Konzern-Patient Vamed
Kleine Beteiligungen machen auch Ärger. Eigentlich trägt der heimische Gesundheits- und Spitalsbetreiber Vamed mit rund zwei Milliarden Euro Umsatz lediglich vier Prozent zum Konzernumsatz der deutschen Mutter Fresenius bei. Seit einigen Monaten gehen die Wogen aber zwischen Mutter und Tochter hoch. Nach Verlusten im ersten Quartal wies Vamed wieder ein Minus vor Steuern und Sonderausgaben von 20 Millionen Euro für das zweite Quartal aus. Und jetzt soll umstrukturiert werden, nicht unbedingt zur Freude aller im ehemals staatlichen österreichischen Krankenhausbetreiber, an dem auch der Bund über die Beteiligungsgesellschaft ÖBAG mit zwölf Prozent beteiligt ist.
Den Ärger von Fresenius bekamen Mitte Juli Vorstand und Aufsichtsrat zu spüren. Der langjährige Vorstandsvorsitzende Ernst Wastler schied am 18. Juli aus dem Vorstand aus, wie auch der „trend“ berichtete. Offiziell, weil er mit 65 das Pensionsantrittsalter erreicht hat. Fresenius schickte stattdessen Klaus Schuster und Frank-Michael Frede in den Vorstand. Zudem wurde auch im Aufsichtsrat umgeräumt. Dieser wird von acht auf sechs Mitglieder verkleinert, und mit Michael Moser zieht als stellvertretender Vorsitzender ein Fresenius-Vorstand ein. Außerdem wurde „ein Prüfungsausschuss installiert“, wie profil aus dem Fresenius-Umfeld erfuhr, der jetzt ganz genau einzelne Prozesse und Unternehmensbereiche prüfen soll.
Rentabilität vor Wachstum
Bei Fresenius sei man schon länger mit der Wien-Tochter unzufrieden. In den letzten Jahren sei das Wachstum auf Kosten der Profitabilität gegangen. „Jetzt wird die Rentabilität vor das Wachstum gestellt“, so ein Insider. Jahrelang war der Expansionskurs, den Wastler bei Vamed vorantrieb, auch erfolgreich gewesen. Corona, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Energiekrise haben aber die Konzernergebnisse belastet. Im zweiten Halbjahr mussten 332 Millionen für Wertberichtigungen und das Einstellen einiger Geschäftsfelder abgeschrieben werden. 60 bis 80 Millionen Euro schießt Fresenius für die geplante Umstrukturierung zahlungswirksam zu. Inklusive weiterer Abschreibungen und Wertberichtigungen könnten die Kosten auf 200 bis 250 Millionen steigen.
Gerüchte um Verkauf und ÖBAG-Aufstockung
Außerdem machen derzeit Verkaufsgerüchte die Runde: „Vamed ist eine Investmentgesellschaft, und wir prüfen alle Optionen“, sagte CEO Sen zuletzt dazu. Medienberichte, wonach die heimischen Bauriesen Porr und Strabag ein Kaufinteresse bekundet hätten, werden aber sowohl bei Vamed, bei Fresenius und auch bei beiden Baukonzernen auf Nachfrage als „Marktgerüchte“ abgetan, an denen man sich „nicht beteiligen“ wolle. Ebenfalls soll profil-Informationen zufolge über einen Rückkauf von Anteilen innerhalb der ÖBAG nachgedacht worden sein. Allerdings darf sich die ÖBAG nicht an Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten beteiligen. Und: „Wir haben bezüglich der Vamed keinerlei Verkaufsabsichten angekündigt“, antwortet ein Fresenius-Sprecher auf profil-Nachfrage.
1996 übernahm Fresenius 77 Prozent an der damals staatlichen Vamed, die Krankenhäuser, Reha-Zentren und Gesundheitseinrichtungen auf der ganzen Welt betreibt, ausstattet oder technisch unterstützt. Dazu zählt zum Beispiel nach wie vor die Universitätsklinik AKH in Wien, das größte Krankenhaus Österreichs. „Wir legen (bei Vamed, Anm.) jetzt selbst Hand an, ein neues Management wurde eingesetzt“, sagte Fresenius-CEO Michael Sen diese Woche im Analysten-Call. „Wir wissen, was zu tun ist, und wir werden rasch handeln.“ Die schlechten Ergebnisse hätten gezeigt, dass es eine Veränderung brauche, und man sei mit den Zugeständnissen des „alten Managements“ nicht zufrieden gewesen, hört man vonseiten des Konzerns.
Die geplante Restrukturierung wird wohl dazu führen, dass man sich aus einigen schwierigen Märkten zurückzieht. „Es gibt innerhalb der Vamed attraktive Assets, einen mit zwölf Milliarden Euro durchaus profitablen Rehabilitationsmarkt in der Dach- und Zentral- und Osteuropa-Region“, sagte Sen vor den Analysten. Beim Rest wird umstrukturiert.