Obwohl sich die Einkaufsstraßen nach Corona wieder gefüllt haben, haben sich die Menschen wegen der Teuerung beim Einkaufen zurückgehalten.
Handel

KV-Verhandlungen, Pleiten, Umsatzeinbußen: Die vielen Baustellen des Handels

Niedrige Löhne und schwierige Arbeitsbedingungen – Rekordpleiten und sinkende Umsätze: Der Handel verhandelt den Kollektivvertrag inmitten seiner tiefsten Krise seit Jahren.

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Regina S.* ist verkühlt. Sie hat Halsweh, Schnupfen und fühlt sich eigentlich nicht fit. Weil aber schon drei andere Kolleginnen im Krankenstand sind, sitzt sie heute trotzdem an der Kassa und schiebt den ganzen Tag Milchpackerl, Gebäck, Tiefkühlpizza und Tomaten über den Scanner. Sie arbeitet als Kassiererin in einer großen heimischen Supermarktkette. „Sie dürfen aber meinen Namen und meinen Arbeitgeber nicht schreiben, bitte. Ich will keine Probleme mit den Chefs“, sagt sie. Sie arbeitet in Teilzeit. Wegen der Teuerung wollte sie eigentlich Stunden aufstocken, aber man habe ihr gesagt, dass es am Standort keinen Bedarf für mehr Stunden gebe. „Vollzeit arbeiten hier nur der Filialleiter und eine andere Kollegin.“ Wie viel sie verdient? „Zu wenig, um damit anzugeben.“

Alma M.* ist zumindest beim Lohn offener: „Je nachdem, wie die Dienste fallen, komme ich auf maximal 1800 Euro brutto.“ Die Dienste entrichtet sie irgendwann zwischen sechs Uhr morgens und acht Uhr abends. Sie arbeitet in einer Drogerie, in Teilzeit. Und auch sie fürchtet Probleme mit dem Arbeitgeber, wenn sie mit Journalisten spricht. Die meisten ihrer Kolleginnen – es sind fast immer Frauen – lassen sich auf Gespräche erst gar nicht ein. Wie sind die Arbeitsbedingungen? Reicht der Lohn angesichts der hohen Inflation zum Leben? Würden sie gern mehr Stunden arbeiten? Würden sie im Extremfall – wie die Metaller – streiken, wenn die Arbeitgeber kein besseres Lohnangebot machen? Ein Blick über die Schulter, ob jemand mithört: „Ich will mich lieber nicht beschweren. Vielleicht finden Sie jemand anderen, der mit Ihnen spricht.“

Marina  Delcheva

Marina Delcheva

leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".

Christina   Hiptmayr

Christina Hiptmayr

war bis Oktober 2024 Wirtschaftsredakteurin und Moderatorin von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast.