Buwog-Prozess gegen Grasser und Co startet im Dezember
Die Privatisierung der Bundeswohnungen (Buwog) unter dem damaligen Finanzminister Karl-Heinz Grasser im Jahr 2004 steht mit der Anklage der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft offiziell unter Korruptionsverdacht. Es geht um eine geheime Zahlung von fast 10 Millionen Euro, die von der im Bieterverfahren siegreichen Immofinanz bis nach Liechtenstein floss.
Hier lautet die entscheidende Frage: Hat Grasser sein Insiderwissen als Minister bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 ausgenutzt, um - über den Umweg zweier Vertrauter - entscheidende Informationen weiterzugeben und sich selber mit Schmiergeld zu bereichern? Der frühere Freiheitliche Politiker, der von Februar 2000 bis Jänner 2007 Finanzminister in einer ÖVP-geführten Bundesregierung war, bestreitet dies vehement. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Bei der Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 unter Grasser erhielt ein Konsortium rund um die Immofinanz den Zuschlag. Kurz vor der entscheidenden zweiten Runde hatte der damalige Immofinanz-Chef Karl Petrikovics einen geheimen Tipp von Peter Hochegger bekommen, wie viel er mindestens bieten müsse, um den Konkurrenten, die CA Immo, zu übertrumpfen. Hochegger seinerseits bekam den Tipp vom Grasser-Vertrauten Walter Meischberger. Dieser dementiert, die Information von Grasser bekommen zu haben, nannte aber bis heute seinen Tippgeber nicht.
Petrikovics zahlte im Geheimen eine Provision von knapp 10 Millionen Euro, ein Prozent des Buwog-Kaufpreises von 961 Millionen Euro, an Hocheggers Firma Astropolis auf Zypern. Für die Geldflüsse über 9,6 Millionen Euro wurden Scheinrechnungen ausgestellt. Von dort lenkte Meischberger drei Viertel der Summe auf drei Konten in Liechtenstein. Erst fünf Jahre später, im Herbst 2009, flog im Zuge des Immofinanz-Skandals die Millionenprovision auf.
"Zufallsfund"
Für die Justiz war die Buwog-Affäre ein "Zufallsfund" im Zuge der Immofinanz-Ermittlungen. Als die Millionen-Zahlung entdeckt wurde, packte ein beteiligter Immofinanz-Manager aus. "Im Zusammenhang mit dem Erwerb der Buwog wurden tatsächlich Vermittlungsleistungen verrechnet", gab Ex-Immofinanz-Vorstand Christian Thornton damals gegenüber dem Staatsanwalt zu Protokoll. "Ich war mit dem Erwerb der Buwog nicht befasst, musste aber nach Abschluss der Transaktion auf Weisung von Karl Petrikovics mit einem Herrn Hochegger von der PR-Agentur Kontakt aufnehmen. Es wurden Rechnungen von zypriotischen Gesellschaften gelegt." Es sei ein Erfolgshonorar für Hocheggers Tätigkeit im Rahmen der Buwog-Privatisierung gewesen, dafür seien Scheinrechnungen und Honorarnoten erstellt worden.
Die Aussagen vor der Staatsanwaltschaft erfolgten bereits im Jänner und März 2009, wurden aber erst rund ein halbes Jahr später, im Herbst 2009, in der Öffentlichkeit bekannt. Die Medienberichte stützten sich zunächst auf "Leaks", offizielle Informationen der Justiz zu den Ermittlungen gab es lange keine.
Daraufhin erstatteten Hochegger und Meischberger bei der Finanz Selbstanzeige, weil sie die knapp 10 Millionen Euro zwar kassiert, aber nicht versteuert hatten. Die Staatsanwaltschaft dehnte ihre strafrechtlichen Ermittlungen auch auf den Immobilienmakler und früheren Buwog-Aufsichtsratspräsidenten Ernst Karl Plech sowie auf Grasser selbst aus.
Die Frage, von wem damals der entscheidende "Tipp" an das Immofinanz-Konsortium über das Limit des gegnerischen Bieters kam, beschäftigt seitdem die Justiz: Hochegger will die Info von Meischberger bekommen haben, dieser gab seinen Tippgeber weder der Justiz noch einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss preis. Grasser selber weist alle Verdächtigungen zurück, die Privatisierung sei "supersauber" gewesen.
Die Spur des Geldes führt nach Liechtenstein, wo Meischberger die Millionen auf drei Konten verteilte. Laut dem Verdacht der Ermittler soll eines der drei Konten Grasser zuzuordnen sein. Neben Meischberger soll auch Plech, ebenfalls früherer Grasser-Vertrauter, von dem Geld auf Liechtensteiner Konten profitiert haben.
"Ein großer Erfolg"
Für die Immofinanz war die Buwog-Privatisierung jedenfalls ein glänzendes Geschäft: Der größte Geschäftsfall in der Immofinanz-Geschichte habe dem Unternehmen einen Vermögenseffekt von deutlich mehr als einer Milliarde Euro gebracht, schilderte Petrikovics bei seiner Befragung im U-Ausschuss: "Aus Sicht der Immofinanz also ein großer Erfolg."
Der österreichische Staat hingegen war kein Gewinner: Der Rechnungshof kritisierte bereits 2007, dass der Bund beim Verkauf seiner Wohnbaugesellschaften nicht alle Erlössteigerungspotenziale genutzt und auf zumindest 200 Millionen Euro verzichtet habe.