Eurofighter: EADS zahlte 878.500 Euro an Ex-FPÖ-Mitarbeiter
Zweiter Anlauf - erster Einlauf. Mittwoch kommender Woche wird im zweiten parlamentarischen Eurofighter-Untersuchungsausschuss eine Auskunftsperson erwartet, die schon auf der Ladungsliste des ersten U-Ausschusses vor zehn Jahren gestanden hatte. Doch ehe sie damals befragt werden konnte, war dieser auch schon wieder passé.
Am 5. Juli also soll die Public-Relations-Fachfrau Romana Schmidt dem Parlament die Aufwartung machen. Sie kennt den Laden. Mitte der 1990er-Jahre arbeitete Schmidt im FPÖ-Parlamentsklub, dann für die Bundespartei, nach der schwarz-blauen Wende 2000 war sie für zwei blaue Ministerinnen tätig, ehe sie sich als PR-Einzelunternehmerin selbstständig machte - und schließlich ausgerechnet mit dem Rüstungskonzern EADS Deutschland in Berührung kam.
Schmidt ist Teil einer ziemlich verworrenen Geschichte. Diese handelt von einem besonderen Beratungsauftrag, einem bläulich schimmernden Personennetzwerk - und einer nicht ganz unbedeutenden Erfolgsprovision.
Die heute 45-jährige war mit der EADS Deutschland GmbH im Allgemeinen, mit deren EADS-Lobbyisten Alfred Plattner im Besonderen, über Jahre geschäftlich verbandelt. Dies geht aus Dokumenten hervor, die profil vorliegen. Zwischen 2003 und 2010 überwies EADS in Raten 878.568,21 Euro brutto (inklusive Umsatzsteuer) an Frau Schmidt, wobei die Zahlungen ausnahmslos über Plattner erfolgten. Plattner wiederum war - neben Erhard Steininger - einer der wichtigsten Auftragnehmer von EADS. Für Beratungsleistungen aller Art flossen ihm zumindest 11,6 Millionen Euro zu. Steininger erhielt für seine Dienste rund um die Eurofighter-Beschaffung nicht weniger als 16,9 Millionen Euro, wovon er allerdings 6,9 Millionen Euro an einen Subauftragnehmer weiterreichte: die Agentur 100% Communications des früheren FPÖ-Bundesgeschäftsführers Gernot Rumpold (profil berichtete ausführlich).
"Meinungsbildung und Argumentationstransport"
Was leistete Frau Schmidt für ihren Auftraggeber Plattner? "Meinungsbildung und Argumentationstransport betreffend des Consulting-Auftrages für eine Stimmungsverbesserung im Zuge des Ankaufes der Eurofighter“ - so ist es zumindest (wörtlich) in Honorarnoten nachzulesen, die Schmidt ab Dezember 2002 an Plattner adressierte. Was genau darunter zu verstehen ist? Schmidt äußert sich dazu nicht. "Ich bitte um Verständnis, dass ich vor dem Termin im Parlament keine Fragen beantworten kann und möchte“, teilte sie vergangene Woche auf Anfrage mit. Falls es danach "noch relevant sein sollte, melden Sie sich doch bitte einfach bei mir“.
profil hatte Schmidts Verbindungen zu EADS vor zehn Jahren erstmals beleuchtet - freilich ohne Kenntnis der tatsächlichen Summen. Sie verspürte schon damals kein gesteigertes Verlangen, sich zu erklären. "Ich habe den Auftrag lange nach meiner Tätigkeit in der Politik erhalten. Außerdem kann es kein Berufsverbot für ehemalige Parlamentsmitarbeiter geben“, sagte Schmidt gegenüber profil im Mai 2007 (Nr. 19/07). Das Magazin "News“ widmete ihr vor einigen Wochen einen weiteren Bericht - ohne sie allerdings namentlich zu nennen.
Wer ist Romana Schmidt?
