Gerhard Roiss: Die Bilanz des scheidenden OMV-Generaldirektors
Zeit für eine Bilanz über seine Amtszeit.
Plus
2012 legte Roiss das beste Ergebnis in der Geschichte des Unternehmens vor. Der Umsatz erhöhte sich um ein Viertel auf 42,6 Milliarden Euro, die Produktion verdoppelte sich auf 900 Millionen Barrel und das operative Ergebnis stieg um mehr als ein Drittel auf 3,4 Milliarden Euro.
Roiss kann sich auf die Fahnen heften, die größte Akquisition der österreichischen Industriegeschichte getätigt zu haben: 2013 erwarb die OMV produzierende Öl- und Gasfelder in der norwegischen Nordsee. Knapp zwei Milliarden Euro ließ sich der Konzern dies kosten.
Für Roiss ein Erfolg, für seine Kritiker weniger: die Unterzeichnung des South-Stream-Vertrages mit Gazprom-Chef Alexej Miller zum Bau der Erdgas-Pipeline. Damit zementiere er die Abhängigkeit von russischem Gas auf Jahrzehnte, wurde der OMV-General getadelt. Er selbst verteidigte den Deal im Juni dieses Jahres mit "höherer Versorgungssicherheit".
2013 schrieb er sich als bestverdienender Manager unter den im ATX gelisteten Unternehmen in die Annalen ein. Laut Berechnungen der Arbeiterkammer cashte er 3,4 Millionen Euro (inklusive aktienbasierter Vergütung) ab.
Unter den marathonlaufenden Top-Managern gilt Roiss als einer der schnellsten. Seine persönliche Bestzeit: 3:30 Stunden.
Minus
Anfang 2012 wurde bekannt, dass die OMV die riesigen Schiefergas-Vorkommen im nördlichen Weinviertel ausbeuten will. Nach zahlreichen Protesten von Umweltschutzorganisationen und Bürgerinitiativen blies Roiss das Projekt wenige Monate später wieder ab.
Die schmerzvollste Niederlage erlitt Roiss mit dem Scheitern des von der OMV lange mit Verve betriebenen Nabucco-Projekts. Die gleichnamige Pipeline sollte aserisches Gas vom Kaspischen Meer nach Europa transportieren. Im Sommer 2013 entschied sich das Lieferantenkonsortium für das Konkurrenzprojekt TAP (Transadriatische Pipeline).
Im August 2014 musste Roiss einen Umsatzrückgang von zehn Prozent und einen dramatischen Gewinneinbruch um 53 Prozent bekanntgeben. Die Misere kann man dem OMV-Chef kaum anlasten. Der Konzern wurde zum Opfer geopolitischer Entwicklungen - der Instabilität im Jemen und in Libyen.
Roiss hielt sich nur kurz im Sattel. Wenn er Mitte 2015 seinen Schreibtisch räumen muss, werden es gerade einmal vier Jahre gewesen sein. Zum Vergleich: Wolfgang Ruttenstorfer (2002 bis 2011) und Richard Schenz (1992 bis 2001) dienten jeweils neun Jahre als OMV-Generaldirektoren.
(Red.)