Stille Geschäfte: Wie die Euram Bank zu Österreichs privatester Privatbank wurde
Privatbanken – es gibt in Österreich nicht mehr viele davon, fünf um genau zu sein. Gemeint sind eigentümergeführte Bankhäuser, die keine großen Finanzgruppen im Rücken haben und an keiner Börse notieren. Privatbanken werden vielmehr von Leuten repräsentiert, die selbst maßgeblich mitbeteiligt sind – Bankiers, wie man sie nennt (in Abgrenzung zum „Banker“, der angestellte Führungskräfte beschreibt).
Die European American Investment Bank AG, kurz Euram, ist eine der letzten Privatbanken des Landes und sie ist dessen jüngste. Ihre Wurzeln gehen auf die 1990er-Jahre zurück, in ihrer heutigen Form besteht sie überhaupt erst seit 2006. Wie andere Privatbanken auch verwaltet die Euram mit ihren rund 40 Beschäftigten Kundenvermögen (1,2 Milliarden Ende 2021) und arrangiert Finanzierungen, vorwiegend im Immobilienbereich. In der Golf-Community ist sie darüber hinaus als Sponsorin der „Euram Bank Open“ bekannt, eines Turniers der Challenge Tour, das im Golf Club Adamstal in Ramsau ausgetragen wird. Das Sponsoring exklusiver Sportarten und Events – auch das gehört zum Geschäftsmodell einer Privatbank.
In gewisser Weise hat sie jedoch ein Alleinstellungsmerkmal: Wenn es an die Eigentümerstruktur geht, so ist die Euram Bank (Bilanzsumme Ende 2021: 720,6 Millionen Euro) gleichsam die privateste Privatbank des Landes. Man weiß nämlich nicht so wirklich, wem sie gehört. Nur so viel: Amerikaner sind es – soweit erkennbar – nicht.
Vor nunmehr zwei Wochen sorgte ein Bericht der Nachrichtenagentur Bloomberg für große Aufmerksamkeit auf dem Wiener Finanzplatz, wonach Österreichs Bankenaufsicht die Euram Bank „verstärkt“ beobachte. Laut einem zitierten Sprecher der Oesterreichischen Nationalbank stehen Transaktionen der Euram mit Aktionären und Organen „seit längerem im Fokus der österreichischen Aufsicht“, die Bank unterliege daher „einer entsprechend verstärkten Aufsichtstätigkeit mit einem engen Monitoring und detaillierterer Berichterstattung“.
Welche Beanstandungen die OeNB konkret hatte, ist nicht bekannt – Amtsgeheimnis. Deren Prüfbericht liegt jetzt bei der Finanzmarktaufsicht (FMA), die für allfällige behördliche Veranlassungen zuständig ist. Die FMA wollte sich dazu auf profil-Anfrage nicht äußern. Seitens der Euram Bank heißt es dazu: „Die OeNB hat im Auftrag der FMA im Frühjahr eine standardmäßige und nicht außertourliche Kreditprüfung bei der Euram Bank durchgeführt, wie sie regelmäßig bei allen Banken stattfindet.“
„Luftdichte Geheimhaltung für Offshore-Bankeinlagen“
Die Frage ist deshalb nicht einfach zu beantworten, weil die Suche nach den wirtschaftlich Berechtigten bei intransparenten Zweckgesellschaften mit Adressen in Zypern, Malta, der Isle of Man und den Vereinigten Arabischen Emiraten endet.
Die Euram Bank hieß bis Ende der 1990er-Jahre noch Privat- und Investmentbank AG und war eine Tochtergesellschaft der Bank Winter, ehe eine Gruppe „privater Investoren aus den USA und Großbritannien“ den kleinen Bankbetrieb kaufte und umtaufte, wie „Die Presse“ im November 1999 berichtete. Diese internationalen Investoren traten schon damals nicht in Erscheinung, formell wurden sämtliche Bankaktien zunächst von einer Firma mit Sitz auf der niederländischen Karibikinsel Curaçao gehalten, ehe diese an eine Euram Holding AG in Wien übertragen wurden. Diese ist bis heute Alleinaktionärin der Euram Bank.
