Kommentar: Gutes Geld
Ich verlustiere mich immer wieder gerne in Anlegerforen, die Online-Bassena des kleinen Kapitalisten. Weil dort – Schwarmintelligenz – kostbare Informationen zusammenlaufen. Und weil’s bisweilen zünftig zugeht. Sind ja Foristen aus vielen Neigungsgruppen unterwegs. Optimisten, Surrealisten, Skeptiker, Apokalyptiker, Gaukler, Gauner, Leichtgläubige, Angeber, Desperate, Verschwörungsanhänger, Bankangestellte, Auskenner, Aspiranten und solche, die doch besser beim Sparbuch geblieben wären. Und ja, auch Hassposter gehen um – what else. Vor allem aber spiegeln diese Sites menschliches Verhalten in all seinen Schattierungen. Die Gier zum Beispiel, die Ignoranz, den Neid, die Überheblichkeit oder die Zaghaftigkeit.
Es ist nämlich so: Privatanleger neigen zur Selbsttäuschung (kann natürlich auch Profis passieren). Läuft ein Investment gut, gibt es dafür nur einen Grund: das eigene Veranlagungsgeschick. Läuft es schlecht, gibt es auch dafür nur einen Grund: das Unvermögen anderer. Das mag da und dort sogar stimmen, dem Grunde nach ist es albern und gefährlich. Verleitet zu Fehlern. Do-it-yourself-Anlegern werden ja komplexe Entscheidungen abverlangt. Wann kaufen? Zu welchem Kurs? Nachkaufen? Verkaufen? Anlegerforen erzählen Geschichten vertaner Chancen. Von Gewinnen, die liegen gelassen wurden, und Verlusten, die vermeidbar gewesen wären. Es ist nämlich auch so: Wenn der Kurs einer soeben erworbenen Aktie innerhalb weniger Tage um 30 Prozent steigt, dann ist das selten mehr als reines Glück (oder eine Insiderinformation). Wenn er umgekehrt fällt, war es aber womöglich nicht nur Pech (oder das Unvermögen anderer). In Anlegerforen lernt man viel. Vor allem über sich selbst.