Wirtschaft

VAMED-Betriebsrat Steer: „Am liebsten wäre mir eine Holdinglösung“

Der Verkauf der VAMED-Rehakliniken an das französische Unternehmen PAI ist abgeschlossen, sieben Standorte wurden aber anders als geplant nicht verkauft. Über diese Standorte, darunter auch das renommierte Anton-Proksch-Institut, hat profil mit dem VAMED-Zentralbetriebsrat Harald Steer gesprochen.

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Seit Monaten wird um die heimischen VAMED-Reha-Kliniken verhandelt und gefeilscht. Weil der operative Verlust im Vorjahr rund 16 Millionen Euro betrug, hat sich der deutsche Mutterkonzern Fresenius für den Verkauf der 21 Reha-Kliniken in Österreich entschieden. Der Deal mit dem französischen Private-Equity-Unternehmen PAI galt als fix, vor kurzem wurde jedoch bekannt, dass nur 14 Standorte tatsächlich verkauft wurden. Sieben Reha-Kliniken vorerst nicht, denn an diesen ist die öffentliche Hand beteiligt, darunter das Anton-Proksch-Institut in Wien und das Kinder-Rehazentrum Leuwaldhof in St.Veit/Pongau.

Die Betriebsräte und Gewerkschaften haben sich mehrfach gegen den Verkauf ausgesprochen, sie befürchten einen Weiterverkauf in absehbarer Zeit, unter der letztendlich die Qualität der Versorgung leiden würde. Sie versuchen jetzt, den Verkauf der verbleibenden sieben Standorte zu verhindern oder langfristige Lösungen mit der öffentlichen Hand zu finden. profil hat mit dem VAMED-Zentralbetriebsrat Harald Steer darüber gesprochen, wie es um den Verkauf der sieben Rehakliniken steht und was sich hinter den Kulissen des filetierten Konzerns abspielt.

Herr Steer, Sie haben sich in der Vergangenheit mehrfach gegen den Verkauf dieser Rehakliniken ausgesprochen. Warum?

Harald Steer

Also ganz ehrlich, ich war schon 2013 als das Anton-Proksch-Institut privatisiert wurde, nicht glücklich. Damals waren Public-Private-Partnerships in allen Parteien modern. Man gibt ein bisschen ein Geld, ist aber nicht wirklich verantwortlich dafür. Im Endeffekt hat sich herausgestellt, dass bei diesen Konstrukten meistens privat gewinnt, die öffentliche Hand hingegen bezahlt und weniger Mitsprache hat.

Abseits davon befürchten Sie aber vor allem, dass sich durch den Verkauf, die Versorgungsqualität in den Rehakliniken verschlechtern würde.

Steer

Ja, aber das hängt wiederum mit ersterem zusammen: Steuer- und Sozialversicherungsgelder, die in Österreich erwirtschaftet und eingezahlt werden, sollen meiner Meinung nach in Österreich bleiben und nicht irgendwo in Steueroasen verschwinden. Das Geld, das dorthin fließt und dann den Gewinn der Shareholder darstellt, ist besser bei den Patientinnen aufgehoben und bei den Mitarbeiterinnen.

Sprechen wir über die Rehakliniken, die nicht verkauft wurden. Warum nicht? Und wie geht es weiter mit den sieben Standorten?

Steer

Letzte Woche wurde noch kommuniziert, es werden alle Einrichtungen verkauft, es gibt nur ein ganzes Paket oder gar keines. Ich bin aber mit mehreren Häusern in Verbindung gewesen, wo es sozusagen ein Vorkaufsrecht (Anm: die öffentliche Hand könnte, weil sie direkt oder indirekt beteiligt ist, Rehakliniken zum selben Preis erwerben, bevor der Verkäufer es an einen Dritten verkauft) gibt, wie beim Anton-Proksch-Institut in Wien. Ich habe dort rückgefragt, ob der notwendige Notariatsakt für den Verkauf bereits unterzeichnet wurde. Das hat man mir verneint, so war für mich klar, der Verkauf ist nicht passiert ist. Das Problem ist aber, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtungen zum Teil nicht wissen, ob ihre Klinik bei denen ist, die bereits verkauft wurden oder nicht. Das macht es natürlich relativ schwierig und unklar.

Zukunft des Anton-Proksch-Instituts ungeklärt

Der VAMED-Zentralbetriebsrat Harald Steer (im Bild) appelliert an die Verantwortlichen, sich um eine gemeinwohlorientierte Lösung für das Wiener Anton-Proksch-Institut und die anderen sechs nicht verkauften Rehakliniken zu bemühen.

Sie haben das Anton-Proksch-Institut schon angesprochen. Hier könnte die Stadt Wien, die über eine Stiftung an der Suchtklinik beteiligt ist, zuschlagen. Laufen solche Gespräche?

Steer

Ich bin wahrscheinlich nicht der beliebteste Mensch bei der Wiener Stadtregierung, würde ich jetzt einmal sagen. Weil ich den Leuten ziemlich auf die Nerven gehe mit dem Thema. Anfangs haben sie noch zu mir gesagt, dass die VAMED jahrzehntelang ein guter Partner war und die PAI „werden das schon weitermachen“. Als ich ihnen gesagt habe, dass die selbst es in vier Jahren weiterverkaufen wollen, kam ein bisschen Druck auf. Ein Problem ist natürlich auch diese komplizierte Stiftungskonstruktion, in der auch die Gewerkschaft, die Arbeiterkammer, der Hauptverband, das Ministerium und viele weitere drinnen sitzen. Aber natürlich ist der mächtigste Player die Stadt Wien, sie könnte sich um eine gemeinwohlorientierte Lösung bemühen.

