es Ihnen, wenn Sie vor der Tür eines solchen Unternehmens stehen?

Blematl

Wenn ein Masseverwalter sich für die Verwertung entscheidet und wir die Auktion durchführen, kommen wir natürlich in Kontakt mit den Schuldnern. Keinem der Beteiligten macht dieser Moment Freude. Hinter den Betrieben stehen Lebenswerke und über Jahrzehnte aufgebaute Unternehmen. Insbesondere ist es dann traurig, wenn man auf Beschäftigte trifft, die dort noch arbeiten.

Das gehört aber auch zur Wirtschaft. Wenn andere Firmen bei uns mitsteigern, können die Posten zurück in den Wirtschaftskreislauf gelangen – in andere Betriebe, die Wertschöpfung und Arbeitsplätze schaffen können.

Viele Branchen straucheln aktuell. Wie lukrativ ist das für Sie?

Blematl

Die insolvenzbedingten Auktionen machen rund ein Drittel unserer Versteigerungen aus. Das könnte sich noch auf 40 Prozent steigern, aber für den Großteil unseres Geschäfts werden wir von Unternehmen oder Privatpersonen beauftragt, die sich freiwillig von ihren Assets trennen wollen.

Unser Geschäftsmodell funktioniert in jeder Situation. Geht es der Wirtschaft gut, wollen Betriebe neu investieren. Das bedeutet, dass Lager geräumt oder Maschinenparks veräußert werden. Geht es der Wirtschaft schlecht, dann ist das Thema Liquidität, also die Sicherstellung von Zahlungsfähigkeit, gefragt.

Können Sie anhand der Auktionen erkennen, welche Branchen es derzeit besonders schwer haben?

Blematl

Wenn wir auf 2025 blicken, ist der Handel momentan sicher am stärksten angeschlagen. Wie man in den Zeitungen liest, strauchelt auch die Industrie, aber dort dauert es oft länger, bis Insolvenzen folgen. Wir merken aber auch, dass es im Industriebereich den Bedarf gibt, Liquidität zu schaffen, jedoch nicht in der Form, wie es momentan im Handel passiert.

Ebay hat in Österreich quasi keine Relevanz mehr. Wie schaffen Sie es, Menschen dazu zu bewegen, bei Ihnen mitzubieten?

Blematl

Ebay hat das Wort Online-Auktion geprägt, aber tatsächlich hat Ebay nie Auktionen gemacht. Wir hingegen sind ein Auktionshaus, das die Möglichkeit schafft, digital mitzubieten.

Wenn ich ein einzelnes Exponat verkaufen möchte - zum Beispiel ein gebrauchtes Fahrzeug oder ein Möbelstück - dann hat der Verkäufer immer das Interesse, einen möglichst hohen Preis zu erzielen und der Käufer das Interesse, möglichst wenig dafür zu zahlen. Einer oder beide werden mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein.

Bei unseren Auktionen geht es um tausende Exponate. Dem Verkäufer geht es nicht darum, für jeden einzelnen Posten den höchstmöglichen Preis zu erzielen, sondern sie möglichst schnell und unkompliziert loszuwerden und in der Summe natürlich den bestmöglichen Erlös zu erzielen. Als Bieter heißt das: Ich habe nach wie vor die Möglichkeit, Schnäppchen zu machen, gleichzeitig ist der Verkäufer froh, weil alles weggekommen ist.

Die Zigarren von René Benko haben uns Probleme bereitet, weil wir sie als Deko angeboten haben.

Jürgen Blematl

Technischer Direktor, Aurena

Gibt es Dinge, die Sie nicht versteigern oder nachträglich aus der Auktion genommen haben?

Blematl

Ja. Tabakwaren gehören dazu, weil es darauf ein Monopol gibt, das nur Trafiken den Verkauf erlaubt. Die Zigarren von René Benko haben uns Probleme bereitet, weil wir sie als Deko angeboten haben. Letztlich durften wir sie nicht verkaufen und haben sie aus der Auktion genommen.

Apropos René Benko: Hat der ehemalige Immobilienunternehmer, wie in Medien berichtet, bei Ihnen angerufen, um die Versteigerung seines Boots zu verschieben?

