Ass im Strumpf: Rettet ein mysteriöser Investor die Unterwäschefirma Palmers?
Palmers steckt in der Krise: negatives Eigenkapital, Schulden – und bald wird eine millionenschwere Cofag-Garantie fällig. Doch ein neuer Investor könnte einsteigen.
Der 31. Jänner ist für die Firma Palmers ein entscheidender Tag. An diesem Freitag endet das Geschäftsjahr des Traditionsunternehmens. Die Atmosphäre davor ist höchst angespannt: Im Vorjahr lag das Eigenkapital bereits im negativen Bereich, die Verluste waren erheblich. Die Kampagne „Sexy, not sorry“ erregte viel Aufmerksamkeit – aber hat sich das auch an der Kassa ausgewirkt? Und reicht das? Diese Fragen sind zentral für die Zukunft des 110 Jahre alten Unternehmens.
Denn das kommende Geschäftsjahr wird entscheidend sein. Ende Juni wird ein millionenschwerer Covid-Kredit fällig. Ein Kredit, der die Palmers-Geschäftsführung, die kreditgebende Bank und auch das mit Garantien bürgende Finanzministerium ins Schwitzen bringt. Es wird eng für den Strumpfhersteller. Doch wenige Tage vor Ablauf des Geschäftsjahrs, bei der Hauptversammlung am 22. Jänner, kündigte sich ein Plot-Twist an. Die Brüder Luca und Tino Wieser, denen die Hälfte des Unternehmens gehört, hatten eine Neuigkeit zu verkünden. Ein neuer Investor könnte einsteigen, heißt es im Protokoll der Hauptversammlung. Kann der mysteriöse Investor das Traditionsunternehmen retten? Und wer könnte das überhaupt sein?
Sparkurs im Gang
Dass es bei Palmers nicht mehr rundläuft, zeichnete sich schon länger ab. Im Geschäftsjahr 2023/24 verdreifachte sich der Verlust des Wäscheherstellers auf 14,7 Millionen Euro, während der Umsatz von 71,5 Millionen auf 66,6 Millionen Euro sank. Zudem rutschte das Eigenkapital des Konzerns von rund sieben Millionen Euro auf minus 2,6 Millionen Euro ab.
Infolgedessen traten die Brüder Wieser von der Geschäftsführung zurück, und Janis Jung übernahm das Ruder: ein junger Manager aus der Start-up-Welt, der einen harten Sparkurs und frischen Wind versprach.
Die Filiale auf der Wiener Mariahilferstraße ist bereits geschlossen.
Palmers Filiale sperrt zu
Die Filiale auf der Wiener Mariahilferstraße ist bereits geschlossen.
Die Vielzahl von Palmers-Filialen und Ländergesellschaften soll „redimensioniert“ werden. Etwa 20 Läden sollen geschlossen werden. Die Ländergesellschaften in Slowenien, der Slowakei, Ungarn, Tschechien und Italien wurden bereits aufgegeben und abgeschrieben. Künftig wolle man sich lediglich auf Österreich, Deutschland und Kroatien konzentrieren. Im Herbst betonte Manager Jung im „Trend“, dass „derzeit keine Kündigungen geplant sind“, aber eine Pensionierungswelle bevorstehe.
Doch reicht das aus, um die Wende zu schaffen? Die letzte Palmers-Kampagne „Sexy, not sorry“, in der ungewöhnliche Models wie die 78-jährige Loos-Bar-Chefin Marianne Kohn zu sehen waren, sorgte für viel Diskussion. Aber konnte sie auch den Umsatz steigern? Palmers äußert sich dazu derzeit nicht im Detail, von einem Sprecher heißt es knapp: „Die Neupositionierung war ein wichtiger Schritt für die Zukunft, und die im Herbst angekündigten Maßnahmen befinden sich wie geplant in Umsetzung.“
Das größte Problem liegt derzeit aber wohl woanders: Im Jahr 2020 bekam Palmers, so wie viele andere Firmen im Land, eine Überbrückungsgarantie für Großunternehmen durch die Covid-19 Finanzierungsagentur – die mittlerweile aufgelöste Cofag. Die damals ausgegebenen Kredite müssen aber weiterhin zurückgezahlt werden. Und das steht für den Unterwäschekonzern heuer an.
Palmers erhielt von der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich insgesamt 14,4 Millionen Euro. Diese werden Ende Juni fällig. Im Jahresabschluss des Vorjahres wurde bereits angemerkt, dass eine wesentliche Voraussetzung für eine positive Fortbestehensprognose darin bestehe, dass diese Kredite „refinanziert und in Raten zurückgeführt“ werden. Die Frage, ob es hier bereits eine Einigung zur Ratenzahlung oder Verschiebung gebe, ließen Palmers und Raiffeisen Oberösterreich unbeantwortet.
