Die Promis und ihre Oasen
Der Glam-Faktor ist manifest, das Vermögen umso mehr: Shakira, Ringo Starr, Claudia Schiffer, Julio Iglesias, Sir Elton John – sie und eine Reihe weiterer Stars aus der Unterhaltungszunft haben eine Gemeinsamkeit: Sie besaßen oder besitzen Offshore-Firmen. Das wiederum eint sie mit tausenden anderen Männern und Frauen rund um den Globus: aktive und ehemalige Staats- und Regierungschefs, Kommunalpolitiker, Beamte, Wirtschaftskapitäne, Kriminelle.
Seit 3. Oktober enthüllen rund 150 Medien international akkordiert die Ergebnisse einer komplexen Recherche, die vom International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) organisiert und geleitet wurde: Pandora Papers. Es ist das größte Rechercheprojekt der Geschichte. Mehr als 600 Journalistinnen und Journalisten werteten annähernd zwei Jahre lang Millionen geleakter Dokumente von insgesamt 14 international tätigen Anwaltskanzleien und Treuhandgesellschaften aus, die sich auf das Offshore-Geschäft spezialisiert haben. In Österreich recherchierten profil und der ORF.
Die Gründung von Zweckgesellschaften und Trusts in Regionen mit vermögensfreundlicher Besteuerung (und entsprechender Diskretion) ist einfach, relativ billig und in aller Regel auch legal. Die Frage ist dann nur, wofür diese Firmen letztlich verwendet werden. Tatsache ist, dass im Offshore-Geschäft grundsätzlich sehr viel Aufwand getrieben wird, um die Identität der „beneficial owners“ hinter den Briefkästen zu verschleiern.
Völlig unabhängig von der Frage, ob das in den tausenden und abertausenden „Shell companies“ gebunkerte Vermögen nun schwarz oder weiß ist – die durchgesickerten Dokumente vermitteln einen Eindruck davon, was wohlhabende Menschen mit Geld im Ausland machen – und wie sie es tun.
RINGO STARR
Beatles-Drummer Ringo Starr, ein Brite (bürgerlich: Sir Richard Starkey), hunderte Millionen Pfund schwer, gründete zwei Firmen auf den Bahamas, die zum Kauf von Immobilien benutzt wurden, darunter ein „privates Wohnhaus“ in Los Angeles. Daneben ließ er zumindest fünf Trusts in Panama einrichten, drei davon halten Lebensversicherungspolicen, deren Begünstigte seine Kinder sind, ein weiterer Trust verwaltete Zuflüsse aus Starrs Tantiemen und Auftritten.
Auf Anfrage von ICIJ und seinen Partnern wollten Vertreter von Starr keinen Kommentar abgeben.
CLAUDIA SCHIFFER
Dem deutschen Supermodel Claudia Schiffer konnten auf Grundlage der Pandora Papers zumindest sechs Gesellschaften zugerechnet worden, alle auf den Britischen Jungferninseln registriert. Über ihre Anwälte teilte Schiffer dem ICIJ-Partner „Süddeutsche Zeitung“ mit, dass sie die Steuergesetze Großbritanniens einhalte – sie lebt dort mit ihrem Ehemann, dem britischen Filmregisseur Matthew Vaughn.
SHAKIRA
Die kolumbianische Pop-Diva Shakira hat bereits für einschlägige Aufmerksamkeit gesorgt, nachdem die Steuerbehörden ihrer Wahlheimat Spanien vor einiger Zeit begonnen hatten, sich für ihre Offshore-Aktivitäten zu interessieren. Shakiras voller Name – Shakira Isabel Mebarak Ripoll – scheint auf Antragsformularen für drei Offshore-Firmen aus dem Jahr 2019 auf. Vertreter von Shakira erklärten auf Anfrage des ICIJ-Partners „La Sexta“, dass die Unternehmen viele Jahre zuvor gegründet worden waren, lange bevor Shakira ihren Wohnsitz in Spanien hatte. Die genannten Firmen hätten keinerlei Einkünfte oder Aktivitäten entfaltet. Gegenüber dem ICIJ-Partner „El País“ hieß es weiters, dass die Sängerin Offshore-Firmen nutze, da der Großteil ihres Einkommens aus dem Ausland stamme; die spanischen Steuerbehörden seien vollumfänglich informiert.
