Die aktuelle Pleite von Galeria/Kaufhof/Karstadt (GKK) in Deutschland sorgt für ein Déjà-vu. Das Unternehmen wurde diese Woche zum dritten Mal seit 2020 in die Insolvenz geschickt. Bei den beiden vorigen Pleiten wurden um insgesamt 680 Millionen Euro Steuergeld-Rettungsschirme gespannt, was für reichlich Kritik sorgte. Signa hatte sich im Rahmen des Sanierungsverfahrens eigentlich dazu verpflichtet, 200 Millionen Euro zuzuschießen. Eine erste, im Februar fällige Tranche von 50 Millionen Euro fällt nun aus. Dass der Staat wieder mit Steuergeld einspringt, ist nicht zu erwarten. Galeria/Kaufhof/Karstadt sucht nun einen neuen, potenten Eigentümer. Das Unternehmen hat noch rund 13.800 Mitarbeiter. In der Schweiz sind ebenfalls einige kleinere Signa-Unternehmen bereits in die Pleite geschlittert. Jetzt zittert die Signa-Kaufhauskette Globus. Sie gehört wie GKK zur Handelssparte von Signa, deren Unternehmen bereits teilweise insolvent sind. Das Signa-Firmengeflecht besteht aus mehr als 1000 Firmen. Wie viele davon am Ende der Pleitewelle noch übrig sein werden, ist noch nicht abschätzbar.
Vieles von dem, was nun scheibchenweise passiert, hat sich im Sanierungsantrag der Signa Holding bereits angekündigt. Das Signa-Geschäft soll massiv reduziert werden – auf werthaltige Immobilienprojekte. Eine Rückkehr zum Kerngeschäft.
Der Schaden
Schon jetzt ist klar: Das ist die größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte. Die bisher größten Firmeninsolvenzen – gemessen an den Passiva – waren die Alpine Bau (3,2 Milliarden) und Konsum (1,9 Milliarden). Allein die Verbindlichkeiten der Signa Holding belaufen sich nach ersten Eigenschätzungen auf fünf Milliarden Euro. Die Signa Prime kämpft mit einer Überschuldung von 3,2 Milliarden Euro, bei der Signa Development sind es ersten Berechnungen zufolge 870 Millionen Euro. Falls eine geordnete Abwicklung fehlschlägt, könnte es noch schlimmer werden. Hinzu kommen die vielen Subgesellschaften, die jetzt nach und nach zu Insolvenzfällen werden. Der Gesamtschaden ist noch nicht bezifferbar – ebenso wenig, wie viel Geld die unzähligen Gläubiger am Ende noch erhalten werden. Angestrebt ist bei den drei großen Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung eine Gläubigerquote von 30 Prozent. Das bedeutet, dass die insolventen Unternehmen fast ein Drittel der Forderungen innerhalb von zwei Jahren zurückzahlen müssen – und die Gläubiger um einen großen Teil ihrer Forderungen umfallen.
Die wichtigsten Gläubiger
Mittlerweile dürfte es sich – Subunternehmen eingerechnet – um mehrere Hundert Gläubiger handeln. Die größten sind Banken, (deutsche) Versicherungen und beauftragte Bau-Unternehmen – Investoren und Gesellschafter. Auf der Liste der Gläubiger finden sich auch einige prominente Namen: darunter Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer und eine Firma des früheren deutschen Vizekanzlers Joschka Fischer (Grüne), die Signa als Berater dienten. Für die Signa geschäftlich unterwegs war auch Ex-ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz, bei dem noch ein Millionenbetrag ausständig sein soll.