Die gebürtige Welserin war bereits in jungen Jahren in der FPÖ aktiv, zunächst in Oberösterreich, später in Wien. 1994 wurde sie Parteimitglied, sie blieb es bis 2002. 1995 bekam sie einen Job im FPÖ-Parlamentsklub, Klubobmann und Parteichef war da ein gewisser Jörg Haider. 1998 wechselte Schmidt in den Stab von Haiders damaliger Stellvertreterin Susanne Riess-Passer, 2000 machte FPÖ-Gesundheitsministerin Elisabeth Sickl sie zur Pressesprecherin, Ende desselben Jahres wechselte sie ins Kabinett von FPÖ-Infrastrukturministerin Monika Forstinger, wo sie bis Mitte 2001 blieb. Seither ist sie als Einzelunternehmerin in Wien tätig.
Die Verbindungen zwischen der PR-Beraterin und EADS Deutschland (ein Teil des multinationalen Eurofighter-Herstellerkonsortiums) erscheinen in mehrerlei Hinsicht bemerkenswert. Da wäre einmal das Datum. Schmidt und Plattner/EADS kamen Ende 2002 ins Geschäft. Zu einem Zeitpunkt, da die schwarz-blaue Bundesregierung um Kanzler Wolfgang Schüssel sich längst auf den Eurofighter Typhoon festgelegt hatte. Die ominöse "Typenentscheidung“ war bereits am 2. Juli 2002 gefallen. Vier Monate später, im November 2002, schlossen Schmidt und Plattner eine "Vereinbarung für Meinungsbildung und Argumentationstransport“ - mit dem Ziel, eine "Stimmungsverbesserung im Zuge des Ankaufs der Eurofighter“ zu erreichen. Wessen Stimmung da verbessert werden sollte und wie - das geht aus den profil vorliegenden Dokumenten nicht hervor.
Im Gegenzug wurde Schmidt ein monatliches Pauschalhonorar in der Höhe von 20.000 Euro (inklusive Umsatzsteuer) zugestanden. Hinzu kam allerdings auch eine Provision, zahlbar in Tranchen: "Bei erfolgreichem Abschluss des Projekts (Unterschriftsleistung des BMLV zur Anschaffung der Eurofighter) wird ein Erfolgshonorar in der Höhe von 0,04% des Anschaffungswertes, abzüglich der Steuer und der Finanzierungszinsen, geleistet“, heißt es in dieser Vereinbarung von Ende 2002.
Das ist deshalb interessant, weil der Erfolgsfall bereits wenige Monate später eintrat. Am 1. Juli 2003 setzte der damalige ÖVP-Verteidigungsminister Günther Platter seine Unterschrift unter den Vertrag zur Anschaffung von 18 Eurofighter-Typhoon-Jets zum Preis von 1,3 Milliarden Euro (hinzu kamen rund 600 Millionen Euro für Ausrüstung, Logistik, Ausbildung und Simulation, insgesamt also nicht ganz zwei Milliarden Euro. Die Verringerung auf schlussendlich 15 Stück erfolgte erst im Juni 2007 unter der Verantwortung von SPÖ-Verteidigungsminister Norbert Darabos).
Und tatsächlich: Im Dezember 2003 überwies Auftraggeber Plattner eine erste Rate des Erfolgshonorars in einer Höhe von 240.000 Euro, weitere sollten folgen, die letzte Überweisung datiert vom 28. Jänner 2010. Laut den profil vorliegenden Dokumenten machte die Provision denn auch den weitaus größten Teil der Zuwendungen aus. Von den 878.000 Euro brutto, die Schmidt zwischen 2003 und 2010 erhielt, entfielen 624.000 Euro auf diese Erfolgsbeteiligung (0,04 Prozent des 2003 vereinbarten Kaufpreises von 1,3 Milliarden Euro zuzüglich der Umsatzsteuer, die Stückzahlreduktion 2007 führte allem Anschein nach zu keiner Kürzung der Provision).
Was hatte Romana Schmidt für EADS erreicht, das dem Rüstungskonzern so viel Geld wert war?
