Die serbische Alta Pay Group des Geschäftsmanns Davor Macura ist mit 9,63 Prozent Aktionärin der heimischen Addiko-Bank und verfügt noch über zusätzliche Optionen für weitere 19 Prozent. profil berichtete über den Fall ausführlich. Addiko ist mit einer Bilanzsumme von sechs Milliarden Euro so groß, dass sie direkt von der EZB beaufsichtigt wird.
Anfang August hat die EZB aber die Stimmrechte, die mit dem Aktienanteil von Alta Pay einhergehen und zudem die Stimmrechte von Diplomat Pay, einem anderen serbischen Unternehmen, das 9,99 Prozent an der Addiko hält, „ruhend gestellt“. Also quasi eingefroren. Die Begründung: Beide Unternehmen sollen gemeinsam eine qualifizierte Beteiligung von 19,62 Prozent erworben und es unterlassen haben, dies ordnungsgemäß der Finanzmarktaufsicht (FMA) zu melden. Wie profil aus involvierten Kreisen erfuhr, soll die Bankenaufsicht unter anderem prüfen, ob Alta Pay und Diplomat Pay – beides serbische Unternehmen – zusammenhängen.
Ruhe vor und nach dem Sturm
Macura, der in Serbien als wirtschaftlich und politisch bestens vernetzt gilt, soll seinerseits nicht mit so viel Widerstand seitens der Behörden gerechnet haben. Und jetzt erwägt er offenbar auch rechtliche Schritte. Wie profil aus dem Umfeld von Macura erfuhr, sollen seine Anwälte schon rechtliche Optionen prüfen, um gegen die behördlich angeordneten Einschränkungen vorzugehen. Auf Nachfrage wollte Macura sein weiteres Vorgehen nicht öffentlich kommentieren. Ebenso die EZB: „Wir können das nicht kommentieren“, sagt eine Sprecherin.
Szenenwechsel: Herbert Juranek ist Vorstand der Addiko Bank und empfängt profil in der Firmenzentrale im Business-Park am Wiener Hauptbahnhof. In den vergangenen Monaten hielt auch er sich mit Kommentaren zurück. Jetzt hat er aber doch Redebedarf und ist darum bemüht, wieder etwas Ruhe in die turbulente Debatte zu bringen. „Ich bin überzeugt davon, dass unsere Bank auch eigenständig sehr erfolgreich sein wird. Im ersten Halbjahr haben wir um 31 Prozent mehr Gewinn gemacht, trotz der zusätzlichen Belastungen“, sagt Juranek zu profil.
Anteile nicht verkauft
Mit zusätzlichen Belastungen meint er nicht nur außerordentliche Ausgaben, die sich auch in der Halbjahresbilanz niedergeschlagen haben. Sondern vermutlich auch die Vorkommnisse rund um den Erwerb von Addiko-Aktien, die in der heimischen und der Wirtschaftspresse am Balkan für Schlagzeilen sorgen. Gleich drei Banken wollten zuletzt Anteile an der Addiko erwerben – zwei serbische und eine slowenische. „Wir sind überzeugt, dass wir ein attraktives Angebot sind. Wir führen natürlich mit allen Aktionären konstruktive Gespräche“, sagt Vorstand Juranek.
Im März hat die Agri Europe Bankgruppe des serbischen Unternehmers Miodrag Kostic ein Übernahmeangebot für 30 Prozent an Addiko abgeben, um knapp mehr als 16 Euro je Aktie. Agri Europe, die zur Agri Holding in Zypern gehört, hält derzeit 9,9 Prozent an Addiko. Das Übernahmeangebot scheiterte.
Die slowenische Nova Ljubljanska Banka (NLB) wollte 75 Prozent der Addiko-Aktien übernehmen und bot den Aktionären und Aktionärinnen zuletzt 22 Euro je Aktie. Damit wäre sie Mehrheitseigentümerin der heimischen Balkan-Bank geworden und hätte dementsprechend auch operativ das Sagen im Konzern. Bis Mitte August lief das Angebot, doch auch die NLB scheiterte letzten Endes und konnte gerade einmal 36,39 Prozent der Aktien einsammeln.
Nicht zuletzt deshalb, weil Macura seine Anteile nicht an die NLB verkaufen wollte. Das hätte er nämlich bis zum Auslaufen des Übernahmeangebots durchaus tun können, auch wenn sie schon von der Aufsicht ruhend gestellt waren. Vor Monaten sagte er gegenüber einigen Medien: „Ich werde nicht verkaufen.“ Das gilt offenbar weiterhin.
Macuras Alta Pay besitzt schon 9,63 Prozent der Addiko. Außerdem hat sie Optionen für weitere 19 Prozent an der Bank erworben und den Aktionären als sogenanntes Optionsgeld gleich den vollen, damals aktuellen Aktienkurs ausbezahlt. Das ist insofern ungewöhnlich, als Alta Pay über diese Aktien erst dann verfügen kann, wenn die Finanzmarktaufsicht ihre Genehmigung für die Übernahme erteilt hat. Laut dem Aktienrecht müssen Beteiligungen ab zehn Prozent den Behörden gemeldet und von diesen dann genehmigt werden. Die Behörde muss in solchen Fällen prüfen, aus welchen Quellen das Geld für den Aktienkauf kommt, ob der Eigentümer geeignet und liquide ist, und Ähnliches.
Alta Pay hat aber im Juli überraschend ihren Antrag auf Nichtuntersagung des Erwerbs einer Beteiligung von mehr als zehn Prozent – wie das im Fachjargon heißt – bei der FMA zurückgezogen. Tatsächlich hat die Aufsicht, wie bereits berichtet, wenig Freude mit den Bietern aus Serbien und hätte es wohl am liebsten gesehen, wenn sich die slowenische NLB im Bieterrennen durchsetzt. Sie wird selbst von der EZB beaufsichtigt, und Slowenien ist ein EU-Land. Serbien nicht, es beteiligt sich auch nicht an Sanktionen gegen Russland, und serbische Banken können weiterhin ungehindert Transaktionen mit russischen Finanzinstituten durchführen. Das macht die Aufsicht und die Sanktionskontrolle, gelinde gesagt, schwierig.
Im Vorfeld hatte sich Vorstand Juranek jedenfalls für die Annahme des Übernahmeangebots der NLB ausgesprochen und auch seine Vorstandsanteile an die NLB verkauft. Dass daraus nichts geworden ist, kommentiert er so: „Wir haben das Ergebnis zur Kenntnis genommen und machen weiter wie bisher.“ Demnächst steht der Eintritt in den rumänischen Markt bevor. Es bleibt aber auch dort die Frage, wem die Bank dann eigentlich gehört.