Gastronomie

China-Restaurants plagen Nachwuchs-Sorgen

In den Lokalen mit der fernöstlichen Küche steht ein Generationswechsel an. Aber die Kinder der Einwanderer meiden die Arbeit am Herd. Fehlende Köche und ein harter Preiskampf sorgen für einen Umbruch – auch auf den Speisekarten.

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Die Einrichtung ist schlicht und elegant, der Ober begrüßt im sympathischen Wienerisch. Bis auf die Stäbchen am Gedeck erinnert in der Himmelpfortgasse 27 in der Wiener Innenstadt nichts an ein typisch chinesisches Lokal. Drachen-Heraldik oder Pagoden sucht man vergeblich, auf der Speisekarte findet sich fermentiertes Gemüse mit scharfen Gewürzen aus Sichuan, einer südwestlich gelegenen Provinz Chinas. Die authentische Küche Chinas liegt im Trend, doch wo sind die einstigen Klassiker geblieben? Die beliebten goldbraun frittierten Frühlingsrollen etwa sind neben vielen anderen austro-chinesischen Gerichten verschwunden. Dass die Teigrolle nicht zur authentischen China-Küche gehört, ist inzwischen allseits bekannt. Dass sie von den meisten Speisekarten verschwand, spiegelt die stille Krise der Branche wider, die nicht zuletzt Opfer ihres eigenen Erfolgs wurde.

Das Lokal Chuan in der Wiener Himmelpfortgasse, das auf authentische Küche aus der Sichuan-Region setzt, wird von Jing Chen betrieben. Der 28-jährige gebürtige Wiener ist ein eher untypischer Vertreter der zweiten Generation. Vor einigen Jahren hätte er sich, wie viele Gleichaltrige aus der Community, nicht vorstellen können, einmal ein Restaurant zu führen. Nach dem Wehrdienst zog Chen für sein Physikstudium nach Zürich. Ihm standen alle Türen offen, um eine Karriere in der Teilchenphysik anzustreben, aber er entschied sich gegen die Wissenschaft und kehrte nach Wien zurück, um in das Gewerbe seiner Eltern zu folgen. „Ich bin ein Fisch, und ich möchte nicht in einem Ozean voller Wale schwimmen“, sagt Chen. Damit meint er die Konkurrenz aus Top-Ingenieuren und Nobelpreisträgern im hochkompetitiven wissenschaftlichen Umfeld. Sich in Wien selbstständig zu machen, sei ihm näher gelegen. Chens Lebenslauf spiegelt sich in vielen jungen Austrochinesen wider: In Österreich geboren, hart arbeitende Eltern, die Wert auf eine gute und teure Ausbildung legen, um den Kindern eine Karriere – auch außerhalb der Gastronomie – ermöglichen zu können.

Kevin Yang

Freier Journalist. Schreibt über Wirtschaft und Gesellschaft.