Die Antwort darauf führt über Schmidts einstmaligen Lebensgefährten und Geschäftspartner Josef Eltantawi. Der heute 49-jährige Grazer hat ebenfalls eine blaue Vergangenheit. Mitte der 1980er-Jahre war der gebürtige Grazer parlamentarischer Mitarbeiter des langjährigen FPÖ-Nationalratsabgeordneten und Finanzstaatssekretärs a. D. Holger Bauer, von 1992 bis 1999 in der Freiheitlichen Akademie aktiv, daneben bis zum Jahr 2000 auch geschäftsführender Bundesobmann des Rings Freiheitlicher Jugend. Eine Funktion, die vor ihm schon Jörg Haider, Hubert Gorbach und Herbert Scheibner ausgeübt hatten. 2000 wechselte Eltantawi in die Privatwirtschaft - und dockte beim Kapsch-Konzern an, bei dem er bis 2014 angestellt blieb, seither arbeitet er als Unternehmensberater. Wie profil Mitte Mai berichtete, spielte Eltantawi schon eine Nebenrolle im Falle des 4,05 Millionen Euro schweren Rapid-Sponsorings durch EADS - ein Projekt seines Parteifreundes Kurt Lukasek. Auch der 2015 verstorbene ehemalige FPÖ-Kommunikationschef war ein verdeckter EADS-Berater, und das schon zu einer Zeit, als er noch für die Blauen arbeitete. Lukasek hatte EADS ab 2002 immer wieder empfohlen, den SPÖ-nahen Fußballverein zu sponsern, um so die Eurofighter-kritischen Sozialdemokraten um Alfred Gusenbauer "aus dem Rennen zu nehmen“, wie er es formulierte. Ursprünglich sollte aber nicht der Rüstungskonzern selbst, sondern Kapsch "als Trojan für die EADS“ bei Rapid einsteigen - und im Abtausch dafür an EADS-Gegengeschäften partizipieren. Als Kontaktmann bei Kapsch nannte Lukasek damals - Josef Eltantawi. Es blieb beim Plan, Kapsch kam weder mit Rapid noch mit EADS ins Geschäft (Nr. 20/17).
Nach profil-Recherchen war Eltantawi auch maßgeblich in den EADS-Beratungsauftrag seiner früheren Partnerin involviert - er allein bekam in Summe 450.000 Euro brutto, also knapp mehr als die Hälfte aller Honorare und Provisionen.
Im Gegensatz zu Romana Schmidt war Josef Eltantawi bereit, seine Rolle zu erläutern. Seiner Darstellung nach war er es, der das EADS-Geschäft an Land gezogen und Schmidt mit dem Lobbyisten Alfred Plattner bekannt gemacht hatte. "Ich war damals noch in einem Angestelltenverhältnis bei Kapsch, Romana war bereits selbstständig. Daher haben wir das gemeinsam gemacht. Das Vertrauen war ja da.“ Laut Eltantawi ging es dabei längst nicht nur um die ominöse "Stimmungsverbesserung“. "Mein Schwerpunkt waren die Kompensationsgeschäfte. EADS hatte ein Interesse daran, zu verstehen, welche Bereiche hier infrage kämen. Ich habe für EADS in weiterer Folge Informationen und Material gesammelt und analysiert. Alle zwei bis drei Wochen habe ich berichtet, meine Auftraggeber haben das dann verwertet.“ Eltantawi legt Wert auf die Feststellung, dass er ausschließlich mit Managern des Rüstungskonzerns Kontakt hatte. "Ich hatte weder mit einem Politiker noch mit einem Beamten zu tun. Soweit es mich betrifft, gab es überhaupt kein Lobbying gegenüber Entscheidungsträgern. Das einzige politische Thema war der Bereich Bundesräte, aber den hat Romana bearbeitet.“
Tatsächlich taucht der Name Romana Schmidt in Zusammenhang mit einer Bundesrats-Delegation 2003 auf. Kurz vor Unterzeichnung des Eurofighter-Kaufvertrags hatte eine Abordnung mehrerer Bundesräte den Fliegerhorst Brumowski im niederösterreichischen Langenlebarn bereist, um sich ebenda (im Beisein von Militärs und EADS-Leuten) über die Jets zu informieren. Die Einladung hatte der damalige Kommandant der Luftstreitkräfte, Generalmajor Erich Wolf, ausgesprochen; die Organisation des Trips lief über Romana Schmidt. Wolfs merkwürdige Rolle rund um die Eurofighter-Beschaffung wurde von profil in der Vergangenheit ausführlich thematisiert.