Blematl

Nicht bei mir.

Bei Aurena?

Blematl

Etwas Gegenteiliges als in den Medien gelesen zu haben, kann ich nicht bestätigen. Was ich ausschließen kann, ist, dass diese Information von unserer Seite an die Öffentlichkeit gelangt ist. Wenn es, wie medial berichtet, hier Überwachungen gegeben hat, liegt das weit außerhalb unserer Auktionen.

Wenn ich etwas zur Auktion bei Ihnen abgebe, kann ich es wieder zurückkaufen?

Blematl

Sie verpflichteten sich vertraglich gegenüber Aurena, als Einlieferer nicht mitzubieten. Wenn Sie Ihren Nachbarn für sich als Strohmann in einer Auktion mitsteigern lassen und er Ihnen das Exponat schenkt, ist das für uns unmöglich zu bewerten.   

Hat die Laura-Stiftung Benkos Boot ersteigert?

Blematl

Ich darf Ihnen generell keine Auskunft dazu geben. Wir veröffentlichen weder Bieter- noch Verkäufer-Informationen, außer die betroffenen Personen wünschen es.

Wer bewertet die Posten? Wie wird der Rufpreis ermittelt?

Blematl

Wir haben für unterschiedliche Themen unterschiedliche Experten-Teams, die die Exponate bewerten. Wenn wir beispielsweise eine Kika-Leiner Auktion durchführen, ist es vor allem wichtig, dass der Rufpreis nicht zu hoch ist. Wir möchten, dass möglichst jeder mitbieten kann und dass es auch Spaß macht. Eigentlich ist das Risiko viel höher, einen zu hohen als einen zu niedrigen Rufpreis festzulegen, weil der Markt ohnehin immer recht behält.

Haben Sie dafür ein Beispiel?

Blematl

Thomas Musters Pokal von seinem Grand Slam-Sieg in Paris haben wir beispielsweise bewusst niedrig mit 1000 Euro ausgerufen. Der hat am Ende 86.000 Euro gebracht. Hätte man ihn mit 50.000 Euro ausgerufen, wäre es fraglich, ob er genauso viel eingebracht hätte.

Aurena erlangte Aufmerksamkeit, weil sie die Auktion der Signa, aber auch andere namhafte Versteigerungen wie die der Commerzialbank im Burgenland oder des Gazprom Büros in Wien organisierte. Was ist Ihnen dabei besonders in Erinnerung geblieben?

Blematl

In meinem Job bekommt man Einblicke in Unternehmen, die man nur selten von innen sieht. Als ich das erste Mal in das Signa-Büro kam, habe ich noch nie etwas gesehen, das so exklusiv ausgestattet war. Wenn ich eine Kika-Leiner Filiale betrete, schwingt die Historie und Größe des Betriebs mit, obwohl die Filiale inzwischen leer steht. Das ist beim Möbelhändler genauso wie in einem Industriebetrieb, die Faszination ist nicht einer Branche zuzuordnen.

Zweitens kümmern wir uns auch um Versteigerungen für prominente Persönlichkeiten. Meine persönlichen Highlights waren die Nachlässe von Maximilian Schell und Elfriede Ott.

Was rentiert sich für Ihr Auktionshaus mehr: Filetstücke wie die Uhrensammlung von René Benko oder eher die Lagerauflösung von einem Handelsunternehmen wie Kika-Leiner?

Blematl

Ein schlauer Mensch hat mir gesagt, das Geld verdient man im Einkauf. Für uns ist es wesentlich: Geht das Geld direkt an den Verkäufer und wir bekommen die Auktionsgebühr, oder ist es ein Projekt, wo wir die Ware zukaufen müssen und auf eigenes Risiko versteigern.

Wenn wir die Ware zukaufen, ist das Risiko und dadurch die potenzielle Marge natürlich höher - das ist eigentlich der wesentliche Faktor. Das kann man nicht auf den Vergleich zwischen René Benkos Uhren und einer Lagerauflösung herunterbrechen.

Interview: Kevin Yang

Kevin Yang

Kevin Yang

seit November 2024 im profil Digitalressort.