Von Hochwasser bis Energiewende: CEOs und ihre Momente des Jahres
Mit Kriegen, Krisen und Naturkatastrophen hatte es 2024 in sich. Wie haben Mangerinnen und Manger wichtiger Unternehmen und Kulturinstitutionen das Jahr erlebt, welche Stunden werden bei ihnen nachwirken? Für die große Jahresrückblicksausgabe – das XXL-profil – gaben 16 Entscheidungsträger Einblicke in ihre prägendsten Momente.
Johan Frederik Hartle, Rektor der Akademie der bildenden Künste Wien
„Die Bekanntgabe der Haftbefehle durch den Internationalen Strafgerichtshof am 21. November markiert einen der entscheidendsten politischen Momente dieses Jahres. Mit ihm entstand erneut die Hoffnung, dass es im Nahostkonflikt verbindliche Regeln für alle Parteien geben kann und dass vielleicht auch die Aussicht auf Frieden lebendig bleibt. Für den (auch an Kunstuniversitäten) komplexen, allzu oft aus dem Ruder laufenden Diskurs, in dem die Regeln nicht immer klar sind, ist das eine heilsame Perspektive.“
Andreas Matthä, Vorstandsvorsitzender ÖBB
„Im heurigen Jahr traf uns ein besonders schwarzer Freitag: Am 13. September mussten die ÖBB vorsorglich erste Strecken sperren, weil die Wettervorhersagen schlimme Regenfälle und Stürme ankündigten. Es sollte – wie wir alle wissen – ein Jahrhunderthochwasser werden. In meiner beruflichen Funktion waren diese Stunden – das ‚Land unter‘ im Tullnerfeld und als Folge die Sperre der Bahn-Weststrecke – sicher die schwersten. In der Folge aber auch die prägendsten: Ist es doch dem ÖBB-Team gelungen, in Rekordzeit vor Weihnachten die Strecke wiederzueröffnen. Übrigens auch an einem Freitag, den 13., diesmal Dezember.
Viele Stunden in 2024 standen für mich insgesamt unter dem bedrückenden Eindruck, welches Leid der Klimawandel weltweit bringt. Bei uns in Österreich kämpften die Menschen mit überschwemmten Häusern und zerstörtem Hab und Gut. Wenige Wochen später verloren viele Menschen in Spanien, in der Gegend um Valencia, aus demselben Grund schrecklicherweise ihr Leben. Mein Wunsch fürs neue Jahr und die nächsten danach wäre, hier endlich die Reißleine zu ziehen und alles uns Mögliche zu tun, diese Klima-Entwicklungen zu bremsen. Tun wir es für uns selbst.“
Andreas Brandstetter, Vorstandsvorsitzender Uniqa Group
„Die prägendsten Stunden dieses Jahres spielten sich am Wochenende vom 15. September ab. Regen ohne Ende, der Pegel des Kamps in meiner Heimat steigt und steigt. Große Überflutungen wie in vielen anderen Teilen Niederösterreichs, ebenso groß die selbstverständliche Solidarität unter der Bevölkerung und der Einsatz der Feuerwehren. Über Parteigrenzen hinweg. Weil es ums große Ganze geht. Wer zwei Wochen später wen wählen wird, ist nebensächlich. Lernen wir daraus?“
Erwin van Lambaart, Generaldirektor Österreichische Lotterien
„Bei mir war es nicht eine prägende Stunde, sondern es waren mehrere. Die aber galten alle einem Thema, das gar nicht so sehr unser Kerngeschäft, sondern mehr unser soziales Engagement betrifft: der Leistung von Sportler:innen mit Behinderung. Ich hatte das Glück, die Paralympischen Spiele in Paris besuchen und manche Bewerbe live erleben zu dürfen. Es ist schlicht unvorstellbar, was Menschen mit Behinderungen zu leisten imstande sind. Ich war tief beeindruckt und wurde in meiner Meinung bestätigt, dass es besonders wertvoll ist, das Österreichische Paralympische Committee zu unterstützen. Ich bin namens der Österreichischen Lotterien stolz auf diese Kooperation.“
