Öko-Steuerreform: Die Tücken der CO2-Steuer
Der grüne Juniorpartner in der Bundesregierung macht ein Stück weit ernst mit dem Klimaschutz. Das geht aus Teilen des Entwurfs für ein neues Klimaschutzgesetz hervor, das vergangene Woche an die Öffentlichkeit drang – ungewollt, via Leak in der „Kronen Zeitung“.
Das Papier stammt aus dem Haus der grünen Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.
Und es birgt Brisantes: Strikte Reduktionspfade beim Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase werden darin definiert. Gelingen die geplanten Einsparungen nicht, sollen sich die Steuern auf automatisch erhöhen. Konkret wären es unter anderem die Mineralölsteuer und die Erdgasabgabe. Greift der Automatismus, würde etwa ein Liter Diesel an der Tankstelle sogleich um 20 Cent teurer werden.
Die Folge des Leaks war ein öffentlicher Aufschrei. Eine derart drastische Öko-Steuerreform könnte zu einer sozialen Schieflage führen, so die Sorge. Von „einer Klimapolitik auf dem Rücken derer, die ohnehin mit geringen Einkommen zu kämpfen haben“, sprach etwa die SPÖ-Politikerin Julia Herr.
Eine neue Studie des gewerkschaftsnahen Momentum-Instituts in Wien, die profil vorliegt, bestätigt solche Befürchtungen. „Die CO2-Steuer wirkt regressiv“, heißt es in dem Papier des Ökonomen Joel Tölgyes. Das bedeutet: Sie belastet Geringverdiener verhältnismäßig mehr als Reiche. Tölgyes simuliert in seiner Studie, wie es sich auf die finanzielle Lage von Österreichs Haushalten auswirken würde, würde man eine CO2-Steuer von 150 Euro je Tonne ausgestoßenes Treibhausgas einführen.
Im Durchschnitt müsste jeder heimische Haushalt jährlich 701 Euro mehr Steuern zahlen als derzeit – vor allem, weil Diesel und Benzin teurer würden. Diese Belastung verteilt sich aber ungleich: Beim bestverdienenden Zehntel im Land verringert sich das verfügbare Einkommen lediglich um ein Prozent – beim schlechtestverdienenden sind es gleich mehr als drei.
Eindeutige Reformverlierer laut Momentum: „junge, einkommensschwache und ländliche Haushalte“.
Weitgehend ausgleichen ließe sich das Missverhältnis durch einen sogenannten Öko-Bonus. Einen solchen gibt es beispielsweise in der Schweiz, wo bereits im Jahr 2005 eine CO2-Steuer aufs Heizen eingeführt wurde – samt sozialem Ausgleichsmechanismus. Das Grundprinzip: Der Großteil der Einnahmen aus der Steuer fließt in einen Topf, aus dem ärmere Schweizer Unterstützungszahlungen bekommen. Die Bürger berappen also einerseits die Steuer und lukrieren andererseits den Bonus. Je nachdem, wie klimafreundlich man lebt, steigt man am Ende möglicherweise gar als Gewinner aus, weil der Öko-Bonus höher ausgefallen ist als die Steuer. Das Momentum-Institut hat den Effekt eines Öko-Bonus für Österreich berechnet. Er würde dazu führen, „dass mehr als die Hälfte (58 %) der Haushalte nach der Steuerreform finanziell besser dastehen würde als vor der Reform“.
In Gewesslers Entwurf findet sich zwar vorläufig nichts von einem Öko-Bonus – aber: Es handelt sich lediglich um einzelne geleakte Passagen. Im türkis-grünen Regierungsprogramm etwa ist sehr wohl davon die Rede, dass die geplante CO2-Steuer „Hand in Hand mit einer sozialen Abfederung“ gehen müsse.
Das Momentum-Institut betont in seiner Studie nicht nur die Wichtigkeit des Öko-Bonus, sondern fordert auch, dass die CO2-Steuer mit einer „öffentlichen Investitionsoffensive“ einhergehen müsse. Warum? Wer beispielsweise in einer Gegend lebt, die schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erschlossen ist, muss aufgrund vieler Autofahrten eine hohe CO2-Steuer berappen – da hilft der Öko-Bonus auch nicht. Deshalb brauche es etwa mehr öffentlichen Verkehr im ländlichen Raum.
Oder etwa: mehr Förderprogramme für jene, die ihre Häuser auf klimafreundliche Heizsysteme umstellen. Der Hintergedanke: Wer klimafreundlich leben will – und sich durch den Öko-Bonus bares Geld spart – soll dazu auch in der Lage sein.