Vermögenssteuer: Was würde sie heute einbringen?
In Österreich steigt die Ungleichheit, so auch die Staatsausgaben, die Inflationsrate und die Übergewinne einiger weniger Unternehmen. Diese Gemengelage heizt die Diskussion um eine mögliche Vermögenssteuer an. SPÖ, ÖGB und auch Vizekanzler Werner Kogler von den Grünen sprechen sich dafür aus, ÖVP, NEOS und FPÖ dagegen. Was sagen die Zahlen? profil hat einen Blick darauf geworfen.
1. WAS IST EINE VERMÖGENSSTEUER?
Eine jährliche Steuer auf das Nettovermögen. Dazu zählen Häuser, Gründe, Wohnungen, Betriebe und jegliches Finanzvermögen-minus Schulden. Es gibt bei den meisten Modellen einen Freibetrag von etwa einer Million Euro, damit nur hohe Vermögen besteuert werden. Konkret wären das dann die reichsten drei bis vier Prozent der heimischen Haushalte.
In Österreich gab es bereits einmal eine Vermögenssteuer, aber sie wurde 1993 unter SPÖ-Finanzminister Ferdinand Lacina abgeschafft. Sie brachte damals umgerechnet 612 Millionen Euro pro Jahr ein. Der Steuersatz lag bei einem Prozent, aber galt bereits ab umgerechnet 10.900 Euro. Damals wurden nicht nur Menschen, sondern auch Betriebe an sich besteuert, die für den Großteil des Steueraufkommens sorgten. In Europa haben einige Staaten diese Steuer in den letzten 30 Jahren abgeschafft. Derzeit gibt es sie - in unterschiedlichen Formen - in Spanien, Norwegen und der Schweiz.
Das erste Modell setzt bei einer Million Euro mit einem Steuersatz von einem Prozent an. Die Steuer würde rund 3,8 Milliarden Euro einbringen, erklärt einer der Studienautoren, Jakob Kapeller von der Johannes-Kepler-Universität in Linz. Bei dieser Schätzung wird bereits Steuervermeidung miteinberechnet. "Die Vermögensverteilung ändert dieses Modell aber grundsätzlich nicht, da die Kapitalertragsrate höher ist als die der Abgaben", sagt Kapeller. Anders beim zweiten Modell, hier würde aktiv umverteilt werden. Der Steuersatz steigt parallel zum Vermögen und sollte insgesamt 8,8 Milliarden Euro einbringen.
Der Freibetrag wäre hier um einiges höher als bei der in den 1990er-Jahren abgeschafften Steuer, und Betriebe würden nicht als Steuersubjekte an sich gelten. Die Idee dahinter ist, dass nicht der Mittelstand besteuert wird, zahlen müssten nur die Reichsten des Landes. Es wäre aber auch administrativ einfacher.
Im Finanzministerium beschäftigte sich zum letzten Mal im Jahr 2014 eine Kommission ausführlich mit dem Thema. Damals setzten sich Experten, die von SPÖ und ÖVP nominiert wurden und im Bericht auch so genannt werden, mit dem Thema auseinander. Die sogenannten SPÖ-Experten schlugen ein gestaffeltes Modell vor und rechneten mit einem Aufkommen von etwa 1,5 Milliarden Euro pro Jahr.
Doch was bedeutet eine Vermögenssteuer für Unternehmerinnen und Unternehmer?
Und wie könnte sie dort berechnet werden? Bei Einzelunternehmen und Beteiligungen an Personengesellschaften könnte ein theoretischer Verkaufspreis (Teilwert) ermittelt werden. In Österreich wären davon aber weniger als fünf Prozent der Klein-und Mittelbetriebe betroffen, alle anderen haben kein Eigenkapital von mehr als einer Million Euro, heißt es von der KMU-Forschung.
Auch Kapitalgesellschaften wären im Gegensatz zu früher nicht mehr als Unternehmen von der Steuer betroffen, ihre Anteilseigner könnten allerdings besteuert werden.
Und für Immobilien?
Kompliziert wird es hier bei Häusern, deren Wert stark gestiegen ist, wo die Besitzer aber (abgesehen vom Haus natürlich) nicht so wohlhabend sind. In Studien werden diese Menschen "reich an Gütern, arm an Bargeld" (asset rich, cash poor) genannt. In Härtefällen kann da die Abgabe gestundet werden, bis das Haus verkauft wird, schlägt die Arbeiterkammer vor.
Was kostet das Einheben?
Am einfachsten wäre es, vorausgefüllte Erfassungsbögen zu verschicken und die Antworten stichprobenartig zu kontrollierten, heißt es von Kapeller. In einer Studie der Arbeiterkammer werden die Kosten des Einhebens der Abgabe auf etwa zehn bis 15 Prozent des Steueraufkommens geschätzt. Im Vergleich dazu: Bei der Lohnsteuer sind es fünf bis zehn Prozent.
2. WAS IST EINE ERBSCHAFTS- UND SCHENKUNGSSTEUER?
Im Gegensatz zur Vermögenssteuer im engeren Sinn wird sie nicht jährlich fällig, sondern nur, wenn jemand stirbt und etwas vererbt; oder wertvolle Güter und hohe Beträge zu Lebzeiten schenkt (wie ein vorgezogenes Erbe). Seit dem Jahr 2008 gibt es eine solche in Österreich nicht mehr, bei vererbten Immobilien fällt eine Grunderwerbssteuer an.
Die meisten Modelle fangen bei einer Million Euro an. Steuerpflichtig sind etwa Betriebsvermögen, Immobilien, landwirtschaftliche Flächen, Bargeld, Aktien und Antiquitäten. Die Steuersätze sind bei Erbschaftssteuern meist um einiges höher, da sie nicht jährlich eingehoben werden, sondern im Schnitt alle 30 Jahre.
Im konkreten Vorschlag der Experten des Steuerreformberichts rechnen sie bei einem Steuersatz von 25 bis 35 Prozent mit einem Aufkommen von 500 Millionen Euro pro Jahr. Stiftungen wären in diesem Fall ausgenommen, sie würden alle 30 Jahre durch eine Art Ersatzerbschaftssteuer besteuert werden.
In den kommenden Jahren wird die Zahl der Millionenerbschaften steigen. Ein Grund dafür ist: Durch die niedrigen Fertilitätsraten der letzten Jahrzehnte wird das Erbe unter weniger Nachkommen aufgeteilt. Das heißt pro Erbe wird ein größerer Teil anfallen, der eher steuerpflichtig ist.
3. UNGLEICHHEIT
Ausgangslage: In Österreich sind Einkommen im EU-weiten Vergleich relativ gleich verteilt. Bei den Vermögen ist das aber anders. Hier liegt der Gini-Koeffizient, der Ungleichheit beschreibt, bei 0,73. Je näher die Zahl bei 0, desto gleicher, je näher er bei 1 ist, desto ungleicher ist eine Gesellschaft. Insgesamt würden 78 Prozent der Menschen in Österreich eine Vermögenssteuer befürworten, ergab das Sozialbarometer der Volkshilfe. Bei Arbeiterinnen und Arbeitern sind es 86 Prozent.