kika/Leiner & Co.: NEOS beklagen „maximale Intransparenz“ bei Coronahilfen
Zwei Monate hat Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) gebraucht, um auf eine parlamentarische Anfrage der NEOS zu den millionenschweren Coronahilfen für die nunmehr insolvente Möbelhauskette kika/Leitner zu replizieren – die vorgesehene Maximalfrist. Viel Zeit für Antworten, die dann wenig detailreich ausgefallen sind. Aus Sicht der NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer ein weiteres Zeichen dafür, „wie undurchsichtig das System Cofag war“.
Die Cofag wurde einst als Agentur für die Abwicklung milliardenschwerer Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen in der Corona-Pandemie ins Leben gerufen. Wie profil berichtete, wurden dem operativen Handelsgeschäft von kika/Leiner 5,7 Millionen Euro an Hilfen gewährt, der kika/Leiner-Gastronomiesparte weitere 3,7 Millionen Euro. Damals gehörte die Möbelhauskette noch zum Signa-Imperium von René Benko. Signa stieg jedoch bekanntlich Ende Mai 2023 bei kika/Leiner aus, wobei die Immobilien und das operative Geschäft separat veräußert wurden. Zwei Wochen später eröffnete der neue Eigentümer der Möbelkette ein Insolvenzverfahren. Nun droht dem Staat ein Millionenverlust. Rund 42 Millionen Euro waren an gestundeten Steuerforderungen offen. Ein Großteil davon könnte sich im Zuge der Insolvenz in Luft auflösen. Signa hat sämtliche Verantwortung dafür zurückgewiesen.
Anträge und Abwicklung auf Fehler überprüft?
Das EU-Beihilfenrecht setze „sehr enge Grenzen, wenn es um die Auszahlung von Beihilfen an Unternehmen in Schwierigkeiten gehe – selbst während der Covid-Pandemie“, hielten die NEOS in ihrer Anfrage fest. Sie wollten wissen, ob die seinerzeitigen Anträge auf Coronahilfen – und deren Abwicklung – nach der nunmehrigen Insolvenz auf Fehler überprüft worden seien. Welche Schritte haben Finanzministerium und Cofag gesetzt? Brunner blieb mit einem lapidaren Verweis auf die „abgabenrechtliche Geheimhaltungspflicht“ konkrete Antworten schuldig. Nur so viel: „Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) wie auch die Cofag haben sich bei der Abwicklung der Anträge an die festgelegten Prüfprozesse und die Vorgaben der Verordnung zu halten. So wurde auch bei Antragstellungen berücksichtigt, ob es sich um Unternehmen in Schwierigkeiten handelt, etwa bei Auskünften durch das Unternehmen oder wenn von der Finanzverwaltung im Auftrag der Cofag erstellte Ergänzungsgutachten darauf hinweisen.“ Mittlerweile sei die Finanzprokuratur – quasi die Anwältin der Republik – damit beauftragt worden, „im Rahmen ihrer Tätigkeit und im Sinne der Interessen der Republik Österreich (Bund) die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen.“
Doch auch zu anderen Fragen bezüglich der Cofag-Tätigkeit hielt sich Brunner bedeckt. So wollten die NEOS Näheres zum Umgang mit den erwähnten „Ergänzungsgutachten“ erfahren, welche die Cofag bei der Finanz in Auftrag geben konnte, um die Förderwürdigkeit einzelner Unternehmen genauer zu überprüfen. Minister Brunner sollte unter anderem Auskunft darüber geben, wie oft Hilfen von der Cofag zugesagt wurden, obwohl ein derartiges Gutachten eigentlich eine Ablehnung nahegelegt hätte. Auch dazu blieb der Finanzminister in der Anfragebeantwortung höchst allgemein: „Grundsätzlich kann die Genehmigung von Zuschüssen trotz einer ablehnenden Stellungnahme seitens der Finanzverwaltung vorkommen. Die ist durch die Richtlinien gedeckt. Demnach kann es auch in der Praxis vorkommen, dass trotz negativer Ergänzungsgutachten Anträge zur Auszahlung gebracht werden; etwa wenn durch die Antragsteller neue korrigierte Anträge eingebracht wurden, nach deren Prüfung gegebenenfalls eine Antragsgenehmigung erfolgen konnte.“ Wie oft dieser bemerkenswerte Fall in der Praxis eingetreten ist, ließ der Minister offen.
Doppelbauer: „Maximale Intransparenz“
„Die Antwort des Finanzministers zeigt wieder auf, wie undurchsichtig das System Cofag war – nur Teilaspekte konnte die Cofag beim BMF untersuchen lassen und dann nach Belieben darüber entscheiden, ob ausgezahlt wird oder nicht“, meint NEOS-Abgeordnete Doppelbauer: „Zusammengefasst: maximale Intransparenz, was zur Auszahlung geführt hat, und maximaler Ermessensspielraum für die Cofag.“ Am Ende zahle der Steuerzahler – und warte vergeblich auf die Übernahme von Verantwortung bei den handelnden Regierungsmitgliedern, kritisiert Doppelbauer.
Die NEOS-Abgeordnete drängt darauf, auch die Rolle der „politischen Beiratsmitglieder“ der Pandemiehilfen-Agentur aufzuarbeiten. Eigentlich hätten alle Parlamentsparteien eine Vertreterin oder einen Vertreter in den Cofag-Beirat entsenden können. Dies allerdings nur unter strengen Verschwiegenheitsverpflichtungen. Letztlich verzichteten die Oppositionsparteien darauf. Lediglich die Regierungsparteien ÖVP und Grüne waren im Beirat vertreten.