Dropshipping: Vorsicht vor teuren Online-Gurus
Mit 16 Jahren arbeitslos, mit 17 Jahren wegen Drogenhandels im Gefängnis und mit 21 Dropshipping-Millionär. Die Geschichte von Kuby Cazal, der sich auf seinem Instagram-Account als erfolgreicher Dropshipper (zu deutsch: Direkthändler) und Mentor für andere vermarktet, dient vielen Jungen als Vorbild.
Doch Vorsicht ist bei diesem Geschäftsmodell mehr als angebracht. Denn Influencer wie Cazal verdienen gutes Geld damit, ihren Fans teure Kurse anzudrehen, die ihnen mit ein paar Mausklicks vermeintlichen Reichtum von der Couch aus versprechen.
Vor diesen Mentor:innen warnt Karl Gladt von der Internet Ombudsstelle. Besonders während der Corona-Pandemie kam es vermehrt zu Betrugsfällen. Personen, die während der Lockdowns ihre Jobs nicht ausüben konnten, wurden zur Zielscheibe vermeintlicher Dropshipping-Mentor:innen. Über 200 Betroffene meldeten der Ombudsstelle, dass sie mehrere tausend Euro für vermeintliche Dropshipping-Coachings zahlten und im Gegenzug einige YouTube-Videos zugeschickt bekamen.
„Hierbei stellt sich immer die Frage, ob der oder die Betroffene das Coaching bereits gezahlt hat. Falls nein, dann raten wir auch stark davon ab. Wenn dies bereits passiert ist, kann man seine Zahlung eventuell noch über die Bank zurückziehen, sonst bleibt einem nur noch die Anzeige“, so Gladt.
7.000 Euro Gebühr und sechs Monate Bindung
Mentor:innen, wie der bereits genannte Kuby Cazal versprechen jungen Menschen garantierte Umsatzsummen in kürzester Zeit, wenn man ihren Online-Kurs in Anspruch nimmt. Bewerben kann man sich für das Mentoring mittels Instagram-Nachricht. Der Einstieg erfolgt über das Netzwerk Discord. Cazal erwähnt in seiner Discord-Gruppe, dass es sich bei dem Mentoring um keinen klassischen Kurs handelt, sondern um eine Zusammenarbeit, bei der man 7.000 Euro Gebühren zahlt und mindestens sechs Monate gebunden ist. In eben dieser Zeit bekommt Cazal ein Viertel der Gewinne, die seine Dropshipping-Jünger erwirtschaften. Kuby Cazal erwähnt auf seinem Instagram-Account, er habe bereits über 791 Student:innen zum Erfolg geholfen - was mit „Erfolg“ genau gemeint ist, wird nicht erklärt.
profil versuchte Kuby Cazal und andere Instagram-Dropshipping-Mentor:innen für ein Interview zu erreichen. Doch sie zierten sich - Cazal hat den ausgemachten Interviewtermin mehrere Male verschoben und schließlich nicht wahrgenommen. Auch andere Mentor:innen lehnten ab.
„Digitales Schaufenster“
Nicht alle Dropshipper sind so nebulös. Das Geschäftsmodell kann bei einem entsprechenden Vorwissen durchaus aufgehen - und so funktioniert es: „Es geht um den Handel mit Waren, die man selbst gar nicht auf Lager hat“, fasst Andreas Mladenow, Lektor am Institut für Marketing und International Business der Universität Wien, zusammen. Dropshipper bieten in den von ihnen erstellten Online-Shops Waren an, die meistens sehr günstig von externen asiatischen Händlern produziert werden. Dropshipper haben keine Zwischenlager, sie bestellen nicht auf Vorrat, sondern reichen ihre Bestellungen direkt an den Produktionsbetrieb weiter, der die Waren fertigt, verpackt und verschickt. „Man ist die erste Anlaufstelle für die Kund:innen. Das digitale Schaufenster“, so Mladenow.