Elisabeth Zauner, Country Managerin von Emirates
„Wir feierten heuer das 20-jährige Jubiläum von Emirates in Österreich. Seit unserem Start 2004 haben wir mit 20.500 Flügen mehr als fünf Millionen Passagiere von und nach Wien befördert und so wesentlich zur globalen Vernetzung Österreichs beigetragen. Dieser Erfolg wäre ohne die engagierte Arbeit unseres Emirates-Teams vor Ort nicht möglich gewesen. Ich freue mich, gemeinsam mit ihnen auf diese prägende Stunde zurückzublicken, und bin stolz auf das, was wir bisher erreicht haben.“
Harald Hauke, Vorstandssprecher ARA
„Die prägendste Stunde 2024 war für mich die Eröffnung unserer – in Österreich größten und modernsten – Kunststoffsortieranlage TriPlast. Die ARA AG hat damit nach zweijähriger Planung und nur zehnmonatiger Bauzeit einen sehr wichtigen weiteren Schritt Richtung Kreislaufwirtschaft gesetzt. Damit versorgen wir die Wirtschaft mit Rohstoffen und leisten gleichzeitig einen Beitrag für aktiven Umwelt- und Klimaschutz.“
Bogdan Roščić, Direktor der Wiener Staatsoper
„Die wichtigste Stunde meines Jahres war am Morgen des 30. September, denn da wurde der Staatsoper ihre neue Spielstätte im Künstlerhaus am Karlsplatz, NEST genannt, fertig übergeben. Inzwischen haben wir sie in Betrieb genommen, und seit 7. Dezember läuft dort volles Programm. Damit gibt es endlich ein Zuhause für all unsere Angebote für Kinder, Jugendliche oder Familien, die wir bisher gar nicht oder nur sehr reduziert anbieten konnten. Und Wien hat ein neues Opernhaus … Wie oft im Leben hat man das Privileg, an so etwas mitarbeiten zu können?“
Hartwig Löger, Ex-Finanzminister, Vorstandsvorsitzender Vienna Insurance Group
„Bleibende Eindrücke hat es wie in jedem Jahr einige gegeben – berufliche wie private. Aber es gibt heuer tatsächlich diese eine Stunde, die sich ganz besonders eingeprägt hat. Und zwar, als ich mit einem Segelflugzeug geflogen bin – eine Premiere für mich. Wir sind über das Mariazeller Land geflogen; meine zweite Heimat, wo meine Familie und ich viel Zeit verbringen. Der Flug hat mich die mir so vertraute Gegend noch mal mit anderen Augen sehen lassen. Besonders groß waren die Emotionen, als ich das Flugzeug eigenständig steuern durfte – eine spannende Mischung aus Aufregung, Fokus und Leichtigkeit. Mein Fazit: Ein Perspektivenwechsel zahlt sich immer aus und erweitert Horizonte – in diesem Fall sogar buchstäblich.“
Hartwig Hufnagl, ASFINAG-Vorstand
„Als Unternehmen, das 24/7 für unsere Kundinnen und Kunden im Dienst ist, wäre es jetzt leicht zu sagen, dass jede Stunde für uns zählt. Auch die öffentlichkeitswirksamen Stunden wie die Eröffnung der Donautalbrücke als neues Linzer Wahrzeichen oder der Moment, als wir nach dem Hochwasser die Südautobahn in Niederösterreich wieder freigeben konnten, waren ASFINAG-Sternstunden im vergangenen Jahr. Aber am meisten berührt hat mich ein Mail eines Mitarbeiters einer Autobahnmeisterei, den ich zufällig auf einer Streckenbefahrung getroffen habe. Er hat sich bedankt, dass ich stehen geblieben bin, um mit ihm zu plaudern. Wir haben einander nur ein paar Minuten geschenkt und dennoch gegenseitig bleibenden Eindruck hinterlassen. Jeder in unserem Unternehmen trägt zum Erfolg bei. In kaum einer anderen Stunde ist mir die Bedeutung unserer Unternehmenskultur bewusster geworden.“
Judit Havasi, Generaldirektorin DONAU Versicherung
