Korruption: Warum braucht Österreich ein Volksbegehren?
Christina Jilek war 13 Jahre lang als Staatsanwältin tätig. Sie begann ihre Karriere bei der Staatsanwaltschaft Leoben, ehe sie zur Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wechselte. Sie war im Lauf der Jahre an mehreren großen Ermittlungsverfahren beteiligt, zuletzt war sie fallführende Oberstaatsanwältin im weitläufigen „Ibiza“-Komplex, auch bekannt als „Casinos“-Verfahren.
Ende 2020 verließ Jilek die Behörde. Frustriert von „zu vielen Störfeuern“ aus den eigenen Reihen, wie sie es in einer viel beachteten Rede im parlamentarischen „Ibiza“-Untersuchungsausschuss Anfang dieses Jahres ausdrückte. Jilek zeichnete da ein verstörendes Bild. Sie berichtete von willkürlichen disziplinären Maßnahmen ihres Vorgesetzten Johann Fuchs (er ist Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, ein Vertrauter des suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek) und warnte eindringlich davor, dass effektive Korruptionsbekämpfung und unabhängige Aufklärung nicht möglich seien, solange eine Antikorruptionsbehörde wie die WKStA und die ermittelnde Polizei „unter politischer Aufsicht“ stünden.
Jilek ist heute Richterin in Graz und eine der Proponentinnen des Volksbegehrens „Rechtsstaat- und Antikorruption“ (antikorruptionsbegehren.at). Der überparteilichen Plattform haben sich mehrere Persönlichkeiten angeschlossen, darunter die frühere OGH-Präsidentin und spätere NEOS-Politikerin Irmgard Griss, die frühere Dritte Nationalratspräsidentin Heide Schmidt, der ehemalige WKStA-Leiter Walter Geyer, Verfassungsrechtler Heinz Mayer, Politologe Hubert Sickinger, Jurist Oliver Scheiber, der Ex-ÖVP-Abgeordnete Michael Ikrath und der frühere Chef der Antikorruptionsbehörde BIA Martin Kreutner.
Das Volksbegehren hat 72 Forderungen und Vorschläge formuliert, da geht es unter anderem um bessere Antikorruptions- und Transparenzgesetze, um strengere Regeln bei der Parteien- und Politikerfinanzierung, um die Stärkung der Unabhängigkeit von Behörden im Allgemeinen, der Justiz im Speziellen, der WKStA im ganz Speziellen und um den Kampf gegen steuergeldfinanzierte Inseratenkorruption.
Zu Redaktionsschluss hatte das Volksbegehren rund 75.700 Unterstützungserklärungen gesammelt. Am 10. Dezember soll beim Innenministerium der Antrag auf formelle Einleitung eingebracht werden, anschließend muss das BMI den achttägigen Eintragungszeitraum zuweisen, mit einem Termin im Frühjahr ist zu rechnen. Die jetzt geleisteten Unterstützungserklärungen werden auf die späteren Unterschriften angerechnet. Ab 100.000 Unterschriften muss ein Volksbegehren im Nationalrat behandelt werden, wobei den Nationalrat niemand daran hindert, das auch so zu behandeln.
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