Nur noch schnell die Welt retten mittels einer verantwortungsbewussten Geldanlage? Nichts leichter als das, sollte man meinen. Die Auswahl an Finanzprodukten, die das versprechen, ist enorm. Da wäre etwa der Invesco Umwelt und Nachhaltigkeits-Fonds, der das Versprechen quasi schon im Namen trägt. Immer wieder scheint er in Rankings der besten Ökologie-Aktienfonds auf. Und doch stecken rund 30 Prozent seines Vermögens in Unternehmen, die der viel zitierte Hausverstand eher selten mit den Begriffen „umweltfreundlich“, „nachhaltig“ in Verbindung bringt. So investiert der Fonds in Ölkonzerne wie OMV und TotalEnergies und Petroleo, aber auch in Unternehmen, denen zum Vorwurf gemacht wird, es mit der Einhaltung von Arbeits- und Menschenrechten nicht allzu genau zu nehmen.
Wer sein Geld nachhaltig anlegen will, der landet schnell bei der Abkürzung ESG. Sie steht für die englischen Begriffe Environment, Social und Governance. Damit sind die Kriterien Umwelt, Soziales und gute Unternehmensführung gemeint. Wer sie bei der Auswahl von Aktien und Anleihen berücksichtigt, kann von einer nachhaltigen Investition sprechen. Doch oft halten die Wertpapiere nicht, was ihr Label verspricht. Woran erkennt man also, ob hinter einem Anlageprodukt nachhaltiges Wirtschaften oder bloßes Greenwashing steckt? Und wie findet man sich zurecht im Dschungel der Anlagemöglichkeiten?
Rasanter Anstieg
647 von insgesamt 2074 österreichischen Fonds waren mit Ende vergangenen Jahres als nachhaltig deklariert. „Das ist keine Nische mehr, sondern wird zum Mainstream“, sagt Georg Lehecka in der aktuellen Folge von „Vorsicht, heiß!“, dem profil-Klimapodcast. „Bereits 2021 war, das hat mich persönlich überrascht, ein Viertel sämtlicher Gelder österreichischer Fonds unter Nachhaltigkeitskriterien veranlagt“, bekennt der Experte für Sustainable Finance bei der österreichischen Finanzmarktaufsicht (FMA). Seither ist der Zufluss der Gelder in diesen Bereich immer weiter gestiegen. Mit Ende 2023 waren 47 Prozent, also fast die Hälfte des in österreichischen Fonds verwalteten Vermögens, unter Nachhaltigkeitskriterien veranlagt. Lehecka erwartet, dass noch heuer die 50-Prozent-Marke überschritten wird. In Summe haben die Österreicherinnen und Österreicher aktuell 99 Milliarden Euro in nachhaltige Fonds investiert.
Fonds wählen ökologische Kriterien selbst
Doch was gilt in der Welt der Finanz eigentlich als nachhaltig? Die sogenannte SFDR-Verordnung (Sustainable Finance Disclosure Regulation) unterscheidet zwischen nachhaltigen Fonds nach Artikel 8 und 9. Oder etwas anschaulicher ausgedrückt: zwischen hell- und dunkelgrünen Fonds. Die Verordnung regelt Offenlegungspflichten für Fonds -und Versicherungsgesellschaften, Vermögensverwalter und Pensionsfonds, die Informationen über die Nachhaltigkeit ihrer Investitionen bereitstellen müssen. Hellgrüne oder Artikel-8-Fonds verpflichten sich, selbst gewählte ökologische oder soziale Kriterien zu berücksichtigen und diese öffentlich zu machen. „Die Bandbreite ist hier jedoch sehr groß“, sagt Lehecka. „Rechtlich reicht es da schon, gewisse Ausschlusskriterien zu definieren, wie etwa keine Kinderarbeit, um unter diese Fondskategorie zu fallen“, so der FMA-Experte.