Und sollte die Stadt Wien von diesem mittelbaren Vorkaufsrecht Gebrauch machen und das Anton-Proksch-Institut herauskaufen?

Steer

Vorweg – weil mir das immer unterstellt wird –, ich möchte nicht, dass wir hier zum WIGEV (Anm: Im Wiener Gesundheitsverbund befinden sich Krankenhäuser, Pflegeheime und Ausbildungsstätten der Stadt Wien) kommen, überhaupt nicht. Das möchte ich nicht, weil das ist eine zu große Konstruktion für eine kleine Einrichtung wie das Anton-Proksch-Institut ist. Am liebsten wäre mir eine Holdinglösung mit anderen ausgelagerten Betrieben.

Sprechen wir über die anderen Rehakliniken, die bisher nicht verkauft wurden. Wissen Sie diesbezüglich mehr, laufen hier Gespräche im Hintergrund?

Steer

Ja, bei einigen laufen die Gespräche, bei anderen sind wir auf der Suche nach einem Termin. Ich war ja richtig überrascht, dass Oberösterreich einen Kauf der Kliniken Enns und Gmundnerberg prüft und auch, dass in Niederösterreich der Verkauf (Anm: das Psychosomatische Zentrum Eggenburg und die Rehabilitationsklinik Gars am Kamp) nicht gleich unterschrieben wurde. Bei den anderen Häusern war relativ schnell klar, dass es nicht so einfach gehen wird. Vor allem beim Neurologischen Therapiezentrum Kapfenberg, das ist die beste Neuro-Klinik in Österreich.

Wo sich die Stadt Kapfenberg interessiert an einem Kauf gezeigt hat.

Steer

Ja, mein Infostand ist, dass sie ernsthaft darüber nachdenken und Berechnungen anstellen.

Wie steht es um die Kliniken Enns und Gmundnerberg in Oberösterreich?

Steer

Wir bemühen uns hier um einen gemeinsamen Termin mit den politischen Entscheidern. Wir haben diese Woche Konzernbetriebsratssitzungen gehabt, wir haben Arbeitsgruppen aus diesen Häusern gehabt, wo Betroffene drinnen sind, die jetzt nicht wissen, wie es weitergeht. Die hätten furchtbar gerne einen Termin mit den Entscheidungsträgern, um zu wissen, wie es weitergeht.

Offen ist auch noch, wie es mit der Kinder-Onkologie in St. Veith im Pongau weitergeht.

Steer

Genau. In Salzburg ist ja bereits bekannt, dass die Klinik in Oberndorf in einer neuen Gesundheits-Holdinggesellschaft des Landes gemeinsam mit dem Tauernklinikum Zell am See-Mittersill aufgehen soll. Für mich als Vertreter der Belegschaft stellt sich da die Frage, wieso da nicht auch die Reha in St.Veit dazukommt? Die würde da auch bestens dazu passen, weil die auch für die öffentliche Hand eine Spitzenleistung vollbringen. Dort werden ganze Familien aufgenommen und therapiert. Und die ÖGK zahlt dort ohnehin den höchsten Tagsatz, den es überhaupt gibt. Das sind unsere Gelder, die wir einzahlen. Da verstehe ich nicht, wieso ein gewisser Prozentsatz davon irgendwo auf die Cayman Islands oder sonst wo hingehen soll.

Ich bin für Privatwirtschaft in privaten Bereichen. Und wenn jemand eine private Versicherung hat, dann soll er in ein Privatkrankenhaus gehen. Es gibt aber auch Leute, die es sich überhaupt nicht aussuchen können, so wie Kinder, Suchtkranke oder psychisch kranke Personen.

Harald Steer, VAMED-Zentralbetriebsrat

Wie geht es jetzt weiter und wie schaut Ihr Fahrplan für die kommenden Wochen aus? Wann wird absehbar sein, wie es mit diesen sieben Kliniken weitergeht?

Steer

Da werde ich mir jetzt aufs Glatteis begeben, was ich alles so hinter den Kulissen schon ein bisschen erfahren habe. Aber ich merke, dass das Interesse durchaus größer wird. In letzter Zeit ist es dann doch so, wenn ich wo anrufe, dass ein Rückruf kommt bei manchen. Und dann reden wir mal miteinander und dann wird halt inoffiziell miteinander gesprochen.

Wie viel wird eigentlich noch im Konzern, nämlich mit Ihrem Management gesprochen? In der Vergangenheit hat es hier ja ordentlich gerumpelt, gibt es da noch Gesprächskanäle?

Steer

Das Gesprächsverhältnis ist kein gutes, denn als ich letzte Woche im Sinne der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfragen wollte, wie es nun weitergeht, hat man mir der Vorstand der jetzigen PAI, wo die meisten Unternehmen hingewandert sind, geschrieben, dass er mit mir nicht mehr gesprächsberechtigt ist. Die haben halt das Gefühl, zumindest sagen sie es überall, dass dieser Verkauf das Beste ist, was uns passieren könnte.

Was Sie bekannterweise anders sehen.

Steer

Ich bin kein Kommunist, wie mir manche unterstellen. Ich bin für Privatwirtschaft in privaten Bereichen. Und wenn jemand eine private Versicherung hat, dann soll er in ein Privatkrankenhaus gehen. Es gibt aber auch Leute, die es sich überhaupt nicht aussuchen können, so wie Kinder oder Suchtkranke, psychisch Kranke in den meisten Fällen und dann soll das meiner Meinung nach in den Händen von Entscheidungsträgern sein, die auch langfristig in Österreich investieren wollen.

Julian Kern

Julian Kern

ist seit März 2024 im Online-Ressort bei profil und Teil des faktiv-Teams. War zuvor im Wirtschaftsressort der „Wiener Zeitung“.