Der Schlussstrich

Hypo Alpe-Adria: Österreich ist den Bayern mehr entgegengekommen

Vertrag. Österreich ist den Bayern bei der Hypo-Übernahme entgegengekommen

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Für eine Transaktion dieser Größenordnung ist das Vertragswerk erstaunlich schlank. Es wurde schon mehr Papier für weniger produziert. Auf gerade einmal zwölf Seiten wurde die Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria zementiert. Bei dem Dokument, aufgesetzt auf Briefpapier der österreichischen Finanzprokuratur, handelt es sich um das Exemplar der Bayerischen Landesbank, es ist eine von drei Ausfertigungen. Sie trägt drei Signaturen: jene des Wiener Ministerialbeamten Alfred Lejsek (mit Datum 23. Dezember 2009), jene des stellvertretenden BayernLB-Vorstandschefs Stefan Ermisch sowie jene eines weiteren Bayern-­Vertreters, die allerdings nicht zu entschlüsseln ist (mit Datum 29. Dezember 2009). Der Vertrag umfasst elf Punkte, von denen drei besonders interessant erscheinen:

Gemäß Punkt 4, „Kapitalmaßnahmen“, mussten die Bayern damals einerseits auf bestehende Kreditforderungen gegenüber der Hypo in der Höhe von 525 Millionen Euro verzichten, andererseits auch auf bereits eingezahltes „Ergänzungskapital“ in der Höhe von 300 Millionen Euro. Dadurch konnte die Hypo insgesamt 825 Millionen Euro als echtes Eigenkapital verbuchen.

Gemäß Punkt 5, „Liquiditätsmaßnahmen“, verpflichteten sich die Bayern, die im Dezember 2009 aufgekündigten Darlehen (650 Millionen Euro) wieder zur Verfügung zu stellen und auch die Aufrechnung gegen Guthaben der Hypo bei der BayernLB rückgängig zu machen. Im Vertrag wird das verbleibende Hypo-Exposure der BayernLB mit 2,637 Milliarden Euro (Kredite und Schuldverschreibungen) angesetzt.

Dazu mussten die Bayern die im November erloschene Kreditzusage über 500 Millionen Euro erneuern. „Die BayernLB stellt der Bank mit sofortiger Wirkung wiederum die … gekündigte, nicht genutzte Kreditlinie … in Höhe von EUR 500.000.000,– … zur Verfügung und lässt die Ziehung … bis einschließlich 31.12.2012 zu. Ab Ziehung steht diese Kreditlinie der Bank für 364 Tage zur Verfügung.“

Ein wichtiges Detail: Laut Vertrag muss die Hypo diese Verbindlichkeiten – in Summe bis zu 3,1 Milliarden Euro, je nachdem, ob die 500 Millionen gezogen werden oder nicht – bis spätestens 31. Dezember 2013 zurückzahlen.

Möglicherweise aber auch schon früher. Unter Punkt 5, Absatz 5 heißt es nämlich wörtlich: „Im Falle der Veräußerung der … Bank durch den Bund wird der Bund die BayernLB rechtzeitig im Vorhinein verständigen, sodass die BayernLB die bestehenden Darlehen, Kreditlinien und Schuldverschreibungen kündigen kann.“

Das könnte bei einer allfälligen Reprivatisierung noch für erhebliche Probleme sorgen. Denn irgendwoher muss das Geld ja gegebenenfalls kommen.

Und dann wäre da noch Punkt 6, „Gewährleistung und Garantie“. Die Bayern mussten lediglich garantieren, dass die an den Bund übertragenen ­Aktien „frei verfügbar“ sind: „Jegliche ­darüber hinausgehende Gewährleistung, Garantien und Haftungen aus dem Aktienverkauf sind mit dem Forderungsverzicht zur Gänze abgegolten und werden im ­Übrigen ausdrücklich ausgeschlossen.“