Und ab dieser Ebene wird es kompliziert. Denn die Euram Holding hat zwölf ausgewiesene Aktionäre, von denen aber offensichtlich nicht alle erkannt werden wollen.
Hauptaktionär der Holding und damit auch der Bank ist deren CEO Manfred Huber, der bereits 1999 an Bord kam, anfangs als Prokurist, seit 2004 als Vorstandsdirektor, seit 2013 als Vorstandsvorsitzender. Laut profil vorliegenden Aktionärsverzeichnissen hält Huber derzeit 11,77 Prozent an der Euram Holding. Er ist damit auch der einzige Investor, der unter das Eigentümer-Kontrollregime der FMA fällt. Gemäß der Eigentümerkontrollverordnung 2016 muss jeder, der eine „qualifizierte Beteiligung“ an einem Finanzdienstleister in Österreich begründen, erhöhen oder abgeben will, ein Kontrollverfahren der Finanzmarktaufsicht absolvieren. Eine Art Leumunds-Test für Aktionäre, nicht unähnlich dem Fit-and-Proper-Prozess, den Bankvorstände durchlaufen müssen. Ein machtvolles Instrument. 2018/2019 verhinderte die FMA so den mehrheitlichen Verkauf der Wiener Privatbank SE an eine slowakische Investorengruppe.
Allein: „Qualifiziert“ ist eine Beteiligung erst ab der Schwelle von zehn Prozent, darunter greift das Eigentümerkontrollverfahren nicht. Wie es der Zufall so will, hält keiner der übrigen elf Euram-Aktionäre mehr als zehn Prozent (das Aktionariat hat sich nach 2013 verändert, Investoren schieden aus, neue kamen hinzu).
Da wären einmal zwei deutsche Gesellschaften mit Sitz in Stuttgart, die neun beziehungsweise 9,9 Prozent an der Holding halten, und in Hauptversammlungen vom Stuttgarter Rechtsanwalt Peter Maser vertreten werden. Maser ist zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Euram Bank.
Noch einmal neun beziehungsweise 9,9 Prozent entfallen auf zwei Offshorefirmen, eine Dragos Capital Investment Holding Limited auf Malta und eine Aravinia Holdings Limited auf Zypern. Das Malta-Vehikel hat eine Geschäftsführerin mit Anschrift in Istanbul. Sie teilt sich die Aktienmehrheit offenbar mit einer Familienangehörigen, beide verfügen über einen deutschen Reisepass. Hinter der Zypern-Konstruktion steht ein britischer Geschäftsmann mit Lebensmittelpunkt in Dubai. Als Anschrift führt er ein Appartement in der Reichen-Enklave Palm Jumeriah, laut seinem Linkedin-Profil interessiert er sich für Investments in den Bereichen Technologie und Immobilien.
Weitere 19,8 Prozent liegen zu gleichen Teilen bei einer P One Investments FZE, erreichbar über ein Postfach in den Vereinigten Arabischen Emiraten und bei einer British-Austrian Holdings Limited mit Sitz auf der Isle of Man, deren Geschäftsführer ein britischer Rechtsanwalt namens Thomas Katzuba von Urbisch ist, der in Monaco lebt.
Noch einmal 9,9 Prozent gehören einer Bulgarin, sehr prominent in ihrer Heimat – und das nicht nur, weil sie einst mit dem früheren bulgarischen Premierminister Boyko Borisov liiert war: die Unternehmerin Tsvetelina Borislavova, reichste Frau Bulgariens, ist in ihrem Heimatland unter anderem an der Bulgarian American Credit Bank beteiligt.
