Illegal abgeholzte Berge im Herzen der rumänischen Karpaten. Fagaras 2014.
Investigativ

Geschäfte mit verbotenem Holz? Razzia bei Egger in Rumänien

​​​​​​​Die rumänische Justiz hat in dieser Woche zahlreiche Hausdurchsuchungen durchgeführt, darunter auch in einem Werk des österreichischen Egger-Konzerns. Einer der Verdachtspunkte: Geschäfte mit illegal geschlägertem Holz.

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Über einen Zaun kletternde Polizisten, bis obenhin mit Baumstämmen beladene Lkw-Anhänger, stapelweise geschlichtete Holzlatten auf einem Betriebsgelände: Am vergangenen Mittwoch stellten rumänische Ermittlungsbehörden ein Potpourri aus Foto- und Videoaufnahmen online. Die bunte Auswahl ließ grundsätzlich erahnen, was an jenem Tag in Bukarest und an 16 anderen Orten im Land los war – wenn auch naturgemäß nicht das gesamte Ausmaß: Justiz und Exekutive führten ab den Morgenstunden nicht weniger als 146 Hausdurchsuchungen an Firmensitzen und in Privatwohnungen durch. Ausgangspunkt dafür war eine Verdachtslage, welche von den rumänischen Behörden offenbar nicht auf die leichte Schulter genommen wird: Geschäfte mit illegal geschlägertem Holz. Einer Aussendung der Justizbehörden zufolge wird gegen mehrere – namentlich nicht genannte – Unternehmen und zahlreiche Personen ermittelt. Ebenfalls im Raum stehen demnach Vorwürfe der Steuerhinterziehung, der Geldwäsche und der Unterschlagung.

Eines jener Unternehmen, das am 28. September 2022 Besuch von den Ermittlern erhielt, war, nach Recherchen von profil, ORF und „Der Spiegel“, der rumänische Ableger des österreichischen Holzkonzerns Egger. Egger mit Hauptsitz in St. Johann in Tirol betreibt in Radauti in der Region Suceava im Nordosten Rumäniens ein großes Werk für die Produktion von Span- und OSB-Platten (Anm.: Oriented Strand Board; Grobspanplatten). Auch dort wurden am Mittwochvormittag Beamte vorstellig. 

„Egger nicht unter den Beschuldigten“

Laut Aussendung der Justiz hat sich im Rahmen der bisherigen Ermittlungen der Verdacht ergeben, dass zwei Unternehmensgruppen im Raum Suceava eine Reihe weiterer Firmen, die in der Forstwirtschaft tätig seien, kontrollieren würden. Durch diese weiteren Unternehmen seien von 2019 bis heute verschiedene illegale Handlungen im Forstsektor durchgeführt worden. Unter anderem gehe es dabei um den Einkauf beziehungsweise die Verarbeitung von Holz aus illegaler Quelle.

Rumänien verfügt über große Urwälder, die zwar – zumindest teilweise – geschützt sind, aber trotzdem seit Jahren abgeholzt werden. Illegale Schlägerung ist ein sensibles Thema, durchaus auch über die Landesgrenzen hinaus. Egger ist nicht der einzige österreichische Holzkonzern, der sich in Rumänien niedergelassen hat. Schon in der Vergangenheit gab es diesbezüglich einiges an Kritik in Richtung Österreich.

In Bezug auf die aktuellen Ermittlungen betont Egger auf Anfrage, dass es seitens der rumänischen Justiz weder Vorwürfe gegen das Tochterunternehmen Egger Romania S.R.L, noch gegen dessen Mitarbeiter gebe. Egger Romania und Egger-Mitarbeiter würden nicht als Beschuldigte geführt.  „Konkret verdächtigen die rumänischen Behörden diverse Holzzulieferer, die unter anderem Egger beliefern“, teilte das Unternehmen in einer schriftlichen Stellungnahme mit.

Unterlagen an Behörden übergeben

Im Rahmen der Hausdurchsuchung sei Egger aufgefordert worden, Informationen zu den jeweiligen Geschäftsbeziehungen herauszugeben – nämlich Lieferverträge, Lieferscheine, Rechnungen und Übernahmeprotokolle, heißt es in der Stellungnahme. Diese Unterlagen seien an die Behörden übergeben worden.

Eine Unternehmenssprecherin betont, Egger sei „ein vehementer Verfechter einer nachhaltigen Holzwirtschaft“. Man würde nicht nur die europäische und die nationale Gesetzgebung einhalten, sondern auch zusätzliche Zertifizierungssysteme. „Diese strengen Regeln und Standards werden auch bei der Auswahl lokaler Lieferanten in Rumänien strikt eingehalten.“

Rechtlichen Ärger in Rumänien hatten Egger und andere österreichische Holzkonzerne vor rund eineinhalb Jahren: Wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht musste Egger im Februar 2021 letztlich eine Strafe von umgerechnet rund 4,7 Millionen Euro bezahlen. Egger betonte damals, es habe sich seitens der verantwortlichen  Mitarbeiter um ein „individuelles Fehlverhalten“ und um „absolute Ausnahmen“ gehandelt.   

Elena Crisan

Elena Crisan

war bis Oktober 2024 Journalistin im Online-Ressort.

Stefan   Melichar

Stefan Melichar

ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ). 2022 wurde er mit dem Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreis ausgezeichnet.

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.