Fronten und Alphas
René Benko, Alfred Gusenbauer und Hans Peter Haselsteiner. Das sind die Alphatiere im Signa-Habitat, und zwischen den Millionären und Milliardären laufen einige erbitterte Machtkämpfe. Benko versucht, seinen Reichtum zu erhalten. Gusenbauer, ein langjähriger Wegbegleiter Benkos als auch Haselsteiners, diente dem Signa-Gründer als Aufsichtsratsvorsitzender bei der Signa Prima AG sowie bei der Signa Development, er führte den Beirat der Signa Holding an. Darüber hinaus kassierte er von Signa millionenschwere Beraterhonorare – und zählt nun selbst zu den Gläubigern. profil berichtete exklusiv über eine offene Forderung von mehr als sechs Millionen Euro. Und dann wäre da noch Strabag-Gründer und Milliardär Haselsteiner, der mit seiner Familienstiftung 15 Prozent an der Signa Holding hält, und dort Hunderte Millionen investiert hat. Die Luft zwischen den drei mächtigsten Männern im Signa-Universum ist dick. Wer trägt die Verantwortung? Wer hat wen über den Tisch gezogen? Wer hat – vielleicht zu Unrecht – wie viel Geld eingestreift und dem anderen nichts davon gesagt? Wer in diesem Macht- und Geldpoker am Ende des Tages welche Karte spielen wird, ist noch unklar. Und dann gibt es freilich noch die deutschen Großinvestoren, die an der Signa beteiligt sind, wie der Milliardär Klaus-Michael Kühne oder Fressnapf-Gründer Torsten Töller.
Die Trümmermänner
Während die potenten Investoren in und um Signa streiten, versuchen andere zu retten, was noch zu retten ist. Christof Stapf wurde als Sanierungsverwalter für die Signa Holding eingesetzt. Erhard Grossnigg ist Restrukturierungsvorstand für Benkos wichtigste Immobilienunternehmen Signa Prime und Signa Development. Zwei vom Handelsgericht bestellte Anwaltskanzleien, Abel Rechtsanwälte und Ecolaw, sollen ihm bei der Sanierung auf die Finger schauen. Ebenfalls an Bord war – kurz – der prominente deutsche Sanierer Arndt Geiwitz. Er hat das sinkende Schiff dem Vernehmen nach mittlerweile wieder verlassen, während alle anderen noch um das Überleben der Gesellschaften rudern. Grossnigg versucht gerade neues Geld bei den Investoren aufzutreiben – er hat kurz vor Weihnachten einen Brief ausgeschickt (profil berichtete exklusiv), mit dem er 350 Millionen Euro für die Sanierung und den Fortbestand der wichtigsten Immobilienprojekte aufstellen will. Grossnig will das Geld bis 15. Jänner einsammeln. Noch mehr Cash sollen auch Immobilienverkäufe bringen: Nach profil-Informationen ist das Objekt auf der Tuchlauben, das sogenannte Goldene Quartier, ein heißer Anwärter auf einen Verkauf – ein Teil wurde bereits versilbert, wie profil vor einigen Wochen herausfand. Sanierungsverwalter Stapf ist ebenfalls auf der schwierigen Suche nach Liquidität und angehalten, dabei alle Register zu ziehen. Zur Verstörung der wenigen verbliebenen Mitarbeiter der Signa Holding wird nun auf der Plattform Aurena sogar ihr Inventar versteigert – vom Klobesen bis zur Türmatte (zu Redaktionsschluss stand das Gebot für den Fußabstreifer mit Signa-Logo bei 1600 Euro).
Der Schaden für den Steuerzahler
15 Millionen Euro fordert der Staat noch aus der kika/Leiner-Pleite. Im Zuge der Sanierung hat Signa 20 Millionen zugesagt, aber erst fünf Millionen überwiesen. Bei einer protzigen Villa in Tirol, die Benko als Hauptwohnsitz dient und einer seiner Privatstiftungen gehört, hat sich das Finanzamt in anderem Zusammenhang ein Pfandrecht von zwölf Millionen Euro vormerken lassen. Für die deutschen Steuerzahler ist der Schaden noch nicht abschätzbar, aber schon jetzt deutlich höher: In Zusammenhang mit der Galeria/Kaufhof-Pleite mussten die deutschen Steuerzahler bereits 680 Millionen Euro zuschießen. 14.000 Arbeitsplätze wurden abgebaut – bisher.