Die verbleibenden 20,7 Prozent verteilen sich auf drei Österreicher und einen Deutschen, darunter der frühere Strabag-Manager und langjährige Partner von Hans Peter Haselsteiner, Nematollah Farrokhnia, der über eine niederösterreichische GmbH 9,97 Prozent an der Euram Holding hält. (An einer anderen Farrokhnia-Firma – der Imfarr Beteiligungs GmbH – war bis vor kurzem übrigens die 4Pro Projektmanagement- und KommunikationsgmbH beteiligt, die zur Hälfte Ex-SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann gehört.)
Nach Recherchen von Bloomberg haben einige der Euram-Investoren eine Gemeinsamkeit: Sie hatten oder haben Verbindungen zur strauchelnden deutsch-luxemburgischen Immobiliengruppe Adler. So hatte Euram-Aufsichtsratschef Peter Maser diese Funktion bis Anfang des Jahres auch bei der Adler Group SA inne, der Rechtsanwalt Thomas Katzuba von Urbisch saß bis 2018 im Vorstand einer Adler-Beteiligung. Bei Adler wiederum soll nach deutschen Medienberichten der umstrittene österreichische Unternehmer Cevdet Caner die Fäden ziehen, formell war er dort stets nur Berater. Caner hat vor allem in Deutschland Spuren hinterlassen. Anfang der Nullerjahre hatte er über die Immobilienfirma Level One begonnen, groß in ostdeutsche Plattenbauwohnungen zu investieren, 2008 folgte die Insolvenz, 2018 eine Anklage wegen Betrugs vor dem Wiener Straflandesgericht. 2020 wurden Caner und fünf Mitangeklagte in erster Instanz freigesprochen. Das Urteil ist bis heute nicht rechtskräftig. Die Staatsanwaltschaft hatte Nichtigkeitsbeschwerde eingebracht, nun liegt der Ball beim Obersten Gerichtshof.
Seit heuer ist Caner Chef der luxemburgischen Immobilien-Investmentfirma Aggregate Holdings AG, die jedenfalls bis vor einigen Monaten eine der größten Aktionärinnen der Adler Group war – er ist auch einer der „endbegünstigten Eigentümer“ von Aggregate, wie Caners medienrechtlicher Vertreter Ben Irle auf profil-Anfrage ausführt. Ein weiterer ist der österreichische Unternehmer Günther Walcher, Gründer des Salzburger Technologiekonzerns Skidata.
Die Euram Bank und die Offshore-Welt – eine lange Geschichte, die sich nicht über die Eigentümerebene erzählen lässt, sondern auch über die Geschäfte. Dokumentiert ist dies nicht zuletzt in den „Panama Papers“ und den „Paradise Papers“ des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) und der „Süddeutschen Zeitung“ sowie den „Pandora Papers“, einem weiteren ICIJ-Projekt. Diesen Recherchen lagen jeweils riesige Mengen geleakter Daten diverser Anwaltskanzleien und anderer Dienstleister zugrunde, die sich auf das Errichten und das Verwalten von Briefkastenfirmen spezialisiert hatten. profil hat die Datensätze mit Blick auf die Euram Bank ausgewertet und ist dabei nicht nur auf konkrete Geschäftsbeziehungen gestoßen, sondern auch auf Hinweise, wie die Euram Bank vor zumindest eineinhalb Jahrzehnten bewusst den Schritt ins Offshore-Business gesetzt hat.
Am 10. Februar 2007 ging bei einem hochrangigen Mitarbeiter der Kanzlei Mossack Fonseca in Panama ein langes E-Mail ein. Unter dem Betreff „29 Experts … 1 Five Star Resort … and You“ lud die „Sovereign Society“ zu einem „Total Wealth Symposium“ ein, das drei Monate später stattfinden sollte. Das englische Wort „wealth“ bedeutet „Vermögen“ – und der (durchaus auch steuerlich) optimierte Umgang mit demselben sollte im Zentrum des mehrtägigen Events im Sheraton Hotel in Panama City stehen. Die Teilnahmegebühr belief sich auf 1295 US-Dollar. Dafür versprach der Veranstalter, dass nur die oberste Expertenriege („only the highest caliber“) in den Bereichen „Vermögensschutz“ („asset protection“) und globale Investments geladen wäre. Auf der handverlesenen Sprecherliste war dann auch ein Vertreter der Euram Bank angeführt. Laut der Einladung sollte der Banker darüber sprechen, wie man „gesetzlich geschützte, luftdichte Geheimhaltung für Offshore-Bankeinlagen erzielen“ könne („how you can obtain air-tight privacy for your offshore bank deposit that is protected by law“), hieß es im Einladungsmail.
