Klimawandel: Die Versicherungsprämien steigen
Die Österreichische Hagelversicherung hat auf ihrer Website eine Rubrik eingerichtet, die sie pragmatisch "Schäden" nennt, die aber mehr eine meteorologische Desaster-Datenbank ist. Dort lässt sich nachlesen, was das Wetter in Österreichs Landwirtschaft anzurichten imstande ist. 29. Juli 2021: "Schwerste Unwetter zerstören heute erneut Agrarflächen in Oberösterreich: 11 Millionen Euro Schaden." 27. Juli: "Der Klimawandel kostet weitere 3,2 Millionen Euro. Hagel, Sturm und Starkregen treffen wiederholt die Landwirtschaft."19. Juli: "Hagelunwetter mit Schäden an Wiens Wein- und Gemüsekulturen. Dreiviertel Million Euro Schaden."
So geht das dahin, der Vorstandsvorsitzende der Hagelversicherung, Kurt Weinberger, betont in nahezu jeder Aussendung, dass die gehäuften Unwetter eine Folge des Klimawandels seien. Auch auf der Begriff "Bodenverbrauch" kommt immer wieder vor. Weinberger sollte wissen, wovon er spricht, er hat diese Entwicklung schließlich in seinen Büchern.
Die Österreichische Hagelversicherung war 1946/47 von der österreichischen Versicherungswirtschaft geschaffen worden, um Landwirte zunächst gegen Hagel zu versichern. Seit der Gründung ist sie als Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit tätig, was bedeutet, dass es keinen bestimmenden Eigentümer gibt. Die Versicherungsnehmer sind zugleich Mitglieder. Im Aufsichtsrat sitzen etliche Bauernbund-Funktionäre, eine Nähe zur Versicherungswirtschaft ist ebenso gegeben wie zur Raiffeisen-Organisation.
Der Name Hagelversicherung ist insofern unvollständig, als das Unternehmen mittlerweile alles versichert, was Landwirtinnen und Landwirten Kummer bereitet, darunter Hagel, Frost, Dürre, Sturm, Überschwemmungen, Feuer, Schädlinge und Tierseuchen.
Wie bei allen Versicherungen unterlag das operative Geschäft in der Vergangenheit immer wieder starken Schwankungen, das Ergebnis der Gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) war einmal positiv, dann wieder negativ, in jüngerer Zeit ziehen die Erträge aber deutlich an. 2018 lag das EGT bei 5,3 Millionen Euro, 2019 waren es 27,3 Millionen Euro und im Vorjahr bereits 51,2 Millionen Euro.
Die Hagelversicherung hat in Österreich rund 1,29 Millionen Hektar versichert, hinzu kommen noch einmal 1,8 Millionen Hektar in Zentral- und Südosteuropa, größtenteils in Rumänien, Tschechien und Ungarn.
Eine Landwirtschaft gegen eine Vielzahl von Bedrohungen zu versichern, ist für die Versicherungsnehmer eine zunehmend kostspielige Angelegenheit. Am Beispiel des österreichischen Marktes. Zwischen 2016 und 2020 stieg die landesweit versicherte Fläche um lediglich sechs Prozent, die Versicherungssumme dagegen um 59 Prozent. Die Versicherungsleistungen nach Schadensfällen erhöhten sich in diesem Zeitraum um 15 Prozent, die Prämieneinnahmen aber stiegen um rund 80 Prozent.
Wetterextreme haben nicht nur Auswirkungen auf den Ertrag der Bauern - sie belasten zunehmend auch die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler; Bund und Länder tragen auf Grundlage des Hagelversicherungs-Förderungsgesetzes mittlerweile 55 Prozent der Prämien (seit 2019, zuvor 50 Prozent, Bund und Länder tragen den Anteil fifty-fifty).
Laut einem Rechnungshof-Bericht aus dem Vorjahr musste die öffentliche Hand zwischen 2014 und 2018 insgesamt rund 240 Millionen Euro an gesetzlichen Versicherungsprämienförderungen aufwenden (nicht eingerechnet sind hier Sonderhilfspakete des Bundes in einer Höhe von 85 Millionen Euro sowie landesspezifische Förderungen). 2018 allein mussten Bund und Länder (deutlich voran: Niederösterreich) zusammen 62 Millionen Euro an Zuschüssen für insgesamt rund 52.000 Versicherte leisten, also im Durchschnitt knapp mehr als 1000 Euro für jeden.
Interessant ist, dass die Hagelversicherung bis heute keine nennenswerte Konkurrenz dulden muss. Als einziger Agrar-Komplettversicherer hat sie in Österreich faktisch ein Monopol. Sie ist zugleich auch die Abwicklungsstelle für die staatlichen Prämien, was dem Rechnungshof nicht verborgen blieb. Den Mangel an Wettbewerb kann der RH zwar nicht beheben; die Prüfer kritisierten aber, dass das Abwicklungsmodell zwischen der Versicherung und dem nunmehr verantwortlichen Landwirtschaftsministerium (bis 2016 war das Finanzministerium zuständig) gewisse "Unzulänglichkeiten" aufweise - und zwar "bei der Transparenz, bei der Aufgabenwahrnehmung und bei den Kontrollen".
Zugleich ermunterte der Rechnungshof das habituell ÖVP-regierte Agrar-Ressort, künftig auch EU-Mittel in Anspruch zu nehmen, um die öffentlichen Haushalte zu entlasten. Das Landwirtschaftsministerium replizierte, man werde das "im Zuge der politischen Festlegungen in Erwägung ziehen".