Finanzministerium schweigt zu Borealis-Zukunft
Inwieweit ist das Finanzministerium, das für die Beteiligungsgesellschaft ÖBAG zuständig ist, in die laufenden Verhandlungen über die Zusammenlegung der Petrochemie-Töchter Borealis und Borouge involviert? Und gefährdet ein Verlust von Borealis-Anteilen den österreichischen Standort und die Dekarbonisierungsstrategie der OMV?
Das und einiges mehr wollte die Wirtschaftssprecherin der Grünen, Elisabeth Götze, im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage von Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) wissen. Die Anfrage wurde Anfang Juli eingebracht. Nun kam die Anfragebeantwortung aus dem Finanzministerium – diese liegt profil vor – und sie fällt relativ knapp aus.
So heißt es etwa zu den Fragen, ob der Finanzminister über die geplante Transaktionen in Kenntnis gesetzt worden war und inwieweit er in die laufenden Gespräche involviert sei: „Es wird festgehalten, dass das Bundesministerium für Finanzen (BMF) nicht aktiv an diesen Gesprächen beteiligt war bzw. die Verhandlungen geführt hat.“ Weiters verweist man auf Medienberichte zu den geplanten Übernahmegesprächen. Auch profil berichtete ausführlich.
Die Republik hält über die ÖBAG 31,50 Prozent am heimischen Energiekonzern OMV. Weitere 25 Prozent hält die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc), die damit sowohl direkt als auch indirekt mit durchgerechnet insgesamt 43,7 Prozent an Borealis beteiligt ist. Mit eben dieser Adnoc verhandelt die OMV nun eine Zusammenlegung ihrer Polyolefine-Töchter Borealis und Borouge.
Ungewisse Borealis-Zukunft
Fragen zur künftigen Ausrichtung der OMV und ihrer Petrochemie-Strategie, zur möglichen Abwanderung von Know-How, zur Zukunft des Borealis-Forschungshubs in Linz und zu einem möglichen Verlust von Mitsprache und Durchgriffsrecht der ÖBAG im Falle einer Anteilsverschiebung blieben weitgehend unbeantwortet. Auch, weil sich das Finanzministerium für unzuständig erklärt: „Die vorliegenden Fragen betreffen operative Angelegenheiten der OMV AG bzw. Angelegenheiten der Unternehmensorgane der ÖBAG sowie Bewertungen und somit keine in Zuständigkeiten des BMF fallenden Gegenstände der Vollziehung , insbesondere keine Angelegenheiten der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten“, heißt es etwas technisch.
„Eine Fusion mit Borouge könnte das Staatsvermögen langfristig gefährden“, meint Elisabetz Götze von den Grünen. „Dem Finanzminister scheinen die Risiken einer Fusion von Borealis und Borouge nicht bewusst zu sein. Auf dem Spiel steht neben Arbeitsplätzen und Know-How im Kunststoffsektor auch die Zukunftsstrategie der OMV. Eine Fusion macht in diesem Lichte weder ökonomisch noch politisch Sinn.“
Zum Hintergrund: 2020 stockte die OMV unter ihrem damaligen CEO Rainer Seele ihre Anteile am Chemiekonzern Borealis auf 75 Prozent auf. Die Borealis sollte die OMV in eine grüne, fossilfreie Zukunft führen, in der Erdöl veredelt und recycelt wird, statt verbrannt. Nur drei Jahre später gab die OMV im Juli bekannt, dass sie Verhandlungen über eine mögliche Fusion beziehungsweise Bündelung von Anteilen der Poyolefine-Töchter Borealis und Borouge mit der Adnoc aufnimmt. Und Seele soll nun der Adnoc beratend zur Seite stehen.
Die Verhandlungen laufen derzeit. Auch die Adnoc möchte in Zukunft grüner werden und den Unternehmensbereich Petrochemie ausbauen. Der Konzern ist an der sogenannten „Abu Dhabi Chemicals Industrial City“ in der Nähe von Taweelah beteiligt.
Wieviel Mitsprache die ÖBAG und die OMV nach dem Abschluss der Verhandlungen bei der Borealis haben werden? Ob die Petrochemie-Sparte in die Emirate abwandert und was das für die zukünftige strategische Ausrichtung der OMV bedeutet? Das bleibt weiterhin Gegenstand von Verhandlungen und damit unbeantwortet.