Die „Sovereign Society“ wurde 1998 in den USA gegründet. Die Mitgliederorganisation präsentierte sich in den Jahren darauf als eine Art Thinktank für Offshore-Investments. Das umstrittene Geschäft mit Briefkastenfirmen & Co. wurde dabei geschickt mit dem begrifflichen Mäntelchen der persönlichen Freiheit verbrämt – potenziell eine willkommene Rechtfertigung für jene, die in ihren Heimatländern einfach nur weniger Steuern zahlen oder ihr Vermögen aus anderen Gründen verstecken wollen. Mossack Fonseca wiederum ist jene Kanzlei, die im Zentrum der „Panama Papers“ steht. Über sie wurden abertausende Offshore-Vehikel gegründet und verwaltet – für vermögende Personen aus aller Welt.
Just bei jenem Symposium im Jahr 2007 liefen einander dann ein Vertreter von Mossack Fonseca und der in der Einladung angekündigte Euram-Bank-Experte für „luftdichte Geheimhaltung“ über den Weg. Und schon ein paar Tage später trat Mossack Fonseca per E-Mail an den Banker heran – mit der Hoffnung, eine für beide Häuser prosperierende Geschäftsbeziehung zu begründen. Der in den „Panama Papers“ dokumentierte Anlassfall: Herr O., ein seit seiner Jugend in den USA lebender slowakischer Staatsbürger, hatte ebenfalls am Symposium teilgenommen. Nun suchte er für seine panamaische Offshore-Firma ein Bankkonto und hatte dafür ausgerechnet die Euram Bank in Österreich auserkoren.
Wie sich aus den „Panama Papers“ ableiten lässt, zog sich der – überraschend komplexe – Prozess der Kontoeröffnung für die Briefkastenfirma über Monate hin. Von der Kundenseite mussten diverse Formulare ausgefüllt werden, auch zu Steuerthemen. Die Bank kommunizierte dabei üblicherweise mit Vertretern von Mossack Fonseca, diese wiederum standen mit Herrn O. in Kontakt. Im August 2008 wollte die Euram Bank – mit Blick auf den gegebenenfalls notwendigen Papierkram – klären, wie Herr O. zu einer allfälligen Offenlegung von Informationen gegenüber den US-Steuerbehörden stehen würde. Die Antwort fiel sehr deutlich aus: Mossack Fonseca teilte der Euram Bank in einem E-Mail klipp und klar mit, dass Herr O. das Konto als slowakischer Staatsbürger eröffne und es deshalb nicht gegenüber den US-Behörden deklarieren werde.
Aus Sicht der Bank stellte das offenbar kein Hindernis für eine Geschäftsbeziehung dar. Ganz sollte Herr O. der lästige Papierkrieg aber dennoch nicht erspart bleiben. Im Oktober 2008 erinnerte die Bank Mossack Fonseca erneut daran, dass ein bestimmtes Formular der US-Steuerbehörden auszufüllen sei. Bei Herrn O. schrillten die Alarmglocken. Er verweigerte seine Zustimmung. Gegenüber Mossack Fonseca legte er dar, dass dieses Formular ihn persönlich mit dem Konto der Offshorefirma bei der Euram Bank in Verbindung bringen würde. Er sei auf der Suche nach einem Bankkonto für die Panama-Firma, das nicht mit ihm in Verbindung gebracht werde. Ein Euram-Manager (offenbar jener, der an der Konferenz im Sheraton Hotel teilgenommen hatte), habe ihm ein solches Konto versprochen. Wenn dies nicht möglich sei, hätte er kein Interesse, ein Konto bei der Euram Bank zu eröffnen.
