Rene Benko’s Signa Holding meldet Insolvenz an
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Die Signa Holding GmbH bringt in Kürze beim Handelsgericht Wien einen Insolvenzantrag ein. Die Verhandlungen mit dem US-Hedgefonds Elliott über eine Finanzspritze in der Höhe von circa 500 Millionen Euro sind gescheitert. Signa hat schon länger mit Liquiditätsschwierigkeiten zu kämpfen. Erst Anfang der Woche musste die deutsche Signa-Tochter Signa Real Estate Management Germany GmbH Insolvenz anmelden. Nun folgt die nächste Pleite.
Elliott war die letzte Chance für Signa-Gründer René Benko, an frisches Kapital für seine angeschlagene Gruppe zu kommen. Gespräche mit einem saudischen Staatsfonds und möglichen anderen Geldgebern blieben in den vergangenen Monaten erfolglos. Warum genau die Signa Holding GmbH nun zahlungsunfähig ist, wird seitens des Konzerns auf Nachfrage nicht kommuniziert. Die großen und damit wertvollsten Assets der Signa befinden sich in den beiden Gesellschaften Signa Prime Selection AG – an dieser ist die Signa Holding mit 19,88 Prozent beteiligt – und Signa Development Selection AG. An letzterer ist die Signa Holding indirekt über die Signa Development Selection Beteiligung GmbH beteiligt.
Wen die Pleite trifft
Eigentlich sollte Sanierer Arndt Geiwitz den Vorsitz im Signa-Beirat von René Benko übernehmen und das angeschlagene Unternehmen restrukturieren: also nicht lukrative Sparten abwerfen oder in die geregelte Insolvenz schicken – hier war immer wieder die Handelssparte von Signa im Gespräch. Weniger lukrative Immobilienprojekte sollten verkauft werden. Übrig bleiben sollte eine abgespeckte, transparentere Signa, die sich auf das Kerngeschäft mit Luxusimmobilien konzentriert. Geiwitz hat aber noch immer kein Mandat für die Sanierung bekommen und es fehlt auch eine Fortbestandsgarantie samt Brückenfinanzierung für die Weiterführung der Signa – in welcher Form auch immer.
Dass die übergeordnete Holding nun Insolvenz anmelden muss, könnte bedeuten, dass sie schon länger nicht mehr in der Lage ist, Mietkosten, Gehälter, Genussscheine oder fällige Zinsen zu bedienen. Wie schlecht es um die Signa Holding tatsächlich steht, konnte man zuletzt am Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2022 ablesen. Dort musste die Signa Holding GmbH laut „News“ einen Bilanzverlust von einer halben Milliarde Euro verbuchen. Der Jahresabschluss ist noch nicht im Firmenbuch hinterlegt.
Die Pleite trifft auch eine Reihe prominenter Investoren: etwa Hans Peter Haselsteiner, der mit seiner Haselsteiner-Familienprivatstiftung 15 Prozent an der Signa Holding hält, den Schweizer Unternehmer Ernst Tanner, Fressnapf-Gründer Torsten Toeller und nicht zuletzt René Benko selbst, der über seine Familienstiftung an der Holding beteiligt ist.
Wie es nun weitergeht
Welcher Dominostein im Signa-Imperium als nächstes kippen könnte, ist indes noch unklar. Die Signa besteht aus an die 1000 Gesellschaften, von denen allerdings nur 400 eindeutig Österreich zugeordnet werden können, also ihre Firmensitz hier haben. Wie ein Damoklesschwert hängt eine 200 Millionen Euro schwere Anleihe über der Signa Prime Selection AG, die demnächst fällig wird. Falls die Anleihe nicht bedient werden kann, könnte das auch die Signa Prime Selection in Schwierigkeiten bringen. Neben dieser Anleihe muss allein die Signa Prime Selection laut Bilanz heuer Kredite in der Höhe von 1,346 Milliarden Euro zurückzahlen.
Dass es auch hier Liquiditätsschwierigkeiten gibt, darauf deuten eine Reihe von Baustopps – etwa beim Elbtower im Hamburg – hin. Und auch auf der Baustelle des LaMarr-Kaufhauses in Wien war es zuletzt trotz des warmen Wetters ungewöhnlich ruhig. (Laut Baufirma Habau soll der Rohbau bereits zu 99 Prozent fertiggestellt sein. Ende Oktober dementierte man allfällige Probleme.)
Um das Eigenkapital zu stützen, mussten die Eigentümer der Signa Prime erst vergangenes Jahr 750 Millionen Euro zuschießen. Außerdem hat sich die Gruppe zuletzt von einer Reihe prestigeträchtiger und eigentlich gut bewerteter Immobilien getrennt, etwa vom Apple-Haus in Wien oder von den Liegenschaften der mittlerweile insolventen kika/Leiner-Möbelkette.
Zuletzt soll Benko selbst sogar Teile seiner Kunstsammlung und die Luxusyacht „Roma“ zum Verkauf angeboten haben – letztere um 62 Millionen Euro, wie zahlreiche Medien berichteten. All das dürfte allem Anschein nach aber nicht ausgereicht haben, um die Zahlungsfähigkeit sämtlicher Teile der Gruppe zu gewährleisten.
Hinzu kommt, dass die Kreditwürdigkeit der Signa in den vergangenen Monaten massiv eingebrochen sein soll, wie es aus Bankenkreisen und aus dem Management-Umfeld heißt. Ab jenem Zeitpunkt, zu dem bekannt wurde, dass die Europäische Zentralbank (EZB) das Signa-Exposure, also die Signa-Kredite, der europäischen Großbanken prüfe, habe die Gruppe keine Bankkredite mehr bekommen.
Zunehmende interne Grabenkämpfe zwischen den Investoren, das Tauziehen um die Zukunft der Unternehmensgruppe und mangelnde Transparenz im sehr weit verzweigten Firmengeflecht der Signa hätten zudem potenzielle Investoren abgeschreckt.
Was das alles für die rund 150 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Gehalts- und Sozialversicherungsforderungen bedeutet, die in der Signa Holding beschäftigt sind, ist noch unklar. Voranmeldungen beim AMS gab es noch keine. In solchen Fällen übernimmt üblicherweise der Insolvenzentgeltfonds, der sich aus Arbeitgeberbeiträgen speist, offene Lohnforderungen.
Von Seiten der Signa hieß es zur Insolvenz laut Aussendung: "Trotz erheblicher Bemühungen in den letzten Wochen konnte die erforderliche Liquidität für eine außergerichtliche Restrukturierung nicht in ausreichendem Maße sichergestellt werden." Man wolle gemeinsam mit dem Sanierungsverwalter das Unternehmen neu ausrichten und strebe einen Sanierungsplan an.
Hinweis: Dieser Artikel wurde um die Stellungnahme von Signa erweitert.
Marina Delcheva
leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".
Stefan Melichar
ist Chefreporter bei profil. Der Investigativ- und Wirtschaftsjournalist ist Mitglied beim International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ).
Anna Thalhammer
ist seit März 2023 Chefredakteurin des profil. Davor war sie Chefreporterin bei der Tageszeitung „Die Presse“.