Warum Blau-Schwarz nicht alle Industriellen erfreut
Von Clara Peterlik
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Kari Ochsner ist kein kleiner Mann, doch neben der mächtigen Wärmepumpe in seinem Keller ändern sich die Proportionen. Zwei riesige Wasserspeicher und ein Schaltgerät dominieren den Raum, während auf der anderen Seite die Kabel der Solaranlage aus der Wand ragen – von der oberösterreichischen Firma Fronius. Daneben der Batteriespeicher, BYD steht darauf, ja, die chinesische Marke. Wie passt das hierhin? „Da gibt es leider wirklich kein wettbewerbsfähiges heimisches Produkt“, sagt Ochsner mit einem leicht bedauernden Schulterzucken.
Wettbewerbsfähigkeit ist ein wichtiges Thema für Kari Ochsner. Er vertritt hier die klassischen Positionen eines Industriellen, das ist nicht in allen Belangen unbedingt der Fall. Ochsner setzt sich für eine aktive Klimapolitik ein und sieht im Gegensatz zu manchem seiner Zunft eine blau-schwarze Koalition nicht als Idealmodell für das Land. Seit einem Jahr ist er der Chefvertreter der niederösterreichischen Industriellen, führt sein Familienunternehmen in der fünften Generation – und ist ein interessanter Gesprächspartner in Zeiten unversöhnlicher Debatten.
Industrial Deal mit grünem Fokus
Vom Keller geht es ins Arbeitszimmer. Ochsners Hund, ein Rhodesian Ridgeback, setzt sich leise schnaufend dazu. „Tupac, geh jetzt Platz! Er soll auch zuhören.“ Der Chef der niederösterreichischen Industriellen stellt klar: „Ich komme aus einem ÖVP-Umfeld, aber ich bin immer bereit, gute Meinungen und Ideen zu unterstützen, egal woher sie kommen. Ich befürworte Klimaschutz, aber er soll nicht zu Degrowth (abnehmendem Wachstum, Anm.) führen. Wenn die Leute existenzielle Ängste haben, kümmern sie sich wenig um den Klimaschutz.“
Viele Maßnahmen seien gut gemeint, doch „ich kann energieintensiven Betrieben nicht einfach das Gas abdrehen. Sonst verlassen sie den Standort und produzieren woanders weniger nachhaltig.“ Wie erreichen wir dennoch die Klimaziele? „Natürlich müssen Deadlines gesetzt werden, aber nur, wenn Alternativen wie Wasserstoff verfügbar sind.“ Er ist der Meinung, dass einige Förderungen angesichts des Budgetlochs überdacht oder abgeschafft werden sollten – etwa das Dieselprivileg. „Stattdessen sollten wir die fördern, die in Nachhaltigkeit investieren. Wir müssen den Green Deal und den Industrial Deal miteinander verbinden.“
„Eine Festung Österreich ist ein totaler Blödsinn und nicht machbar, wir können aber auch nicht alle Probleme der Welt lösen.“
Die Industrie sei nicht wegen des Green Deals unter Druck, sondern wegen der hohen Lohnkosten, meint Ochsner. Doch die seien kein Naturgesetz, sondern die Folge der hohen Inflationsraten. Hätte man mit der Teuerung anders umgehen können? „Bei der Inflationsbekämpfung hätte die Regierung besser Energiepreise gedeckelt, als massiv zuzuschießen.“ Und die Mieten? „Auch bei Mieten hätte man ernsthaft darüber nachdenken sollen.“
Kein Kanzler-Kickl-Fan
Mittlerweile ist das Gespräch in Ochsners Büro schon beim Thema Migration angekommen. „Wir brauchen qualifizierte Zuwanderung, denn unsere Geburtenrate ist zu niedrig. Aber jene, die nur ins Sozialsystem einwandern, das geht einfach nicht. Das hat null Komma nichts mit rechts zu tun.“ In seinem Werk hat rund die Hälfte der Mitarbeitenden Migrationsgeschichte. „Eine Festung Österreich ist ein totaler Blödsinn und nicht machbar, wir können aber auch nicht alle Probleme der Welt lösen.“ Asyl und Migration müssten klarer getrennt werden.
© Clara Peterlik
Kari Ochsner neben seiner Wärmepumpe
Seit dem 20. Dezember sind die Fördermittel aus dem „Sanierungsbonus“ und „Raus aus Öl und Gas“ aufgebraucht. Ochsner forderte diese Woche von Übergangskanzler Alexander Schallenberg eine Verlängerung der Förderungen.
Kari Ochsner neben seiner Wärmepumpe
Seit dem 20. Dezember sind die Fördermittel aus dem „Sanierungsbonus“ und „Raus aus Öl und Gas“ aufgebraucht. Ochsner forderte diese Woche von Übergangskanzler Alexander Schallenberg eine Verlängerung der Förderungen.
Ochsner ist kein großer Fan eines Kanzlers Kickl, was auf den ersten Blick überraschen mag: 2016 war er Trauzeuge von Heinz-Christian Strache und wurde während der türkis-blauen Regierung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Damals erhielt er aufgrund eines FPÖ-Tickets ein Mandat im Aufsichtsrat der ÖBB und der Staatsholding Öbag, das von der ÖVP danach zweimal verlängert wurde. Trotz dieser Verbindungen stellt eine mögliche blau-schwarze Koalition keine Wunschlösung für ihn dar. Nach den gescheiterten Verhandlungen sei Blau-Schwarz zwar „alternativlos“, aber: „Der Einsatz für die Zukunft unseres Planeten und gegen den menschengemachten Klimawandel darf durch die aktuelle politische Konstellation nicht gefährdet werden. Eine Anpassung der oppositionellen Ansichten der FPÖ zu Europa, Russland und dem Klimaschutz ist für mich unumgänglich“, betont er.