Ehemalige parlamentarische Mitarbeiter der Regierungspartei FPÖ standen also im Sold jenes Rüstungskonzerns, der Österreich Kampfflugzeuge verkaufte. "Ich verstehe, dass der Eindruck ein beschissener ist“, sagt Eltantawi. "Aber ich habe für das Geld gearbeitet und hatte das Glück, dass das Projekt ein Erfolg geworden ist.“ Zugleich betont er immer wieder, dass er alle Einkünfte ordnungsgemäß versteuerte habe. Obendrein seien auch mehr Leute beteiligt gewesen. "Ich habe in Zusammenhang mit dem Auftrag noch 2002 ein Team aus Fachleuten zusammengestellt, die rund um das Thema Kompensationsgeschäfte beraten sollten.“ So erhielten neben Schmidt und Eltantawi drei weitere Personen Honorare aus diesem EADS-Auftrag:
* Renald Kern, langjähriger Mitarbeiter der staatlichen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG), der zwischen 2000 und 2001 an das FPÖ-regierte Infrastrukturministerium ausgeliehen war, wo er erst Minister Michael Schmid, dann dessen Nachfolgerin Monika Forstinger zuarbeitete (zu einer Zeit, da auch Romana Schmidt im Ministerium tätig war). Kern entwarf nach eigener Darstellung für EADS ein Konzept, wonach der Rüstungskonzern Forschungsaufträge an österreichische Unternehmen vergeben hätte sollen, um diese anschließend beim Wirtschaftsministerium als Gegengeschäfte anrechnen zu lassen. Das Konzept wurde nie umgesetzt. Nach profil-Recherchen erhielt Kern (via Schmidt) zwischen 2003 und 2009 in Summe rund 29.000 Euro an Honoraren. Delikat: Kern war damals noch beim Forschungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft (ein Vorläufer der FFG) angestellt, stand also im Staatsdienst. Seine Vorgesetzten hätten von seiner Beratertätigkeit für EADS nichts gewusst, wie Kern einbekennt: "Das war zwar ein schöner Auftrag, aber heute sehe ich die Dinge anders. In der Nachbetrachtung war das wohl ein Fehler.“ Seit 2010 arbeitet Kern übrigens für den Magna-Konzern, der seine eigene Geschichte mit EADS hat (profil berichtete).
* Volker Knestel, auch er einst parlamentarischer Mitarbeiter der FPÖ, seit Jahren auf der Payroll des Rings Freiheitlicher Wirtschaftstreibender, ebenda Fachreferent für kleine und mittlere Unternehmen. Er sollte laut Eltantawi für EADS Kontakte in der Wirtschaftskammer anbahnen. Sein Honorar: 22.900 Euro. Knestel war für profil nicht zu erreichen.
* Franz Borkovec, einst Generalsekretär des staatlichen Betriebsansiedelungsgesellschaft Austrian Business Agency (ABA). Er entwarf nach eigener Darstellung 2006 (also nach seinem Abschied aus der ABA) für Schmidt und Eltantawi das Konzept eines "Business Development Fonds, der im Rahmen der Gegengeschäfte vorgeschlagen werden sollte, aus dem aber meines Wissens nichts geworden ist“. Borkovec bekam dafür nach eigener Darstellung lediglich "1900 Euro inklusive USt“: "Meine Leistungen nach meiner Tätigkeit bei der ABA wurden über meine damalige Firma korrekt abgerechnet, wenn auch nicht voll bezahlt.“ Dass EADS in Summe sehr viel mehr Geld in die Hand nahm, höre er zum ersten Mal. "Die zitierten Dimensionen hätte ich nicht vermutet, ich hatte auch keinen Einblick.“
Da war er nicht der Einzige.