Niedrige Einstiegsschwelle
Direkthändler können von überall aus arbeiten und benötigen keine spezielle Ausbildung. Ein Startkapital ist in der Theorie ebenfalls nicht notwendig. Der Experte rät jedoch trotzdem dazu, sich vor dem Einstieg in das Geschäft rechtlich mit einer Steuerberatung abzusichern.
Das empfiehlt auch Andreas König. Der Unternehmer zählt zu den Pionier:innen der Dropshipping-Szene in Österreich. Nach Abschluss seines Wirtschaftsstudiums 2017 investierte er gemeinsam mit seinem Kollegen Alexander Pecka in das damals noch unbekannte Geschäftsmodell und baute seine eigene Marke auf. „Ich habe meine Masterarbeit über Social Media Marketing in Österreich geschrieben und hatte zu dem Zeitpunkt bereits jahrelange Berufserfahrung im Onlinemarketing.“, erzählt er profil.
Gemeinsam mit seinem Geschäftspartner hat er sich auf Dropshipping spezialisiert und gründete später ein Institut, mit dem er beim Einstieg in die Branche hilft. Andreas König versucht, seine zukünftigen Klient:innen von seiner jahrelangen Berufserfahrung und einem abgeschlossenen Wirtschaftsstudium zu überzeugen und warnt vor vermeintlichen Dropshipping-Mentor:innen.
„Viele von den über Instagram und TikTok angebotenen Kursen sind schlecht. Es ist einfach nur Wissen aus YouTube zusammenkopiert, vielleicht mit einer eigenen Kamera aufgenommen. Damit hat man zehn, 20, vielleicht sogar 50 kurze Videos und verkauft diese als Kurs um tausende Euro. Mit diesem Kurs wird niemand Erfolg haben, weil die Menschen, die den Kurs verkaufen, selbst keinen Erfolg mit Dropshipping haben“, warnt Andreas König vor Betrug.
Bittere Betrugsmasche
Die Realität ist jedoch: In das Geschäftsmodell einzusteigen, ist viel komplizierter, als es scheint. Zwar ist ein Studium nicht unbedingt notwendig, ein gewisses Wirtschaftsverständnis und Vorwissen ist unumgänglich. Tatsächlich helfen hierbei Coachings und Mentorings, diese sollten jedoch sorgsam ausgewählt werden.
Wie kann man sich als Anfänger:in vor Fake-Mentor:innen schützen?
Bestenfalls betreibt man hier selbst die Recherche: „Wer steckt dahinter? Gibt es kostenlose Podcasts, gibt es Interviews mit Medien, die man sich vorab ansehen kann? Betreibt diese Person auch selbst Dropshipping? Bietet sie auch Seminare im echten Leben an? Diese Fragen sollte man sich im Vorhinein stellen“, rät Andreas König. Die Internet Ombudsstelle weist außerdem auf das Konsumentenschutzrecht hin, das besagt, dass man einen unterschriebenen Vertrag bis zu 14 Tage nach Abschluss widerrufen kann. Konsument:innen, die während des Vorgesprächs oder im Bestellformular nicht transparent über den Gesamtpreis des Mentorings aufgeklärt werden, müssen sich außerdem nicht verpflichtet fühlen, diesen zu bezahlen.
Viele schwarze Schafe
Nichtsdestotrotz ist Dropshipping ein Geschäftsmodell der Zukunft: Niederschwellig und für alle zugänglich. Auch der eCommerce-Experte Andreas Mladenow lobt im Gespräch mit profil das Geschäftsmodell: „Prinzipiell ist es eine gute Idee, da man Überproduktion vermeidet. Man produziert nicht auf Lager. Man fokussiert sich auf einen bewussten Konsum. Nur was angefragt wird, wird produziert oder verkauft“. Andreas König ergänzt: „Es ist nicht so einfach, wie es online dargestellt wird und es gibt viele schwarze Schafe. Aber man kann, wenn man es seriös macht, eine tolle Brand aufbauen und vom Computer aus auf der ganzen Welt arbeiten. Ich konnte damit wirklich meine Träume erfüllen.“