Credit Suisse: Nach der Krise ist vor der Krise
Es war eine recht turbulente Woche für die Finanzmärkte. Strauchelnde Banken in den USA, ein Geldgroßtanker mit enormer Schlagseite in Europa. Kurz: Es ging rund an den Börsen.
Tatsächlich ist die Schweizer Großbank Credit Suisse bereits seit geraumer Zeit schwer angeschlagen. Eine Reihe von Skandalen rund um Geldwäsche, mangelhaftes Risikomanagement, chronische Kontrollschwächen, strategisch unkluge Entscheidungen – all das forderte seinen Tribut. Allein im vierten Quartal 2022 haben Kunden der Bank, die zu den größten Vermögensverwaltern der Welt zählt, Gelder in Höhe von 111 Milliarden Franken abgezogen. Zuletzt verbuchte sie einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken – das höchste Minus seit der Finanzkrise. Und das zu einer Zeit, in der andere Banken Milliardengewinne einfuhren. Man kann es nicht anders sagen: Die Bank ist eine Großbaustelle.
Auslöser des drastischen Kurssturzes vergangene Woche war eine Mitteilung des größten Einzelaktionärs, der Saudi National Bank, dass man aus aufsichtsrechtlichen Gründen den Anteil nicht weiter aufstocken könne. Die Panikreaktion der Investoren darauf ist einigermaßen überraschend. Schließlich hatte die Saudi National Bank seit ihrem Einstieg im Herbst, als sie 9,9 Prozent der Aktien erwarb, mehrmals betont, dass sie mit ihrem Anteil die Schwelle von zehn Prozent nicht überschreiten werde, um Komplikationen mit der Schweizer Aufsichtsbehörde zu vermeiden.
Too big to fail
Dass die Schweizer Notenbank der Credit Suisse nun mit einem Kreditrahmen von bis zu 50 Milliarden Franken unter die Arme greift, ist folgerichtig. Ein so großer Kursverfall ist gefährlich, weil die Finanzinstitute eng miteinander verflochten sind. Ist das Vertrauen zu einer Bank weg, kann dies schnell auf das gesamte Finanzsystem übergreifen. Die Schweiz hat naturgemäß ein Interesse daran, den Ruf des Finanzplatzes nicht in Mitleidenschaft zu bringen. Fakt ist: Die Credit Suisse ist systemrelevant. Sie ist schlicht „too big to fail“.
Mit Bankenrettungen in dieser Größenordnung hat man in der Schweiz bereits Erfahrung. In der Finanzkrise 2008 wurde der Credit-Suisse-Lokalrivale UBS mit Hilfen in zweistelliger Milliardenhöhe vor dem Aus bewahrt. Während die UBS damals an einer zu geringen Kapitalausstattung laborierte, kann man indes die Credit Suisse mit ihrer Kernkapitalquote von zuletzt über 14 Prozent eigentlich als grundsolide finanziert betrachten. Allerdings: Wenn kurzfristig die Liquidität fehlt, nützt die Eigenkapitalquote wenig. Dennoch sie ist ein Hinweis, um zu verstehen, dass die Situation für das Kreditinstitut weniger apokalyptisch ist, als es in den vergangenen Tagen vielleicht den Eindruck erweckt hat.
Sind österreichische Institute gefährdet?
Freilich, das Überleben der Credit Suisse ist mit dem 50-Milliarden-Franken-Kredit noch nicht gesichert. Aber man hat Zeit gewonnen, um weitere Rettungsmaßnahmen zu implementieren. Wohl auch mit Unterstützung des Mitbewerbs. Denn was der Kollaps einer Großbank bedeutet, weiß man in der Branche und darüber hinaus seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers im Jahr 2008. Die Credit Suisse ist so groß und so eng mit der restlichen Finanzwelt verknüpft, dass sie schlicht nicht scheitern darf. Die Geschäftsbeziehungen zu österreichischen Banken sollen indes überschaubar sein, sodass die heimischen Kreditinstitute nicht gefährdet seien, wie etwa der frühere Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank Ewald Nowotny gegenüber dem „Standard“ sagte.
Experten jedenfalls rechnen damit, dass die Credit Suisse von einer anderen Bank übernommen werden könnte. Als heißer Tipp gilt dabei die UBS.
Die Rettungsaktion hat die Stimmung inzwischen wieder etwas aufgehellt. Doch in einer Zeit multipler Krisen, können Hiobsbotschaften aller Art die Börsen jederzeit wieder in Bedrängnis bringen. Mit Turbulenzen ist also auch weiterhin zu rechnen.