Krisengewinner Post: Das große Geschäft mit den Paketen
Bevor Weihnachtsgeschenke als Packerl unter dem Baum landen, werden sie mit großer Wahrscheinlichkeit als Paket verschickt.
Vergangene Woche wurde eine Rekordmenge von 1,3 Millionen Paketen zugestellt. Die hohe Nachfrage bedeutet steigenden Arbeitsdruck für die rund 20.000 Mitarbeitenden der Post AG – aber auch solide Gewinne für das Unternehmen: Die Post zählt zu den umsatzstärksten Unternehmen Österreichs.
Die Österreichische Post AG schupft laut der Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) die meisten Pakete im Land. Hinter dem unangefochtenen Marktführer mit 51,8 Prozent folgen Amazon und die deutsche DPD.
Die stabilen Gewinne der vergangenen Jahre sind beachtlich, bedenkt man, dass das einstige Hauptgeschäft der Post aus der Mode kommt: Briefe und Flugblätter gingen heuer in den ersten drei Quartalen um zehn Prozent zurück. Der Grund: Steigende Papierkosten und die Möglichkeit, auf Social Media Werbung zu schalten.
Pakete überholen Briefe
Zwar werden nicht mehr so viele Briefe verschickt, dafür allerdings ordentlich im Internet bestellt. Das Paketgeschäft boomt seit Jahren. Diesen Trend hat die Post längst erkannt. Sie investiert in Abholstationen und baut Versandzentren aus. Erst im Herbst wurde das Versandzentrum Inzersdorf eröffnet.
Vor zehn Jahren waren noch drei Viertel des Umsatzes auf Brief, Werbepost und Filialen zurückzuführen. Nach der Pandemie, im Jahr 2021, verzeichnete der Bereich Paket und Logistik bei der Post mit 1,245 Milliarden Euro erstmals einen höheren Umsatz als die Brief- und Werbepost - um 21 Millionen Euro mehr.
Zu Weihnachten herrscht Hochsaison. Die Kundschaft erwartet, dass Lieferungen so schnell wie möglich ankommen. Den Preis dafür zahlt laut einer aktuellen Studie der Universität Wien zu den Arbeitsbedingungen in der Paketlogistik und den Erfahrungen aus der Beratung der Wiener Arbeiterkammer vor allem eine Gruppe: Menschen mit Migrationshintergrund in prekären Lebenslagen. Das ist jene Gruppe, die als die vulnerabelste gilt: Sie fordern ihre Rechte am wenigsten ein und werden regelmäßig diskriminiert.
Arbeitsdruck
Lohndumping und schlechte Arbeitsbedingungen sind strukturelle Probleme der Paketbranche, in der jede Minute und jeder Cent an Kosten zählt. Je mehr Subunternehmen involviert sind, desto schlechter sind die Bedingungen. Das Modell Leiharbeit dominiert. „Der Druck in der Paketlogistik von oben nach unten an die Schwächsten in der Kette weitergegeben wird“, sagt Johanna Neuhauser, Autorin der Uni-Wien-Studie zu den Beschäftigten in der Logistik.
Das sei bei der Post nicht so, beteuert die Pressestelle des Unternehmens. Im Schnitt seien 90 Prozent der Mitarbeitenden angestellt – das sei seit Jahren „der höchste Eigenpersonalanteil in der Logistikbranche“. Mit über 11.000 eigenen Zusteller:innen führe man die Paketzustellung „zu einem großen Teil selbst durch“ – in der Briefzustellung und in den Postfilialen komme ausschließlich eigenes Personal zum Einsatz. Bei regelmäßigen Kontrollen der Finanzpolizei würden „in der Regel keine Verstöße festgestellt, bei anderen Logistikunternehmen hingegen hunderte bis fast tausende.“
Die Post bezahle den Mitarbeiter:innen Deutschkurse oder den Führerschein. So wolle sie „Menschen fördern, die die Arbeit von der Pike auf gelernt haben und im Unternehmen aufsteigen wollen.“ Dennoch: Der Anteil an ausländischen Arbeitskräften bei der Post hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt.
Mehr Pakete, gleich viel Personal
Dass es bei der Konkurrenz noch schlimmer zugeht, mag sein. Doch die Post spielt als teilstaatliche Marktführerin eine große Rolle. Und der Alltag ist auch für die Post-Mitarbeiterinnen stressig. Ein Zusteller liefert bis zu 200 Pakete und Briefe pro Tag aus. „Auch bei uns ist es ein wichtiges Ziel, dass die Mitarbeiter:innen innerhalb von 8 Stunden mit ihrer Arbeit fertig werden“, sagt Richard Köhler im Gespräch mit profil.
Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Post- und Fernmeldebediensteten hofft, dass die guten Kollektivvertragsabschlüsse heuer den Druck der Mitarbeiter:innen ausgleichen, die „täglich Großartiges leisten“ würden: Für ältere Beschäftigten und Beamte steigen die Gehälter im nächsten Jahr um 9,8 Prozent, für jene Angestellten, die ab 2009 in den Dienst traten, gibt es ein Plus von 10 Prozent. Außerdem will die Post AG Anreize schaffen: „Für jedes zugestellte Paket gibt es ein paar Cent als zusätzliche Erfolgsprämie.“
Ohne ihre Investitionen in den vergangenen Jahren hätte die Post ihre Marktmacht nicht verteidigen können. Allein der Ausbau der selbstbedienbaren Abholstationen kostet das Unternehmen jährlich einen einstelligen Millionenbetrag. In den vergangenen Jahren hat die Post rund 500 Millionen in den Aus- und Neubau ihrer Logistikzentren sowie ihrer Postbasen investiert, teilt ein Sprecher auf Anfrage mit.
Die technische Infrastruktur wächst, das Paketaufkommen ebenso, die Mitarbeiterzahl aber nicht. Trotz technologischer Fortschritte bleibe die gesamte Branche arbeitsintensiv, hält die Arbeiterkammer kritisch fest. Warum wird also nicht auch das Personal ausgebaut? Ist das eine Sparmaßnahme, um dem Preisdruck und der starken Konkurrenz standhalten zu können?
Die Erklärung der Post lautet: „Da wir jedes Jahr weniger Briefe zu transportieren haben, werden hier Kapazitäten und Personal frei, das die Paketmengen übernehmen kann.“
Ob das Ausmaß des Paketwachstums die ausbleibenden Werbeprospekte ausgleicht, ist eine andere Frage. Mehr Hände hätte die Post jedenfalls gern: „Wir hätten in verschiedensten Bereichen – Zustellung, Logistikzentren, bank99, IT, Postfilialen, etc. – gerne noch mehr Eigenpersonal. Hier haben wir derzeit österreichweit rund 550 Stellenangebote.“
Doch der Arbeitskräftemangel macht auch dem Zustelldienst der Republik zu schaffen. „Bei der Suche stehen wir vor den gleichen Herausforderungen wie alle anderen heimischen Unternehmen auch.“
Zumindest bei einem Job muss sich das Unternehmen keine Sorgen mehr um die Nachbesetzung machen: Der noch amtierende Post-Chef Georg Pölzl wird nächstes Jahr seinen Posten räumen. Ihm folgt der bisherige Finanzvorstand Walter Oblin, der bis dahin auch die Division Brief und Werbepost verantwortet.