Klaus Umek ist Investmentmanager und aktuell sauer auf die Bawag und die EVN.
Investmentfonds

Klaus Umek: „Wir haben mit der Bawag viel Geld verloren“

Klaus Umek ist Investor, macht Druck auf Unternehmen und verdient damit Geld. Im Interview erklärt er, wieso sein Fonds Petrus Advisers die Bawag im Visier hat und was er vom Russland-Geschäft der RBI hält.

Drucken

Schriftgröße

„Wer nicht hören will, muss fühlen.“ So haben Sie mal Ihren Umgang mit dem Management von Unternehmen beschrieben, in die Sie mit Ihrem Fonds Petrus Advisers investieren. Seit einigen Wochen haben Sie es auf die Bawag abgesehen. Sie orten dort grobe Mängel. Die Bank dementiert. Wie lang ist Ihr Atem?
Umek
Wir sind immer in einem sehr intensiven, auch sehr an die ganz klassischen Normen der Diplomatie gebundenen Dialog mit den Managementteams. Der dann aufhört, wenn die Verantwortlichen blocken. Dann gehen wir an die Öffentlichkeit. Es ist das Eigentum der Aktionäre, und die haben das letzte Wort. Wir haben es gewagt, die Bawag zu kritisieren, schon vor Monaten.
Erinnern Sie uns: Was werfen Sie der Bawag vor, kurz gesagt?
Umek
Katastrophales Management, überhöhte Vergütungen, schlechte Mitarbeitermotivation, massive Kundenunzufriedenheit, fragwürdige Kreditvergaben, komische Aktienrückkäufe. Wir erleben Manager, die ungerechtfertigt hohe Gehälter bekommen, die rechtlich fragwürdige Handlungen setzen und dies einfach weglächeln. Da ist es unsere Aufgabe als Investor, nicht heimzugehen und zu sagen: „Na, dann habe ich das im schlimmsten Fall eben nicht im Portfolio.“ Wir müssen das überprüfen. Ich sage mit meiner Aktienposition nichts anderes, als dass ich glaube, dass das noch lange nicht vorbei sein wird.

Katastrophales Management, überhöhte Vergütungen, schlechte Mitarbeitermotivation, massive Kundenunzufriedenheit, fragwürdige Kreditvergaben, komische Aktienrückkäufe.