Herr O. war schon drauf und dran, das schwierige Unterfangen abzublasen. Doch dann, im Dezember 2008, berichtete ihm ein Vertreter von Mossack Fonseca von einem angeblichen Gespräch, das Vertreter der Kanzlei mit einer Compliance-Beauftragten der Euram Bank geführt hätten. Grundsätzlich ist die Compliance-Abteilung einer Bank dafür da, darauf zu achten, dass alle Regularien eingehalten werden. Mossack Fonseca ließ Herrn O. wissen, die Euram-Mitarbeiterin habe bestätigt, dass das bewusste Steuerformular nur von der Offshore-Firma und deren Direktoren zu unterzeichnen sei, nicht von Herrn O. selbst. (Die Direktoren waren sogenannte Treuhand-Geschäftsführer, die von Mossack Fonseca gestellt wurden.) Die Compliance-Beauftragte habe außerdem bestätigt, dass das unterschriebene Dokument an niemanden weitergegeben würde – nicht einmal an die US-Steuerbehörde („not even the IRS“). Bei dem Dokument handle es sich lediglich um eine Formalität, es bleibe in der Bank. Ein anderes in Rede stehendes US-Steuerformular müsse Herr O. ebenfalls nicht ausfüllen, da er zugesagt habe, dass über dieses Bankkonto keine US-Wertpapiere erworben würden. Die Euram-Bank-Mitarbeiterin habe bestätigt, dass es sehr wichtig sei, dass die Offshore-Firma niemals US-Wertpapiere erwerben würde – dann sei alles in Ordnung („and everything will be in order“).
Zusammengefasst deutet die Nachricht darauf hin, dass die Euram Bank – möglicherweise, um die Geschäftsbeziehung zu retten – Herrn O. beziehungsweise dessen Repräsentanten dahingehend beraten hat, wie man ein Konto eröffnet, ohne dieses gegenüber den US-Steuerbehörden zu deklarieren. Darüber hinaus wurde Herrn O. augenscheinlich zugesichert, dass die Bank selbst keine Offenlegung vornehmen werde. Herr O. war jedenfalls beruhigt und entschied, mit der Kontoöffnung fortzufahren.
Dies ist nicht der einzige Fall, bei dem die Euram Bank mit einem Bewohner der Vereinigten Staaten zu tun hatte, der eine Offenlegung gegenüber den Steuerbehörden scheute. Ein Beispiel, das sich in einer Zusammenschau aus „Paradise Papers“ und „Pandora Papers“ dokumentieren lässt, betrifft Roberto (Rob) Garza, seines Zeichens Mitbegründer des 1996 ins Leben gerufenen US-Musik-Duos „Thievery Corporation“ (zu Deutsch in etwa: „Diebische Firma“). Das Entwenden von Vermögen spielt im vorliegenden Zusammenhang keine Rolle – möglicherweise jedoch das Verbergen.
Im Jahr 2010 ließ Garza über eine Treuhandfirma namens Asiaciti einen Trust auf den Cook Islands aufsetzen. Als Begünstigter wurde Garzas kurz zuvor geborener Sohn eingetragen. Für diesen „The Astrology of the Lower Worlds Trust“ sollte ein Konto bei der Euram Bank eröffnet werden – die Kommunikation lief großteils über Asiaciti. Vorliegenden E-Mails zufolge sollte Garza ein Formular der Bank ausfüllen, das speziell für US-Personen vorgesehen war. Darin wählte er offenbar die Option aus, der Euram Bank zu verweigern, seine Identität gegenüber den US-Steuerbehörden offenzulegen. Als die Bank dies bemerkte, drängte sie auf eine Änderung. Augenscheinlich sollte Garza stattdessen die zweite vorgesehene Option ankreuzen: dem Finanzinstitut zu gestatten, seine Identität – wenn nötig („if necessary“) – offenzulegen. Die Änderung wurde offenbar eingeleitet. Ein Berater Garzas, der das Kontoeröffnungsprozedere gemeinsam mit Asiaciti abwickelte, ließ gegenüber der Treuhandfirma jedoch keinen Zweifel daran, dass Garza eine Offenlegung eigentlich ablehnte. Der Berater schrieb in einem E-Mail, Garza wolle absolut nicht, dass den US-Steuerbehörden Informationen bezüglich des Trusts offengelegt würden – wegen eines ausstehenden Wechsels zur mexikanischen Staatsbürgerschaft. Ein anderes Mal behauptete der Berater, Garza gehe es nicht darum, Steuern zu vermeiden. Er sei mehr an der Sicherung seines Vermögens interessiert.