MARIO VARGAS LLOSA
Der Name des peruanischen Literatur-Nobelpreisträgers 2010, Mario Vargas Llosa, war bereits einmal in Zusammenhang mit einer BVI-Firma genannt worden, im Zuge der Panama Papers-Enthüllungen 2016. Er wollte damals nicht damit in Verbindung gebracht werden. Aus den Pandora Papers geht hervor, dass Vargas Llosa jedenfalls eine andere auf den British Virgin Islands registrierte Gesellschaft genutzt hat, um Geld zu investieren.
JULIO IGLESIAS
Julio Iglesias, der spanische Faserschmeichler-Superstar, ist auch ein Immobilien-Tycoon. Ihm konnten auf Grundlage der Pandora Papers mehr als 20 Shell companies auf den Britischen Jungferninseln zugerechnet worden, wovon acht Stück ab 2008 diskret Liegenschaften in und um Miami erwarben, darunter auch auf Indian Creek Island, einer privaten Enklave in Miami-Dade County, die als „Milliardärsbunker“ bekannt ist. 2020 verkaufte Iglesias eines der Grundstücke – nach Recherchen der „New York Post“ soll das Ehepaar Jared Kushner und Ivanka Trump 32 Millionen US-Dollar bezahlt haben. Trump und Kushner reagierten nicht auf Anfragen des ICIJ-Rechercheverbundes. Auch Iglesias äußerte sich trotz wiederholter Bitten nicht. Russell King, ein Anwalt aus Florida, der die Konstruktion gemeinsam mit der Treuhandgesellschaft Trident Trust auf den Britischen Jungferninseln aufgesetzt hatte, wollte sich mit Hinweis auf das Anwaltsgeheimnis nicht zu Klienten oder deren Aktivitäten äußern. Er verwies aber darauf, dass der Erwerb von US-Immobilen durch Offshore-Firmen für Leute interessant sein könne, die weder US-Bürger seien, noch dort lebten. So ließe sich im Ablebensfall die US-amerikanische Erbschaftsteuer vermeiden, die bei Ausländern bereits bei 60.000 US-Dollar ansetze. „Ich habe meinen Klienten nie geraten, eine Immobilie direkt zu kaufen, denn das wäre eine furchtbare Struktur", sagte King gegenüber auf Anfrage des ICIJ-Kollektivs.
SIR ELTON JOHN
Sir Elton John, Pop-Ikone im Adels- und Legendenrang, besitzt mehr als ein Dutzend Firmen auf den Britischen Jungferninseln. Neben eigener Songs hat Sir John auch die Musik für Musicals wie „The Lion King“ und „Billy Elliot“ geschrieben. Das lässt sich auch in den Pandora Papers abbilden. Eine company heißt „WAB Lion King Ltd.“, eine zweite „HST Billy Elliot Ltd.“ Laut den Dokumenten wurde eine der Firmen gegründet, um dort Einnahmen aus der Verwendung eines 2017 geschaffen neuen Logos zu verbuchen. In vielen Fällen gründeten Elton Johns Berater die Unternehmen paarweise, wobei eine Gesellschaft für die im Vereinigten Königreich erzielten Einkünfte konzipiert wurde, die zweite für jene von außerhalb. Alle Unternehmen, die Einkünfte aus dem Vereinigten Königreich beziehen, führen David Furnish, Johns Ehemann, als alleinigen Geschäftsführer.
Johns Vertreter erklärten in einem Schreiben an das ICIJ, dass dessen Offshore-Firmen in Großbritannien Körperschaftsteuer zahlten und keinesfalls dazu verwendet worden seien, um Steuern zu senken oder gar zu vermeiden.
Die Berichterstattung zu den Pandora Papers ist global – und entsprechend umfangreich. Einen guten Überblick liefert die Seite des ICIJ: https://www.icij.org/investigations/pandora-papers/