Entwaldung: Dem Industriepark Ranshofen sollen 100 Fußballfelder Wald weichen
Alles sollte möglichst diskret ablaufen: In einer vertraulichen Braunauer Gemeinderatssitzung wurde im März vergangenen Jahres ein Vertrag mit der Austria Metall AG (AMAG) beschlossen. Der Aluminiumproduzent sicherte sich eine Kaufoption für 38 Hektar Stadtwald, weitere 34 Hektar sollten anderen Betrieben angeboten werden. Große Teile des Erholungsgebiets würden weichen müssen, die Industriestätte um 50 Prozent wachsen. Einzig die Grünen stimmten dagegen. Der Gemeinderat von Neukirchen an der Enknach, auf dessen Gebiet sich die Waldfläche befindet, hatte die Umwidmung bereits im Februar eingeleitet.
Was die Beteiligten nicht erwartet hatten, war das vernichtende Urteil der zuständigen Behörden
Die geplante Erweiterung sei „strikt abzulehnen“, schreibt etwa die Forstabteilung der Bezirkshauptmannschaft Ried in einer Stellungnahme, die profil vorliegt. Einer Rodung werde man keinesfalls zustimmen. Der von der Gemeinde geplante „Grüngürtel“ werde ebenfalls abgelehnt: „Dieser Deckmantel soll scheinbar dazu dienen, die mit der Umwidmung zu erwartenden Rodungen vor der Bevölkerung zu verschleiern.“ Die Abteilung Naturschutz der oberösterreichischen Landesregierung äußerte „schwerwiegende Bedenken“. Die Direktion Straßenbau und Verkehr in Linz lehnte die Osterweiterung der AMAG ebenfalls vorläufig ab und verlangte eine ganzjährige Verkehrszählung auf den umliegenden Straßen. Sie rechnet offenbar mit einer Überlastung in der ohnehin verkehrsgeplagten Region. Es seien sowohl Pläne für eine neue Verbindungsstraße zwischen B156 und B147 als auch für eine Verlagerung auf die Schiene zu erstellen, so die Direktion Straßenbau.
Warum soll das Industriegebiet ohne Bedarf erweitert werden?
Die Abteilung Überörtliche Raumordnung stellt die berechtigte Frage: Warum „trotz ca. 50 Hektar Baulandreserve zum jetzigen Zeitpunkt eine Industriegebietsentwicklung angestrebt“ werde? Konkreten Bedarf gibt es offenbar nicht. Für die AMAG sei der geplante Kauf eine „rein strategische Grundstücksreserve“, sagt Sprecher Leopold Pöcksteiner. Weder seien in den nächsten Jahren Rodungen geplant noch der Weiterverkauf der Grundstücke. Ähnlich sieht das der Neukirchner Bürgermeister Johann Prillhofer (SPÖ). Er rechne nicht damit, dass das Gebiet demnächst gebraucht werde; er wolle aber den Industriestandort sichern.
Breiter Widerstand in Braunau und Ranshofen
Auch die Bürgerinnen und Bürger machen seit dem vergangenen Sommer mobil. Kaum ein Straßenzug in Braunau, den nicht das Plakat mit der Aufschrift „Zukunft Lachforst in Gefahr“ ziert. „Wir verlieren unsere grüne Lunge, unser Naherholungsgebiet, unseren Lärmschutz“, sagt Margarete Schwinghammer vom Verein Gesunde Zukunft Braunau.
Keine Zustimmung aus „raumordnungsfachlicher Sicht“
Luftqualität, neue Stromtrassen, Verkehrsausbau, Folgen für Mensch und Tier: Die Liste der Studien für die nun anstehende Strategische Umweltprüfung ist lang, sie zu erstellen, wird teuer – und die Aussicht auf Erfolg ist gering. Die Landesabteilung Raumordnung kam zusammenfassend zu folgendem Urteil: „Unter Berücksichtigung der kritischen bzw. negativen Stellungnahmen und aufgrund des hohen nicht nachvollziehbaren Flächenverbrauchs bei gleichzeitig beträchtlichen Baulandreserven mit dem daraus resultierenden großflächigen Verlust eines Naherholungsraumes kann eine positive Beurteilung aus raumordnungsfachlicher Sicht derzeit nicht in Aussicht gestellt werden.“
Rodungsplan abgesagt? Mitnichten!
Man möchte annehmen, das Vorhaben habe sich damit erledigt. Doch Johannes Waidbacher (ÖVP) und Johann Prillhofer (SPÖ), die Bürgermeister von Braunau und Neukirchen, halten eisern daran fest: „Mit der Erstellung des Umweltberichtes wird ein Planungsbüro beauftragt, derzeit läuft das Auswahlverfahren“, so die beiden in einer gemeinsamen Stellungnahme gegenüber profil. Sie sehen ihren Plan als „einzigartige Chance“ für den Wirtschaftsstandort.
Bezahlt wird das teure und aussichtslose Umweltverfahren mit Gemeindegeld
Die Kosten für das Umweltverfahren seien noch nicht abschätzbar, so die beiden Bürgermeister, übernehmen werde sie der Gemeindeverband Industriepark Braunau-Neukirchen. Dieser speist sich aus Gebühren und der Vermarktung bestehender Industrieparkflächen – also aus Gemeindegeld.
Und die AMAG? Sie wartet erst einmal ab. „Die Option auf den möglichen Kauf einer Teilfläche von 38 Hektar wird erst mit positivem Abschluss des Umwidmungsverfahrens aktiv“, so Sprecher Leopold Pöcksteiner.