Klaus Umek

zum Bawag-Management

Ihr Fonds hat mit Bawag-Aktien Geld verloren. Parallel zu Ihren Anschuldigungen setzen Sie jetzt auf fallende Kurse. Wie viel haben Sie mit diesen „Shorts“ bereits verdient?
Umek
Wir haben mit der Bawag insgesamt leider noch kein Geld verdient, weil wir mit unserem Aktienanteil von fast 2,8 Prozent anfangs viel Geld verloren haben. Unser Leerverkauf hat bisher kleines Geld verdient, aber insgesamt liegen wir im Minus. Da die Dinge so schiefliegen, kann ich mir gerne den Vorwurf machen lassen, dass wir jetzt am Unbill einer Institution profitieren. Aber wir haben nicht 200 Millionen Euro an Vergütungen aus der Bank herausgetragen, das war schon das Management. Wir werden das Geld, das wir mit den Aktien „long“ verloren haben, aber zurückverdienen.
Und wenn Sie das Geld zurückverdient haben, dann ziehen Sie wieder weiter?
Umek
Diese Frage spielt auf unser Ethos an, das von einem Ausmaß an Fleiß und wahrscheinlich einer guten Portion Rechthaberei geprägt ist. Sollte ich widerlegt werden und bei der Bawag doch alles super sein, nehme ich das ganz sportlich. Wir werden jedes Quartalsergebnis lesen und jede Zeile überprüfen. Ich glaube, dass wir hier einen sehr klaren Case haben. Ich glaube, dass wir recht haben. Mit der Bawag werde ich jetzt nicht mein Jugendhilfswerk durchfinanzieren, das sind keine so tollen Gewinne. Das hat für mich eine reine Hygienefunktion, die jeder und jede haben sollte: Dinge öffentlich machen, wenn man sie nicht gut findet.
Das haben Sie auch bei der EVN gemacht. Da haben Sie kritisiert, dass das Unternehmen schlecht geführt ist und sich die Aktie schlecht entwickelt. Hat man Sie dort mittlerweile gehört?
Umek
Wir haben dort jetzt einen deutlich besseren Zugang zum Aufsichtsrat. Ein Vorstand ist bereits weg. Es wird einen eigenen Finanzvorstand geben, wir werden gehört.
Die EVN – ein Energieversorger, der auch weiterhin auf fossile Brennstoffe setzt, vor allem auf Erdgas. Ihr Fonds hat sich Nachhaltigkeitskriterien verschrieben. Sie sagen, dass Klimaschutz wichtig ist. Wie passt das zusammen?
Umek
Wir haben Nachhaltigkeit sehr stark im Auge. Wenn das bei Unternehmen nicht mitgedacht wird, sind wir auch nicht dabei. Erst vor Kurzem hätten wir bei einer Aktienemission mitmachen können. Da ging es um Ferretti, einen Hersteller von Yachten. Die alle auch einen Dieselgenerator haben. Da haben wir schon gefragt: Wie sieht es bei euch mit umweltschonender Energiegewinnung aus? Das Unternehmen hatte aber kein Interesse, Solarpaneele auf seine Boote zu bauen. Folglich haben wir auch keine Aktien gekauft.
Sie sind auch am Flughafen Wien beteiligt. Die Flugbranche verursacht sehr hohe Treibhausgasemissionen.
Umek
Wir führen die Nachhaltigkeitsdiskussion auch mit dem Flughafen Wien. Da stehen am Rollfeld zum Beispiel riesige Dieselgeneratoren, die Strom für die Flugzeuge machen, während sie parken. In München und Kopenhagen haben sie schon passende elektrische Leitungen gelegt, um die Flugzeuge aus ihrem Netz zu versorgen. Das ist ökologischer und kostet sogar weniger. Immerhin hat der Flughafen Wien schon eine große Photovoltaik-Anlage, da ist der Weg nicht mehr weit.
Aktuell sind die hohen Energiekosten für viele Menschen eine große Belastung. Da stehen auch Energieversorger in der Kritik. Wie stehen Sie als Aktionär dazu, dass der Staat die Übergewinne aus dieser Krise abschöpft oder Preise deckelt?
Umek
Es ist ganz wichtig, dass ein Unternehmen der Gesellschaft eine Antwort auf die Frage gibt, was es tut, und ob das fair und sinnvoll ist. Wenn die Politik konkret einen niedrigeren Strompreis will, dann muss das in der Sekunde umgesetzt werden. Wenn ich schon nicht verstehe, was die Kunden sagen, dann muss ich zumindest verstehen, was die Politik von mir will. Wenn man keine Ölheizungen mehr will, dann kann man sie einfach verbieten, das müssen wir aushalten.
So viel Gehorsam gegenüber der Politik hört man in der Finanzwelt selten.
Umek
Ich habe null Verständnis für diese Wut auf die „böse Politik“. Wenn ein Unternehmen überschüssige Gewinne macht und die Kunden dabei vergrault, dann ist das alles andere als intelligent. Ein Unternehmen, das nachhaltig und den Leuten sympathisch ist, wird auch ein profitables Unternehmen sein. Ich hätte gerne Unternehmen, die das an die Backe nehmen und nicht der zitternde Dagobert sind. Dann sind sie auch als Arbeitgeber für junge Leute attraktiver.
Bleiben wir noch beim Energiesektor. Sie unterstützen geflüchtete Menschen aus der Ukraine. Gleichzeitig sind Sie etwa an der EVN beteiligt, die Gas aus Russland bezieht und damit Moskau finanziell unterstützt. Wie können Sie das moralisch vereinbaren?

Österreicher tun sich irgendwie generell schwer, etwas zu beenden. Die RBI muss mittlerweile fast jede Geldüberweisung überprüfen, das kann nicht sinnvoll sein.

Klaus Umek

zum Russland-Engagement der RBI

Umek
Ich würde mir wünschen, dass wir kein Gas mehr aus Russland brauchen. Auch nicht aus Katar oder Algerien, das sind ja auch Länder, die politisch zumindest gelb oder orange aufleuchten. Der Versuch, das auszusitzen und abzuwarten, wo die Bösen tatsächlich drin sind, das war sicher Schwachsinn. Das ist einer meiner Kritikpunkte. Ich habe aber noch keine Antwort auf die Frage, wie wir aus dem Gas jetzt schnell herauskommen.
Sie loben immer wieder die Raiffeisen Bank International (RBI). Angesichts des Angriffskrieges des Kremls gegen die Ukraine – was hat eine österreichische Bank in Russland noch verloren?
Umek
Österreicher tun sich irgendwie generell schwer, etwas zu beenden. Die RBI muss mittlerweile fast jede Geldüberweisung überprüfen, das kann nicht sinnvoll sein. Ich würde den Aktionären die Russland-Anteile der RBI ausschütten. Der Börsenwert dieser RBI-„nur“-Russland-Aktie wäre dann wahrscheinlich niedrig, die meisten Fonds würden schnell verkaufen. Diejenigen, die an Russland glauben, haben Chance auf Wert in der Zukunft. Alternativ kann die RBI das Geschäft wohl an von EZB, USA und Putin „erlaubte“ Interessenten verkaufen. Dann ist jede zukünftige Upside weg, und RBI muss wirklich hart Kosten sparen. Ich neige zur Variante 1, aber höre, dass wichtige Landesbanken einfach Zeit für wichtigere Themen verwenden wollen. Ein Verkauf wäre dann zu akzeptieren. Wert wäre vernichtet und weg.

Zur Person

Klaus Umek führt den 2009 gegründeten Hedgefonds Petrus Advisers in London. Davor war er über 20 Jahre lang Investmentbanker bei Goldman Sachs. Aktuell hält sein Fonds Anteile an österreichischen Unternehmen wie Bawag, EVN, Immofinanz, Wienerberger und am Flughafen Wien.