Wo bist du? Wann kommst du ins Zentrum des Universums, Mar-a-Lago? Bill Gates hat darum gebeten, heute Abend zu kommen. Wir vermissen dich. Silvester wird SUPER!“ So lautete eine Nachricht Ende Dezember, die Donald Trump an den reichsten Mann der Welt Elon Musk schickte und die „versehentlich“ auf der Plattform „Truth Social“ landete.
Bill who? – wird man sich fragen. Der Typ, der Trumps abstruse Corona- und Klima-Verharmlosungen einst als Bedrohung für die Menschheit eingestuft hatte? Der Philanthrop, dessen Unternehmen Microsoft auf Platz 2 der großzügigsten Kampagnenunterstützer für das Duo Joe Biden und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris im vergangenen Wahlkampf rangierte? Ja, genau der. Gates war zwar nicht bei der Vereidigung Trumps am 20. Jänner in der Rotunde des Kapitols (aber er schwärmte in einem TV-Interview von einem dreistündigen Abendessen mit Trump, das ihn „ziemlich beeindruckt“ zurückgelassen hatte).
Tatsächlich stellt diese digitale Machtkonzentration, deren Protagonisten aus Opportunismus handeln und die Trump nach seinem Gutdünken dirigieren kann, eine ernsthafte Bedrohung für die Werte einer Demokratie dar. Vielfach wird in Medien von einer beginnenden Oligarchie unter Tech-Milliardären und CEOs der wichtigsten Kommunikationskonzerne geschrieben. Und von einer Regierung, die im Begriff ist, eine radikale und bislang noch nie da gewesene Kehrtwende in der politischen Kultur einzuläuten, indem sie zu einem Bauchladen verkommt.
265 Millionen Dollar von Musk
Den Spitzenplatz zugunsten der demokratischen Kandidaten für den Wahlkampf belegte übrigens Google mit fast 5,5 Millionen Dollar, Apple firmierte auf dem 4. Rang mit 2,5 Millionen Dollar. Solche Summen erscheinen harmlos, wenn man die geschätzten 265 Millionen Dollar, die der Tesla-Begründer, Mars-Eroberer und reichster Mann der Welt Elon Musk für die erneute Inthronisierung von Donald Trump in oftmals schwer zu durchschauende Kanäle (das läuft dann unter „donation to Trump groups“) gebuttert hatte, in Betracht zieht.
Der an psychopathologischem Verhalten seinem Kumpel Trump durchaus ebenbürtige Musk brüskierte die Weltöffentlichkeit, indem er vor der johlenden Trump-Meute am Tag der Angelobung in einer Arena in Washington mit dem ausgestreckten Arm zackig „siegheilte“ (wie „The Atlantic“ schrieb) und sich dann mit den Worten „Ich danke euch, dass ihr das möglich gemacht habt“ auf die Brust klopfte. Fast bekam man den Eindruck, dass Musk sich selbst für den siegreichen Präsidenten hielt. Musk, der auf X, vormals Twitter, von Neo-Nazi-Bewegungen für diese Hitler-affine Geste viel Applaus bekam, blieb trotz der weltweiten Bestürzung nach diesem Auftritt schweigsam. Dass Impulskontrolle nicht seine Stärke ist, zeigte er ja schon mehrfach bei der Trump-Rally, wo er manchmal wie ein an ADHS leidendes Kleinkind neben dem Podium, an dem Trump monologisierte, auf und ab gehüpft war.
Oppurtunistische Tech-Oligarchie
In jedem Fall zählte er unter den versammelten Tech-Milliardären und CEOs der mächtigsten Kommunikationskonzerne, die sich in der Rotunde wie Schulbuben (Frauen kamen vorrangig als Plus-One vor) zum Klassenfoto aufgestellt hatten, zu den wenigen, die keine ideologische 180-Grad-Wendung absolviert hatten. Mit einer kleinen Einschränkung: Als die Altersdebatte 2022 bei beiden Kandidaten eskaliert war und Trump noch nicht auf der Siegerstraße tobte, riet Musk ihm öffentlich „doch endlich in den Sonnenuntergang zu segeln“, was einer Aufforderung, das Feld zu räumen, gleichkam. Doch es gilt der legendäre Sager von Konrad Adenauer: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“
Mark Zuckerberg (Meta), Jeff Bezos (Amazon), Sundar Pichai (Google), Elon Musk (Tesla, X).
Eine Billion Vermögen in der Rotunde
Mark Zuckerberg (Meta), Jeff Bezos (Amazon), Sundar Pichai (Google), Elon Musk (Tesla, X).
