Was hinter Italiens Haftbefehl gegen René Benko steckt
Die schlechten Nachrichten für den gestürzten Imobilien-Tycoon René Benko reißen nicht ab. Wie mehrere italienische Medien heute berichten und profil von Informierten bestätigt wurde, ermittelt die Staatsanwaltschaft Trient im Zusammenhang mit mehreren Immobilienprojekten im oberitalienischen Raum, darunter auch in Südtirol. Die Nachforschungen betreffen Projekte aus den Jahren 2018 bis 2022. Die Staatsanwaltschaft Trient in Italien hat zudem einen Haftbefehl gegen Benko erlassen. Allerdings muss dieser nicht vollstreckt werden, wenn dieser einen österreichischen Staatsbürger betrifft, gegen den auch im Inland ein entsprechendes Verfahren geführt werden kann, erklärt der Sprecher der Innsbrucker Staatsanwaltschaft. Benko wurde am Dienstag vom Tiroler Landeskriminalamt vernommen, wie die APA berichtete, und bleibt auf freiem Fuß.
Berichte über 100 Hausdurchsuchungen
Die Ermittlungen sollen sich noch in der Anfangsphase befinden, umfassen allerdings einen riesigen Komplex an Personen und Verdachtsmomenten: Neben René Benko sollen noch 76 weitere Personen von den Nachforschungen betroffen sein. Darunter findet sich auch Benkos wichtiger Statthalter in Italien, Heinz Peter Hager. Er und sieben weitere Personen sollen sich bereits im Hausarrest befinden. profil-Informationen zufolge ist neben Benko allerdings keine weitere Person aus Österreich betroffen.
Das Schreiben der Staatsanwaltschaft Trient, in dem sie ihre Verdachtsmomente darlegt, liegt profil vor. Darin werden auch Benkos wirtschaftliche Macht und seine engen Verbindungen zu Hager beschrieben. Benko soll Hager beraten haben, wie er die nötigen Berechtigungen für Immobilienspekulationen erhalten kann. Die Ermittler zitieren in ihrem Dokument sogar den österreichischen Kronzeugen und frühere Kabinettchef im Finanzministerium, Thomas Schmid, der über Benko und seine Macht gesagt haben soll: „Wir wussten alle, was zu tun war. Auch wenn einem die Sache nicht persönlich gefallen hat, hat man die persönliche Meinung beiseite gelassen und die Befehle befolgt.“
Benkos Statthalter in Italien
Hager galt bis zum Kollaps des Signa-Imperiums als Benkos Mann in Südtirol. Unter seiner Ägide sollten unter anderem der Waltherpark in Bozen – bestehend aus Wohnungen, Büros, einem Hotel, einem Einkaufszentrum und einer Food Hall – und das Entwicklungsprojekt Viva Virgolo realisiert werden. Dabei geht es um ein Seilbahnprojekt auf den Bozner Hausberg Virgil. Im Frühjahr 2024 stimmten die Sanierungsverwalter der Signa Prime dem Verkauf der beiden Vorhaben und dem namhaften 5-Sterne-Hotel Bauer in Venedig an die deutsche Industriellenfamilie Schoeller zu.
Hager und Benko blieben trotz der Übernahme in Südtirol aber weiterhin geschäftlich miteinander verbunden. Denn Hager agiert laut Firmenbuch (Wirtschaftscompass) nach wie vor als Vorstand der Laura Privatstiftung, Benkos Familienstiftung, zu der neben Benkos Villa in Igls unter anderem auch ein 30 Millionen Euro teures Jagdgebiet in der Steiermark gehört.
Unter den Verdächtigen sind auch mehrere Politiker. Darunter eine Bürgermeisterin und ein ehemaliger italienischer Parlamentarier, auch gegen einen Journalisten laufen Untersuchungen. Die Staatsanwaltschaft erhofft sich durch insgesamt 100 Hausdurchsuchungen neue Erkenntnisse. In italienischen Medien kursieren Videos von den Carabinieri, die Laptops und Dokumente aus dem Rathaus von Riva - gegen die Bürgermeisterin der Gemeinde am Gardasee wird ermittelt – in ihre Dienstwägen laden. Auch im Rathaus von Bozen in Südtirol fuhren die Ermittler vor.
Die Staatsanwaltschaft dürften ein besonderes Augenmerk auf ein Grundstück in Riva gelegt haben, das in Italien als „Ex-Cattoi“ bekannt ist. Dabei handelt es sich um ein besonders begehrenswertes Stück Land, da es eines der letzten freien Zugänge zum Gardasee im Ort war. Nun könnte es bei einem Deal rund um dieses Grundstück nicht mit rechten Dingen zugegangen sein.
Verdacht: Wahlkampffinanzierung
Der Verdacht steht im Raum, dass Unternehmer unter anderem Wahlkämpfe finanziert haben – im Gegenzug zu wirtschaftlichen Vorteilen. Die Staatsanwaltschaft gab eine lange Liste an Ermittlungen bekannt: gegen die Bildung einer kriminellen Vereinigung, Manipulation von Ausschreibungen, unrechtmäßige Parteienfinanzierung, um nur einige Punkte zu nennen. Auch die Trienter Staatsanwaltschaft betonte in ihrer Aussendung, dass bis zu einer möglichen Verurteilung für alle Betroffenen die Unschuldsvermutung gilt.
Hager hat über seine Anwälte Einspruch gegen den Hausarrest eingelegt und seine volle Kooperation angeboten. Benkos Anwalt, Norbert Wess, richtete aus: „Herr Benko wird weiterhin - wie bisher - mit allen nationalen wie internationalen Behörden vollumfänglich kooperieren und ist zuversichtlich, dass sich allfällige Vorwürfe ihm gegenüber als inhaltlich unrichtig aufklären lassen“.