Unternehmerin Barbara Gölles

Einzelunternehmerin Barbara Gölles: "Wir haben kaum Rücklagen"

Barbara Gölles führt in Wien das nachhaltige Bademodelabel "Margaret and Hermione". Ihre Lieferanten sitzen in Italien, die geplante Kollektion ist aufgrund der Corona-Krise fraglich. Im Interview mit profil erzählt die 37-Jährige, wie es weitergeht und ob sie die Hilfen der Regierung in Anspruch nehmen wird.

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profil: Das Coronavirus hat die Wirtschaft beinahe lahmgelegt. Sie beziehen die Stoffe für Ihre Produkte aus Italien. Wie ist dort aktuell die Situation? Barbara Gölles: Ich habe mich bei den Lieferanten erkundigt, ob sie noch arbeiten und noch keine Rückmeldung erhalten. Wenn die Firma vorübergehend geschlossen hat, kann ich keine neuen Stoffe bestellen, das heißt, es würde keine neue Kollektion geben. Für die nächste Saison könnte ich eine kleine Patchwork-Kollektion machen, mit den Stoffen, die ich auf Lager habe. Vorausgesetzt natürlich meine Produktion arbeitet weiter, die sitzt in Kroatien. Aktuell ist die Lage dort noch entspannt, aber wenn keine Aufträge reinkommen, können die Angestellten nicht mehr bezahlt werden und müssen wohl entlassen werden. Dann müsste ich mir eine neue Produktion suchen, die in kleinen Stückmengen produziert, transparent und zu fairen Arbeitsbedingungen – das sind für mich unumstößliche Kriterien. Ich habe sehr lange gesucht, bis ich meine jetzige gefunden habe, die all das erfüllt und noch dazu auf Bademode spezialisiert ist.

Jetzt beginnt meine Saison. Aber durch die Krise stagniert alles.

profil: Welchen Einfluss hat die Coronakrise auf Ihr Geschäft? Gölles: Jetzt beginnt meine Saison. Aber durch die Krise stagniert alles. Ich bin ein Ein-Frau-Unternehmen, ich mache alles selbst. Dadurch, dass ich aktuell von zu Hause arbeite und nicht im Büro bin, kann ich die Online-Bestellungen nicht verschicken. Abgesehen davon ist der Online-Verkauf drastisch zurückgegangen, ich habe kaum Einnahmen. Zahlungen der Geschäfte, in denen ich vertreten bin, sind noch ausständig. Sie bitten um Zahlungsaufschub beziehungsweise fragen, ob sie die Ware zurückschicken können, weil ihre Shops geschlossen sind. Die Lage ist prekär.

Ungewissheit in der Produktion macht dem Label zu schaffen.

profil: Wie lange können Sie so weiterarbeiten? Gölles: Wie es langfristig weitergeht, kann ich noch nicht sagen. Für ein paar Wochen halten wir alle durch, aber vermutlich wird es länger dauern. In nächster Zeit arbeite ich im Homeoffice und werde mir wahrscheinlich eine neue Strategie überlegen.

profil: Die Regierung hat ein Hilfspaket geschnürt. Einpersonenunternehmen (EPUs) können zum Beispiel auch direkt Bargeld beantragen. Haben Sie vor, diese Unterstützung in Anspruch zu nehmen? Gölles: Wenn ich aktuell keine Einnahmen habe, werde ich das machen müssen, sonst kann ich einfach nicht weitermachen. Als kleines Unternehmen hat man kaum Rücklagen. Sinnvoll wäre es, die Sozialversicherungsbeiträge zu kürzen oder/und einen Zuschuss zu bekommen, um handlungsfähig zu bleiben.

Es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken, schließlich geht es uns allen gleich.

profil: Was hilft in dieser schwierigen Situation? Gölles: Positiv bleiben ist aktuell das Wichtigste. Es bringt nichts, den Kopf in den Sand zu stecken, schließlich geht es uns allen gleich. Ich tue mir wahnsinnig schwer, diszipliniert in den eigene vier Wänden zu sein, aber das muss ich nun. Ich schaffe mir Struktur, einen geregelten Tagesablauf, Fixpunkte und schmiede Pläne, wie es weitergehen könnte. Zum Glück wohne ich am Stadtrand von Wien und kann in den Wald gehen und laufen gehen. Ansonsten versuche ich mich mit Freund*innen, Kolleg*innen und der Familie auszutauschen und überlege, wie man sich gegenseitig unterstützen und kleine Unternehmen supporten kann. Nur gemeinsam schaffen wir das!