Die Erschließung des Gasfelds "Neptun Deep" ist zum Politikum geworden.
Wirtschaft

Gas im Schwarzen Meer: Zögern um rumänisches OMV-Projekt

Die rumänische OMV-Tochter Petrom muss bis zum Sommer entscheiden, ob sie in die Erschließung des Neptun-Gasfelds im Schwarzen Meer investiert. Das Projekt, das mehr Unabhängigkeit von Russland bringen soll, steht an der Kippe.

Drucken

Schriftgröße

Unter dem Meeresboden vor der rumänischen Hafenstadt Neptun sollen zwischen 42 und 84 Milliarden Kubikmeter Erdgas schlummern. Eine beachtliche Menge. Zum Vergleich: In Österreich werden fast neun Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr verbraucht. Wenn man dieses Gasdepot anzapft, würde das nicht nur für Rumänien, sondern für ganz Europa mehr Unabhängigkeit von russischen Gaslieferungen bedeuten. Das weiß auch Russland. Deshalb hat dessen Energielieferant Gazprom in der Vergangenheit immer wieder gegen die Erschließung des Schwarzmeerprojekts „Neptun Deep“ lobbyiert.

Während die alten Ölquellen im südosteuropäischen Land langsam versiegen, könnte das Gasvorkommen im Schwarzen Meer zu einer wichtigen Energiequelle werden. Neptun Deep ist groß genug, um den gesamten Gasbedarf Rumäniens zu decken und darüber hinaus andere EU-Länder zu beliefern – auch Österreich.

Das Gasfeld gehört jeweils zur Hälfte der rumänischen OMV-Tochter OMV Petrom und dem teilstaatlichen Gaslieferanten Romgaz. Im März unterzeichneten beide Geschäftspartner einen Vertrag mit dem staatlichen Netzbetreiber Transgaz, der garantieren soll, dass das gewonnene Erdgas ab der Erschließung auch in die rumänischen Transportsysteme eingespeist werden darf.

Wann diese Vorkommen tatsächlich angezapft werden, hängt von der OMV ab. Bis Mitte des Jahres muss sie entscheiden, ob sich der Konzern mit zwei Milliarden Euro an den Projektkosten für Neptun Deep beteiligt. Das erste Gasmolekül könnte frühestens 2027 fließen.

Steuerstreit und gegenseitige Schuldzuweisung

OMV Petrom signalisierte zuletzt auch, das Schwarzmeerprojekt in die nächste Phase führen zu wollen. Immerhin war das Energieunternehmen stark in die Erkundung von Gasressourcen im Schwarzen Meer involviert. Neptun Deep war als potenziell größtes neues Erdgasfeld in der Europäischen Union angekündigt worden und sei das Herzstück der Unternehmensstrategie 2030.

Die strengen Steuergesetze Rumäniens werden jetzt aber zum Entscheidungskriterium über weitere Investitionen. Es geht unter anderem darum, dass OMV Petrom einen Teil der Zufallsgewinne, die es im vergangenen Jahr aufgrund der Rekordpreise für Erdöl und Strom erzielte, an den rumänischen Fiskus abführen soll. Die geplante 60-prozentige Übergewinnsteuer würde die OMV Petrom 800 Millionen Euro zusätzlich kosten. Zudem drohen weitere Wettbewerbs- und Steuersanktionen, wie auch der „Kurier“ berichtete.

Die rumänischen Behörden verhängte außerdem eine Reihe von Strafen gegen die OMV Petrom, weil das Unternehmen den Entwicklungsplan für die Gasförderung nicht rechtzeitig vorgelegt hat. Sollten weitere Fristen nicht eingehalten werden, droht die Nationale Agentur für Bodenschätze (ANRM), das Abkommen über die Nutzung im Schwarzen Meer zu kündigen. Christina Vechere, Chefin von OMV Petrom, erwartet ein Entgegenkommen vom Staat: „Der richtige regulatorische Rahmen muss vorhanden sein. Wenn es den nicht gibt, sinkt die Investitionsbereitschaft.“

Die seit 2008 andauernde Debatte um die Erschließung von Neptun Deep ist zudem um eine Facette reicher geworden: Rumänien wartet noch immer auf seinen Schengen-Beitritt. Österreich blockiert ihn, was auch das Verhältnis der heimischen OMV zu den rumänischen Behörden trübt. Die beiden Länder werfen einander zudem Russlandfreundlichkeit vor. Einerseits berichten rumänische Medien über russische Einflussnahme durch russlandfreundliche Parlamentsparteien bei der neuen Gesetzesänderung zur Übergewinnsteuer. Andererseits kritisiert man in Rumänien Österreich für seine nach wie vor hohe Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen. Die engen Geschäftsbeziehungen zwischen OMV und Gazprom sollen die Erschließung neuer, nicht russischer Quellen verzögern, mutmaßte zum Beispiel der ehemalige CEO von Romgaz, Adrian Volintiru. Die OMV beteuerte in der Vergangenheit aber immer wieder, am Projekt Neptun Deep festhalten zu wollen.

Elena Crisan

Elena Crisan

war bis Oktober 2024 Journalistin im Online-Ressort.