Die Erschließung des Gasfelds "Neptun Deep" ist zum Politikum geworden.
Schengen-Veto

Gas gegen Schengen-Beitritt

Bulgarien und Rumänien erhöhen den Druck auf Österreich, sein Schengen-Veto aufzuheben – und setzen auf Gas als Druckmittel. Das betrifft auch die heimische OMV.

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Nicht nur Österreich ist im Vorwahlkampf, sondern auch Rumänien. Und eines der emotionalsten Wahlkampf-Themen dort ist ausgerechnet Österreichs Veto gegen den Schengen-Beitritt des Landes. Also das Reisen ohne Grenzkontrollen innerhalb der EU. Das wird auch der teilstaatlichen OMV und ihrer Rumänien-Tochter OMV Petrom zum teuren Verhängnis. OMV Petrom ist zusammen mit der rumänischen Gasgesellschaft Romgaz Miteigentümerin des Gasfelds „Neptun Deep“ in den rumänischen Hoheitsgewässern des Schwarzen Meeres. profil berichtete ausführlich. 

Die OMV ist mit zwei Milliarden Euro an dem Projekt beteiligt. Jetzt gefährdet aber ausgerechnet Österreichs Nein zum Schengen-Beitritt den Projektstart, wie einige rumänische Medien, aber auch die „Financial Times“ schreiben. Denn die rumänische Regierung weigert sich, eine notwendige Gesetzesänderung vorzunehmen, die einerseits die Steuern und Abgaben für die Gasentnahme regeln soll, anderseits offene Fragen klären soll, wie dieses Gas vermarktet wird. Wie die Preisregulierung aussehen könnte und ob und welche Exportquoten zu tragen kommen sollen.

Seitens der OMV hieß es auf profil-Anfrage dazu: "Es ist nicht unsere Aufgabe, politische Entscheidungen zu kommentieren", so ein Konzernsprecher. Und weiter: "Eine wesentliche Stärke der EU ist heute die Reisefreiheit über Grenzen hinweg, in denen Schengen bereits gilt. Wir hoffen weiterhin, dass dies bald auch für unsere Kollegen und Menschen in Rumänien, Bulgarien und allen anderen Kandidatenländern der Fall sein wird." Die Schengen-Debatte sorgte übrigens auch in anderen österreichischen Firmen, die in Osteuropa aktiv sind, für Unruhe.

Rumäniens sozialdemokratischer Premier Marcel Ciolacu will die notwendige Gesetzesänderung so lange hinauszögern, bis Österreich seine Blockadehaltung aufgibt und die Grenzkontrollen zwischen Rumänien und Ungarn, aber auch zwischen Bulgarien und Rumänien aufgehoben werden können. Sein Land habe alle notwendigen Kriterien erfüllt und eine Reihe von Justiz-,  Antikorruptions- und Wirtschaftsreformen durchgeführt, weshalb auch die Niederlande ihre Blockade aufheben wollen.

Österreich blockiert den Beitritt mit dem Argument, dass weiterhin zu viele Flüchtlinge über Bulgarien und weiter über Rumänien in die EU und ins Land kommen. Beide Länder meinen wiederum, dass der Großteil der Fluchtbewegung auf der Westbalkanroute, also über Mazedonien, Bosnien und Kroatien, stattfinde.

Energiesicherheit als Druckmittel

Die Blockade ist aus energiepolitischer Sicht heikel. Ab 2027 könnten jährlich zehn Milliarden Kubikmeter Gas aus dem Gasfeld im Schwarzen Meer gefördert werden, die einerseits Rumäniens Eigenbedarf decken sollen. Anderseits soll das nicht-russische Gas aber auch nach Österreich und in andere EU-Länder weiterverkauft werden.

Ähnlich scharfe Töne schlägt auch Bulgariens Regierung in Richtung Wien an. Dort verweist man auf die hohe Gasabhängigkeit von Russland hierzulande und den drohenden Gaslieferstopp 2024. Der Transitvertrag zwischen Russland und der Ukraine läuft kommendes Jahr aus und die kriegsgebeutelte Ukraine hat schon angekündigt, diesen nicht zu erneuern. Über diese Route bezieht Österreich sein Gas aus Russland.  

In einem Jahr, in dem Österreich seine Freunde am meisten braucht, muss es sich entscheiden, ob es sie mit falscher nationalistischer Rhetorik verprellt oder zusammenarbeitet, um alternative Gaslieferungen zu den geringstmöglichen Kosten zu sichern. Überdenken wir die Schengen-Position unter diesem Gesichtspunkt!“, schrieb Kiril Petkov erst kürzlich im „Standard“ dazu. Er ist Vorsitzender des europäischen Ausschusses im bulgarischen Parlament und ehemaliger Ministerpräsident. Über Bulgarien verläuft die Turkstream-Pipeline, die unter anderem Gas aus Aserbaidschan über die Türkei befördert. Der Schengen-Beitritt beider Länder könnte im Dezember im Rat für Justiz und Inneres zur Abstimmung gebracht werden. Für Österreich stimmberechtigt wäre dann ÖVP-Innenminister Gerhard Karner.

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".