Im Klartext: Sollte die Republik ­Österreich im Zuge der Sanierung von den Bayern verantwortete Altlasten heben, wird sie diese nachträglich nicht mehr geltend machen und einfordern können – ein im Wirtschaftsleben alles andere als üblicher Vorgang. Das Kabinett des Finanzministers rechtfertigt den Haftungsausschluss in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber profil so: „Bei den Verhandlungen ging es ­darum, innerhalb weniger Stunden ein Stützungspaket für die HGAA zu verhandeln, das auch eine für alle akzep­table Lastenaufteilung vorsieht. Die Gewährleistung war ein Faktor in den Verhandlungen, ein anderer waren Kapital und Liquidität. Die BayernLB war bereit, 825 Millionen Euro an zusätzlichem Eigenkapital in die Hypo einzuschießen und über drei Milliarden Euro an Liquidität bis 2013 in der Bank zu belassen – allerdings unter der Bedingung, dass damit ein endgültiger Schlussstrich unter ihr Engagement ­gezogen wird.“ Das Beharren auf Gewährleistungsansprüchen hätte diese tatsächlich verfügbaren Summen zugunsten eines „fiktiven, bis heute nicht und möglicherweise auch nie relevanten Anspruchs“ reduziert. Es seien bisher jedenfalls „keine in dieser Hinsicht relevanten Fakten aufgetaucht, die ­faktische Gewährleistungsansprüche gegenüber der BayernLB ermöglicht hätten“.

Auffallend: Auch die Bayern hatten beim Einstieg in die Hypo 2007 auf mögliche Gewährleistungsansprüche gegenüber den Verkäufern verzichtet.

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Kärnten

Ohne Gewähr

profil veröffentlicht auch den Hypo-Kaufvertrag der Republik Österreich mit dem Land Kärnten.

Eines muss man der österreichischen Bürokratie zugestehen: Sie kann sich auch kurz halten. Wie berichtet, umfasst der Ende 2009 geschlossene "Aktienkaufvertrag“ zwischen Republik Österreich und BayernLB zur Verstaatlichung der Hypo Alpe-Adria gerade einmal zwölf Seiten. Nun liegt profil auch der parallel dazu abgeschlossene Vertrag der Republik mit dem Land Kärnten vor. Das Dokument regelt die Abgabe des 12,42-prozentigen Hypo-Anteils der Kärntner Landesholding - und hat überhaupt nur acht Seiten. Beide Dokumente sind ab 15. Jänner vollständig unter www.profil.at online abrufbar.

Der Vertrag umfasst elf Kapitel und ist ähnlich strukturiert wie jener der Bayern.

Unter Punkt 4, "Kapitalmaßnahmen“, verpflichtet sich das Land Kärnten zu einem einmaligen Kapitaleinschuss in der Höhe von 150 Millionen Euro. Zusätzlich mussten die Kärntner damals auf 50 Millionen Euro verzichten, die sie als so genanntes Ergänzungskapital in die Hypo eingelegt hatten. Diese finalen Kärntner Zuwendungen blieben nicht ohne Gegenleistung. Laut Vertrag muss die Hypo ab 2013 jährlich sechs Prozent an Zinsen an das Land ausschütten. Zumindest theoretisch. Dafür müsste sie zuerst Gewinne schreiben und das bereits bestehende Partizipationskapital (Zinssatz: acht Prozent per annum) des Bundes in der Höhe von 900 Millionen Euro bedienen. Die Zinsklausel dürfte ein Zugeständnis an die EU gewesen sein, damit der Kapitaleinschuss Kärntens nicht hinterher als unerlaubte Beihilfe gewertet wird. Eine ähnliche Vereinbarung hat auch die Grazer Wechselseitige.

Zugleich stimmten die Kärntner unter Punkt 5, "Liquiditätsmaßnahmen“, zu, ihre Konten bei der Hypo nicht anzurühren. Zum 1. Dezember 2009 verfügte das Land über Guthaben in der Höhe von 227 Millionen Euro.

In Punkt 6, "Gewährleistung und Garantie“, unterscheidet sich das Vertragswerk dann doch substanziell von jenem der Bayern. Gegenüber dem Land Kärnten hat die Republik Österreich ausdrücklich nicht auf allfällige Gewährleistungsansprüche verzichtet. Was aber nur auf dem Papier Relevanz hat. Etwaige (und nebenbei völlig unwahrscheinliche) Nachforderungen würden so oder so vom Steuerzahler beglichen.

Herwig Seiser von der Kärntner SPÖ sieht die Landesregierung in der Pflicht: "Das beste Geschäft zum besten Zeitpunkt mit dem besten Partner, wie von ÖVP und Landes-FPÖ immer behauptet, ist zum Debakel für den Steuerzahler geworden.“

Erschienen in profil 3/11 vom 17.1.2011

Michael   Nikbakhsh

Michael Nikbakhsh

war bis Dezember 2022 stellvertretender Chefredakteur und Leiter des Wirtschaftsressorts.