Ein Detail sticht ins Auge: Der Kredit belief sich ursprünglich „nur“ auf 10,2 Millionen Euro, wurde im Jahr 2023 jedoch auf 14,4 Millionen Euro aufgestockt, wie die damalige Bilanz zeigt. Diese Aufstockung erfolgte, obwohl im vorangegangenen Geschäftsjahr ein positiver Cashflow verzeichnet werden konnte. Warum diese Entscheidung getroffen wurde, bleibt unklar, da weder die Raiffeisenbank Oberösterreich, Palmers noch das Finanzministerium, in dessen Zuständigkeitsbereich die aufgelöste Cofag fällt, nähere Auskünfte geben.
Wem gehört Palmers?
Auffällig ist auch: Durch die Einräumung der Cofag-Gelder reduzierte sich die frei finanzierte Kreditlast von 100 Prozent auf 22 Prozent, wie die Palmers-Jahresabschlüsse zeigen. Somit stellt sich die Frage, ob die Mittel des Cofag-Kredits auch für die Rückführung anderer Kredite herangezogen wurden. Eine Praxis, die bis auf wenige Ausnahmen den Garantie-Richtlinien widerspricht. Weder Palmers noch die Bank äußern sich dazu.
"Sexy, not sorry" bringt Palmers in die Schlagzeilen.
Neue Kampagne sorgt für Aufsehen
"Sexy, not sorry" bringt Palmers in die Schlagzeilen.
Sollte Palmers die Summe nicht selbst aufbringen können, heißt es im Jahresabschluss: Die „indirekten Eigentümer haben eine Patronatserklärung zur Aufrechterhaltung der operativen Zahlungsflüsse bis 31.07.25 abgegeben“. Allerdings ist nicht eindeutig festzustellen, wer genau das eigentlich ist.
Denn die Palmers Textil-AG ist eine hundertprozentige Tochter der P Tex Holding GmbH. Diese gehört wiederum Luca (22,2 Prozent) und Tino Wieser (27,7 Prozent) – und zur Hälfte einer CFA Contact-Finanz und Handelsaktiengesellschaft (CFA AG) in Mauren, Liechtenstein. Die Frage, wer hinter dieser steht und damit 50 Prozent des Unterwäschekonzerns hält, ist unklar und blieb von Palmers bisher stets unbeantwortet. Bereits 2024 übernahm P Tex Bürgschaften für Kredite in der Höhe von 8,3 Millionen Euro für die Palmers Textil AG.
"In Anbetracht der vorliegenden Zahlen standen und stehen Palmers sowie zahlreiche andere Firmen vor der Herausforderung, die aus der Coronazeit stammenden Kredite fristgerecht zurückzuzahlen.“
Finanzombudsmann Gerald Zmuegg
über Palmers
Insgesamt 219 Millionen Cofag-Garantien offen
Sollten alle Stricke reißen, würden die Covid-Hilfen auf den Bund zurückfallen und damit das Budgetloch vergrößern. Laut dem letzten Abschluss der Cofag im Sommer 2024 sind noch rund 219 Millionen Euro an Garantien offen. Palmers ist nicht allein; viele Unternehmen kämpfen mit den Covid-Krediten. „In Anbetracht der vorliegenden Zahlen standen und stehen Palmers sowie zahlreiche andere Firmen vor der Herausforderung, die aus der Coronazeit stammenden Kredite fristgerecht zurückzuzahlen“, erklärt Finanzombudsmann Gerald Zmuegg.
Bei der maximalen Höhe der Garantie wurde in den Richtlinien der Jahresumsatz berücksichtigt, nicht jedoch das Verhältnis zum Eigenkapital. „Die Höhe des Kredits, der durch diese Garantie ermöglicht wurde, steht daher in keiner Relation zum Risikopuffer, den das Eigenkapital bietet“, kritisiert Zmuegg die damaligen Vergabekriterien und fordert die Politik auf, solchen Entwicklungen entgegenzuwirken. Währenddessen wurde in den letzten Jännertagen im Palmers-Turm in Wiener Neudorf intensiv verhandelt. Wie entscheidet sich der Investor? Kommt er wirklich, oder kommt er nicht? Ist er aus Liechtenstein? Vielleicht bringt er zumindest etwas Licht in die unklaren Eigentumsverhältnisse der Palmers AG.