profil fragte bei Garza nach. Der Musiker ließ wissen, dass er seine US-Staatsbürgerschaft niemals aufgegeben habe und stolz auf seine mexikanische Doppelstaatsbürgerschaft sei. Vor mehr als einem Jahrzehnt habe ein Berater angeregt, er solle sich einen ausländischen Vermögenssicherungstrust ansehen. Garza meint, sein Sohn sei damals gerade auf die Welt gekommen, und er habe versucht, dessen Zukunft abzusichern, da Musiker die ganze Zeit verklagt würden („as musicians get sued all the time“). Er habe das eine Zeitlang geprüft, aber es sei zu komplex gewesen und habe für ihn finanziell einfach keinen Sinn gehabt, behauptet Garza. Deshalb habe er entschieden, die Sache nicht weiter voranzutreiben. Er habe den Trust niemals mit Vermögen ausgestattet, der höchste Wert des Trusts habe demnach 0,00 US-Dollar ausgemacht.
Wie sich aus den „Paradise Papers“ und den „Pandora Papers“ ergibt, dürfte Garza die Idee mit dem Trust – der ja auch tatsächlich aufgesetzt wurde und in Österreich ein Bankkonto eröffnete – ziemlich lange geprüft haben. Vorliegenden E-Mails zufolge wandte sich bereits im November 2008 ein Finanzberater mit der Idee an Asiaciti, eine Trust-Strukur für Garza ins Leben zu rufen. Geplant war damals, Vermögenswerte Garzas (in erster Linie Immobilien) im Wert von insgesamt mindestens 3,6 Millionen US-Dollar in den USA, in Spanien und in Mexiko in dieser neuen Struktur zu bündeln. Auch zweieinhalb Jahre später war noch von großen Geldbeträgen die Rede: Im Juli 2011 teilte Garza Asiaciti mit, er werde einen Kredit von 1,5 Millionen Dollar für Investments erhalten. Im Oktober 2011 wollte Garza einem E-Mail zufolge seine Rechte an einer Lizenzzahlung von 500.000 Dollar an den Trust abtreten. Bereits im Mai 2011 – knapp nachdem das Konto bei der Euram Bank eröffnet worden war – hatte Garza begonnen, auch direkt mit der Bank in Wien zu kommunizieren. Unter anderem wollte er wissen, auf welche Art Gelder auf dem Konto des Trusts bewegt werden konnten – und ob es möglich wäre, eine Bankkarte zu erhalten.
„Die Bank hat sich nichts vorzuwerfen und hat gegenüber den Behörden immer transparent agiert.“
Die Euram Bank wollte sich mit Hinweis auf das Bankgeheimnis nicht zu Kundenbeziehungen äußern. Man legt Wert auf die Feststellung, dass man gegenüber den Regulationsbehörden immer transparent agiert und sich in diesem Zusammenhang nichts vorzuwerfen habe.
Interessant ist, dass eine Bank namens European American Investment Bank ihre Website und Kommunikation auch in russischer Sprache anbietet. Warum? „Neben deutsch- und englischsprachigen Kunden haben wir als drittgrößten Kundenstamm russischsprachige Kunden“, schreibt die Bank auf Anfrage. „Wir haben alle aufgrund der Sanktionen notwendigen Maßnahmen umgesetzt und möchten ausdrücklich festhalten, dass wir keine sanktionierten Kunden haben.