Auch eingangs beschriebener Invesco-Fonds definiert sich als nachhaltig nach Artikel 8. Seine Strategie: in Unternehmen zu investieren, die im Bereich der Nachhaltigkeit in ihrem Sektor führend sind. Der heimische Mineralölkonzern OMV beispielsweise hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 ein Unternehmen mit Netto-Null-Emissionen zu werden. Das reicht für das Label ESG. Auch wenn die OMV weiterhin Öl- und Gasressourcen erschließen will.
Die dunkelgrünen Artikel-9-Fonds hingegen streben ein konkretes Nachhaltigkeitsziel an, das über wirtschaftliche Gewinne hinausgeht. Sie wollen tatsächlich etwas verändern, zum Beispiel durch Investitionen den CO2-Ausstoß verringern. Wie das geschehen soll, darüber muss berichtet werden.
In Österreich gab es zuletzt lediglich elf dunkelgrüne Fonds. Einer der wenigen ist der „Erste WWF Stock Environment Fonds“, der in Unternehmen weltweit investiert, die vorwiegend in den Bereichen Wasseraufbereitung und -versorgung, Recycling, Abfallwirtschaft und Erneuerbare Energie tätig sind. Ein durch die Umweltschutzorganisation WWF eingerichteter Beirat hat die ökologischen Kriterien definiert, die vom Fondsmanagement eingehalten werden. Freiwillig, wohlgemerkt. Klare gesetzliche Regeln oder Kategorisierungen fehlen. Die EU macht bisher nur Vorgaben zur Transparenz. „Wir sehen das durchaus als Erfordernis für zukünftige Verbesserungen des Aufsichtsregimes in Europa. Es braucht klarere Kategorien von verschiedenen nachhaltigen Finanzprodukten. Das würde dann nicht mehr auf Freiwilligkeit beruhen, sondern wäre verpflichtend. Das würde für alle Beteiligten eine gute Markttransparenz schaffen: für Investoren, für den Markt selbst und für uns als Behörde, die das letztlich überprüft“, sagt FMA-Experte Lehecka. In der aktuellen Folge von "Vorsicht, heiß!", dem profil-Klimapodcast, erzählt Lehecka, wie die Aufsichtsbehörde gegen Greenwashing vorgeht.
„Es braucht klarere Kategorien, um eine gute Markttransparenz zu schaffen."
Wie sich aber zurechtfinden im Dschungel der Anlagemöglichkeiten? Recht detaillierte Informationen sind aus den Kundeninformationsdokumenten zu holen. Doch wer hat schon Lust, sich seitenweise durch recht trockene Erläuterungen zu wühlen? Und auch bei den diversen Gütesiegeln herrscht mittlerweile, ähnlich wie bei den Lebensmitteln, ein ziemlicher Wildwuchs. Welchen dieser Zertifizierungen kann man also vertrauen? „Ein guter Anfang, gerade um sich einen Überblick im Bereich der Publikumsfonds für Kleinanleger zu verschaffen, wäre darauf zu achten, ob das österreichische Umweltzeichen für nachhaltige Finanzprodukte vorhanden ist“, empfiehlt Lehecka. Ausgezeichnet mit dem Siegel mit dem Hundertwasser-Logo können nicht nur Fonds werden, sondern auch andere nachhaltige Anlageprodukte wie fondsgebundene Lebensversicherungen, Staats- und Unternehmensanleihen, Sparprodukte oder auch grüne Kredite, welche sich freiwillig den vorgegebenen Standards unterwerfen.
Der Vergleich macht sicher
Hilfreich kann auch der Blick auf diverse Vergleichsplattformen sein, wo man Fonds hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitsfaktoren vergleichen kann. Etwa Cleanvest, wo man österreichische, deutsche und Schweizer Anlageprodukte nach zehn Nachhaltigkeitskriterien filtern kann.
Die Vergleichsplattform der deutschen Initiative Faire Fonds wiederum analysiert, in welchen Fonds Wertpapiere sogenannter kontroverser Unternehmen enthalten sind. Also solche, die auf Umweltschutz oder Menschenrechte pfeifen oder sich auf die eine oder andere Weise nicht nachhaltig verhalten.
Fazit: Wer es wirklich ernst nimmt mit dem finanziellen Gutmenschentum, der kommt um eine ordentliche Recherche nicht herum.