Coronahilfen

Cofag sagte Gastro-Firma 160.000 Euro zu, obwohl diese bereits pleite war

Die staatliche Agentur für Pandemie-Hilfen benötigte mehrere Monate, um eine beantragte Unterstützung freizugeben. Grünes Licht gab sie, als die Firma gerade Insolvenz angemeldet hatte.

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Der 30. Juni 2022 verlief für das Unternehmen „Burgerista“ ereignisreich und – gelinde gesagt – wenig erfreulich: Um 11.57 Uhr teilte Thomas Burscheidt, Geschäftsführer des Burger-Restaurantbetreibers mit Sitz in Oberösterreich, per OTS-Presseaussendung mit, dass Burgerista ein Sanierungsverfahren beantragt habe. Darunter versteht man eine bestimmte Form des Insolvenzverfahrens. Grund für den drastischen Schritt seien die „Auswirkungen der immer wieder aufflackernden Covid19-Pandemie“ sowie „rapide steigende Einkaufs-, Lohn-, Miet- und Energiekosten“, ließ Burscheidt wissen.

Burgerista ist ein bekanntes Unternehmen. Es sollte demnach nicht lange dauern, bis die Angelegenheit auch medialen Niederschlag fand. Bis zum mittleren Nachmittag berichteten mehrere Zeitungen online über die bevorstehende Insolvenz. Noch am selben Tag fertigte eine Richterin am Landesgericht Linz den Insolvenzeröffnungsbeschluss für ein „Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung“ ab.

Laut Gerichtsbeschluss wird angestrebt, dass die Gläubiger 20 Prozent ihrer Forderungen zurückerhalten – dies innerhalb von zwei Jahren. Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV)  bezifferte die Passiva mit 1,2 Millionen Euro. Falls es nicht zu einer Sanierung, sondern zur Liquidation kommt, wären es sogar 2,8 Millionen Euro (wegen zusätzlicher Kosten für die Beendigung von Dienstverhältnissen und Mietverträgen). Nach einer ersten AKV-Einschätzung sind  45 Gläubiger sowie 130 Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer betroffen. Firmenchef Burscheidt teilte mit, die Restaurants würden geöffnet bleiben, man werde sich im Rahmen der Sanierung neu aufstellen.

„Mit freundlichen Grüßen“

Presseaussendung um die Mittagszeit, Medienberichte am Nachmittag – wer auch immer ein Interesse an Burgerista hatte, dem sollten die Vorgänge eigentlich nicht verborgen geblieben sein. Umso bemerkenswerter scheint, was sich in den früheren Abendstunden desselben Tages ereignete.

profil-Recherchen zufolge teilte die „Covid-19 Finanzierungsagentur des Bundes“ (Cofag), die für die Abwicklung eines wesentlichen Teils der staatlichen Coronahilfen zuständig ist, Burgerista die frohe – aber späte – Kunde mit, dass Unterstützungszahlungen von insgesamt 160.000 Euro freigegeben würden. Konkret handelte es sich um jeweils 80.000 Euro aus dem sogenannten Ausfallbonus für die Monate November beziehungsweise Dezember 2021. Burgerista hatte bereits im Jänner beziehungsweise im Februar 2022 um die Hilfen angesucht, diese aber offenbar monatelang nicht erhalten. Nun übermittelte die Cofag die Zusage ausgerechnet ein paar Stunden nach der Insolvenzanmeldung – dies per automatisiertem E-Mail, gezeichnet: „Mit freundlichen Grüßen – Die COFAG-Geschäftsführung“.

Staat fördert auch Sanierungsfälle

Nicht bekannt ist, ob das Geld in der Folge tatsächlich noch geflossen ist – sowohl Burgerista als auch der nunmehrige Insolvenzverwalter der Gastro-Firma wollten zu den Fragen von profil nicht Stellung nehmen. Die Cofag wiederum teilte mit, sie könne keine Auskünfte zu einzelnen Unternehmen erteilen, sofern sie nicht von der betroffenen Firma dazu bevollmächtigt sei. profil versuchte, eine entsprechende Bevollmächtigung durch Burgerista herbeizuführen, das Unternehmen kam diesem Ansinnen jedoch nicht nach.

Allgemein teilte die Cofag mit, ein insolventes Unternehmen müsse ihr gar nicht mitteilen, dass ein Sanierungsverfahren eingeleitet worden sei. Maßgeblich für die Förderungsgewährung wäre hingegen zum Beispiel die Eröffnung eines Konkursverfahrens (einer drastischere Variante des Insolvenzverfahrens). Läuft lediglich ein Sanierungsverfahren, ist das Unternehmen demnach immer noch anspruchsberechtigt.

Beraterkosten in Millionenhöhe

Rechtlich schiene eine allfällige Auszahlung der 160.000 Euro an die Burgerista Operations GmbH, die die Anträge gestellt hat, somit zulässig. Die Firma befindet sich nämlich lediglich in einem Sanierungsverfahren. Wirtschaftlich gesehen wäre die Staatshilfe drei, vier Monate früher möglicherweise jedoch deutlich sinnvoller eingesetzt gewesen. Insolvent ist mittlerweile übrigens nicht nur die Burgerista Operations GmbH, sondern auch deren Mutterfirma, die Burgerista Invest Holding GmbH. In Bezug auf diese eröffnete das Gericht Anfang Juli 2022 jedoch gleich ein Konkursverfahren. 

Die Cofag steht derzeit unter schwerer Kritik. Ein Rechnungshof-Rohbericht hatte sich unter anderem mit Kosten für externe Berater in zweistelliger Millionenhöhe auseinandergesetzt. Die Cofag stand in den vergangenen Jahren vor der heiklen Aufgabe, einerseits Unternehmen bestmöglich zu helfen und andererseits keine Steuermittel zu verschleudern. Zumindest Ersteres wäre in Bezug auf Burgerista offenbar noch ausbaufähig gewesen.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).