In der Industrie und in großen Unternehmen sind die kritischen Stimmen zu Blau-Schwarz ansonsten sehr leise, viele wollen sich zu dem Thema nicht äußern. Manche, wieetwa KTM-Chef Stefan Pierer, sprachen sich kurz nach der Wahl relativ unverblümt für diese Koalitionsvariante aus. Von der Siemens-Chefin Patricia Neumann heißt es: „Der wechselseitige Austausch mit anderen Ländern war dabei schon immer eine große Stärke Österreichs. Diesen Weitblick setze ich voraus, unabhängig davon, welche Parteien gerade in der Regierung oder in der Opposition sind.“ Im Klub der Wirtschaftspublizisten äußerte sich Verbund-Chef Michael Strugl knapp zu den aktuellen Koalitionsverhandlungen: Er kommentiere nicht Vorgänge in der Bundespolitik, aber an einem Ausbau der Netze führe kein Weg vorbei.
© Noa Croituru Weißman
Gute Jahre für die Wärmepumpen
Obwohl die Wärmewende im Gange ist, war 2024 nach den sensationellen Vorjahren enttäuschend. „Ich rechne mit einem Umsatzrückgang von 35 Prozent. Der deutsche Markt ist um über 50 Prozent eingebrochen.“
Gute Jahre für die Wärmepumpen
Obwohl die Wärmewende im Gange ist, war 2024 nach den sensationellen Vorjahren enttäuschend. „Ich rechne mit einem Umsatzrückgang von 35 Prozent. Der deutsche Markt ist um über 50 Prozent eingebrochen.“
Warum haben Sie eine Stiftung?
Der Hund fiept auf seinem Polster. „Tupac, wenn du dir selber leidtust, musst du eben rausgehen“, sagt Ochsner, während der Hund mit einem mitleiderregenden Blick zurückschaut. Dann geht es zurück zum Geschäftlichen. Obwohl die Wärmewende im Gange ist, war 2024 nach den sensationellen Vorjahren enttäuschend. „Ich rechne mit einem Umsatzrückgang von 35 Prozent. Der deutsche Markt ist um über 50 Prozent eingebrochen.“
Ursprünglich hatte man anderes erwartet; die deutsche Regierung hatte signalisiert, dass man Kapazitäten freihalten solle, da großflächiges Wachstum bevorstehe. Doch die Haushaltskrise und das Festhalten an der Schuldenbremse haben zu erheblichen Verzögerungen bei den Förderungen geführt. „Für einige Unternehmen hatte das katastrophale Auswirkungen.“ In Österreich droht nun eine ähnliche Problematik. Seit dem 20. Dezember sind die Fördermittel aus dem „Sanierungsbonus“ und „Raus aus Öl und Gas“ aufgebraucht. Ochsner forderte diese Woche von Übergangskanzler Alexander Schallenberg eine Verlängerung der Förderungen.
Neben dem Familienunternehmen leitet Kari Ochsner auch eine Stiftung. Warum? „Stiftungen haben durch Personen wie Benko derzeit einen schlechten Ruf, aber ich habe sie aus einem guten Grund gegründet. In den letzten Jahren habe ich heftige Angebote für das Unternehmen erhalten. Was wäre, wenn ich nicht mehr da bin, meine Kinder noch zu jung sind, um einen Bezug zum Unternehmen zu haben, und die gesetzlichen Vertreter auf die Idee kommen, solch ein Angebot anzunehmen? Meine Nachkommen sind begünstigt, aber sie können das Unternehmen nicht mehr verkaufen.“
© Clara Peterlik
Kari Ochsner mit seiner Wärmepumpe im Keller
„Unsere Großeltern und Eltern haben unseren Wohlstand in diesem schönen Land mit harter Arbeit aufgebaut, und wenn man viel unterwegs ist, sieht man, wie gut wir es in Österreich haben. Die Natur, unser Gesundheits- und Bildungssystem, unsere Sicherheit und Sauberkeit. Wir müssen uns bewusster werden, dass wir weiter hart arbeiten müssen, damit es so bleibt.“
Kari Ochsner mit seiner Wärmepumpe im Keller
„Unsere Großeltern und Eltern haben unseren Wohlstand in diesem schönen Land mit harter Arbeit aufgebaut, und wenn man viel unterwegs ist, sieht man, wie gut wir es in Österreich haben. Die Natur, unser Gesundheits- und Bildungssystem, unsere Sicherheit und Sauberkeit. Wir müssen uns bewusster werden, dass wir weiter hart arbeiten müssen, damit es so bleibt.“
Der Industrielle spannt einen großen Bogen, verbindet Standortpolitik mit Klimaschutz und zeigt sich sehr kritisch gegenüber einem möglichen Kanzler Kickl. Eine FPÖ-Regierung wäre für ihn jedenfalls nicht geschäftsfördernd. Das neue Jahr begann innenpolitisch turbulent, eine zukunftsweisende Erzählung ist derzeit nicht in Sicht. Wie könnte diese aussehen? „Unsere Großeltern und Eltern haben unseren Wohlstand in diesem schönen Land mit harter Arbeit aufgebaut, und wenn man viel unterwegs ist, sieht man, wie gut wir es in Österreich haben. Die Natur, unser Gesundheits- und Bildungssystem, unsere Sicherheit und Sauberkeit. Wir müssen uns bewusster werden, dass wir weiter hart arbeiten müssen, damit es so bleibt.“
Clara Peterlik
ist seit Juni 2022 in der profil-Wirtschaftsredaktion. Davor war sie bei Bloomberg und Ö1.