Neben Apple-Chef Tim Cook, Googles Sundar Pichai sowie TikTok-Boss Shou Zi Chew (die Plattform fiel nach Trumps Bannfluch wieder in Gnade, gesetzt den Fall, dass US-Kapital investiert wird, Musk wird als möglicher Käufer genannt) standen an der Seite des Milliardärs zwei der reichsten Männer der Welt: Amazon-Gründer Jeff Bezos (Vermögen: 237,5 Milliarden Dollar) mit seiner Verlobten Laurèn Sanchez und Meta-Boss Mark Zuckerberg (207,4 Milliarden) mit seiner Frau Priscilla Chan.
Plötzlich kuschelig
„In meiner ersten Amtszeit haben die alle gegen mich gekämpft“, hatte Trump bei einer Pressekonferenz Mitte Dezember geprahlt, „jetzt stellen sie sich alle bei mir an.“
Bezos lief bei Trump früher unter „dieser Woke-Milliardär“ und bekam Schimpfkanonaden wegen zu geringer Steuerzahlungen bei Amazon; Bezos selbst klassifizierte Trump als „Bedrohung der Demokratie.“ Jetzt herrscht Kuscheligkeit zwischen dem Besitzer der „Washington Post“ (vor allem, seitdem er eine Wahlempfehlung für Kamala Harris aus dem Blatt entfernen ließ) und „dem weit milderen und besonneneren Präsidenten“ (Bezos über Trump). Zuckerberg, der sogar bei dem martialische Männlichkeit predigenden Podcaster Joe Rogan zu Gast war, um sein Image vom Hoodie tragenden Nerd dem neuen Zeitgeist anzupassen, lieferte seinem Präsidenten die Morgengabe, die Zensur-Filter bei Meta aufzuheben und wieder mehr auf die totale und ungefilterte „Redefreiheit“ zu setzen.
Elon Musk spendete 265 Millionen Dollar für Donald Trump.
Plötzlich Buddies
Elon Musk spendete 265 Millionen Dollar für Donald Trump.
Künstliche Intelligenz als Hauptthema
Der Deal zwischen Trump und seiner toxischen Boyband lautet: „Donations“ und Infiltrierung aller Kommunikationskanäle mit der rechtspopulistischen Trump-Ideologie und freie Fahrt für den Kapitalismus gegen unternehmerfreundliche Gesetze, keine oder kaum Restriktionen und ein paar prestigeträchtige Jobs in der Administration. Elon Musk wird sich mit einer 20-köpfigem Crew (vermutlich) im West Wing dem „Department of Government Efficiency“ widmen, das den Kampf gegen „Verschwendung und Betrug“ aufnimmt und Milliarden durch Jobabbau in der öffentlichen Verwaltung einsparen will.
Wichtigste Baustelle der Tech-Elite ist der zukünftige politische Umgang mit künstlicher Intelligenz. Der neue US-Präsident kippte bereits mit seinem ersten Erlass Leitlinien für die Entwicklung von KI, die Joe Biden im Herbst 2023 aufgestellt hatte. Diese Leitlinien verpflichteten die Unternehmen über die Risiken der künstlichen Intelligenz zu berichten, beispielsweise ob mit ihrer Hilfe, Terroristen Waffen entwickeln könnten.
Eine erste Ankündigung folgte schon. Der ChatGPT-Entwickler OpenAI und große Technologiepartner wollen 500 Milliarden Dollar in künstliche Intelligenz investieren. Zunächst sollen 100 Milliarden Dollar in das Gemeinschaftsunternehmen mit dem Namen Stargate investiert werden.
Der amerikanische Disney-Konzern galt jahrelang als einer der Vorkämpfer für Diversität. Neben Disney haben auch andere große Unternehmen damit begonnen, sich von ihrer „woken“ Personalpolitik und Unternehmenskultur zu verabschieden. Darunter McDonald’s, Ford, Toyota, Harley-Davidson und Boeing. Und auch der größte Arbeitgeber der USA, der Einzelhandelsriese Walmart, beginnt – auf Druck von rechts – seine Diversitätskriterien zurückzuschrauben. Meta beendete vor wenigen Tagen seine Diversitäts-programme, ein weiteres Geschenk von Herrn Zuckerberg an den neuen Machthaber.
Als eines von wenigen Unternehmen setzt sich der Apple-Konzern noch öffentlich für seine Diversitäts-standards ein. Gerade hat Apple seine Aktionäre aufgefordert, einen Vorstoß zur Abschaffung von diesen Richtlinien abzulehnen. Die Apple-Aktionäre wollen demnächst über den Vorschlag abstimmen. „Ein neuer Sheriff ist in der Stadt“, schrieb ein „Atlantic“-Kolumnist. Und er macht sich die Stadt, wie sie ihm gefällt.