Gas-Transit

Österreichs On-Off-Beziehung zum russischen Gas

Seit 1. Jänner fließt kein russisches Gas über die Ukraine nach Österreich. Aber nicht nur die EU hat ihre Lieferpartner diversifiziert, auch Russland suchte und fand neue Lieferrouten. Fraglich ist auch, wie lange die Ukraine-Pipeline tatsächlich trocken bleibt.

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Der große Wumms ist ausgeblieben. Am Silvesterabend scheint auf den Bildschirmen der Mitarbeiter der Austrian Gas Grid Management AG (AGGM) eine große Null auf. Zumindest für den Gasknotenpunkt Baumgarten an der slowakisch-österreichischen Grenze. Jeweils am Vortag müssten immer die Gaslieferungen für den kommenden Tag gemeldet werden. Und für den 1. Jänner 2025 wurde keinen einzigen Qubikmeter aus Russland für den Eintritt über die Ukraine-Route nach Österreich gemeldet.

Es war ein Lieferstopp mit Anlauf. Der Gastransitvertrag zwischen der Ukraine und Russland ist mit Ende 2024 ausgelaufen. Vor über einem Jahr hatte die kriegsgeplagte Ukraine bereits angekündigt, den Vertrag nicht zu erneuern und sich nicht mit Russland oder dem russischen Gasriesen Gazprom an einen Verhandlungstisch zu setzen, solange Krieg herrscht. Tatsächlich sind Österreich und die meisten anderen EU-Länder heute deutlich besser für einen Gaslieferstopp aus Russland gerüstet als im ersten Kriegsjahr 2022. Es ist nicht die erste Lieferunterbrechung auf dieser Route. Schon 2009 floss einige Wochen lang kein Gas aus Russland nach Österreich. Weil sich die Ukraine und Russland wieder über den Transitvertrag stritten.

Wie lange die Lieferunterbrechung diesmal dauern wird, und ob sie quasi für immer sein wird, das weiß derzeit niemand. Dass diese Quelle gänzlich verebbt, glaubt in der Gasbranche aber auch niemand. Oder wie zwei Insider, die nicht namentlich zitiert werden wollen, meinen: „Es ist alles derzeit sehr unsicher und volatil, aber ab Ende Jänner oder Anfang Februar könnte schon wieder Gas über die Ukraine-Route fließen.“ Eventuell mit einem neuen Mascherl. Denn nicht nur die meisten EU-Länder haben ihre Gaslieferquellen diversifiziert. Auch Gazprom hat seine Lieferrouten und seine Geschäftspartner an die neue Realität auf dem Energiemarkt angepasst – es geht immerhin um ein Milliardengeschäft.

Marina Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".