„Meine prägendste Stunde war ganz klar während des Starkregens Mitte September. Dank Ankündigungen in den Wetterberichten wussten wir, dass uns als Versicherung intensive Tage bevorstehen. Was dann folgte, übertraf aber selbst meine schlimmsten Befürchtungen. Die ersten Bilder aus den Flutgebieten im Fernsehen haben mich erschüttert und bewegt. Ganze Landstriche überflutet und Menschen, die durch das Hochwasser buchstäblich Haus und Hof verloren haben und um ihre Existenz bangten. Gleichzeitig beeindruckten mich die zahlreichen ehrenamtlichen Helfer:innen, die gemeinsam mit Feuerwehr, Bundesheer und anderen Rettungsorganisation im Dauereinsatz waren. Ich bin froh, dass auch das Team DONAU vielen unserer Kund:innen rasch helfen und die dringend benötigten Versicherungsleistungen zeitnah anweisen konnte.“
Markus Kaser, SPAR-Vorstand
„Nahversorgung in jeder Lebenslage, das ist unser Auftrag. Die wichtigste Stunde 2024 war daher die, als die Auswirkungen des schrecklichen Hochwassers in Niederösterreich bekannt wurden und wir feststellen durften, dass wir nur wenig betroffen waren und daher die Versorgung der Bevölkerung aufrechterhalten konnten. Zudem konnten wir sofort damit beginnen, die Hilfstrupps zu versorgen.“
Karin Tausz, Geschäftsführerin FFG (Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft)
„Am 11. September feierten wir 20 Jahre FFG, und die Forschungs- und Innovationscommunity feierte mit uns. Die Begeisterung der innovativen Unternehmen und Forschungsorganisationen war für mich sicht- und spürbar. Österreich hat gerade in den letzten krisenhaften Jahren gelernt, wie wichtig eine starke Forschungslandschaft für eine krisenfeste Gesellschaft und Wirtschaft ist. Österreich hat viel erreicht, jetzt muss die neue Regierung durch eine innovationsfreundliche Politik sicherstellen, dass wir angesichts des internationalen Wettbewerbs den Anschluss nicht verlieren und den Vorsprung für österreichische Unternehmen ausbauen.“
Christiane Flehberger, Geschäftsführung Raiffeisen Stadtbank Wien
„Wertschätzung ist für mich ein zentraler Wert, den ich als Führungskraft lebe – und es freut mich natürlich auch sehr, wenn man das von Mitarbeitern erfährt. Meine persönlich schönste Stunde dieses Jahr war, als mir meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Weltspartag ein selbst gestaltetes Bild überreicht haben, auf dem alle unterschrieben und mir ihre Wertschätzung ausgedrückt haben. Ich habe mich irrsinnig gefreut und habe aus dieser wunderschönen Geste viel Energie und Motivation getankt.“
Gerhard Christiner, Vorstandssprecher APG
„Ein kleiner Schritt für die Öffentlichkeit, ein großer Schritt für das Gelingen der versorgungssicheren Energiewende Österreichs war das Einlangen des positiven Bescheids für unser Großprojekt Zentralraum Oberösterreich. Unsere Investition für dieses Projekt in der Höhe von rund 800 Millionen Euro ermöglicht die Dekarbonisierung der Stahlindustrie in dieser Region und leistet somit auch einen Beitrag zur Absicherung des Wirtschaftsstandortes Österreichs. Für das Gelingen der Transformation braucht es gerade wegen solcher Projekte eine umfassende Beschleunigung der Genehmigungsverfahren in den kommenden Jahren, damit alle bis 2034 geplanten Netzinfrastrukturprojekte der APG mit einem Investitionsvolumen von neun Milliarden Euro im Sinne eines starken Wirtschaftsstandortes für Österreich zeitgerecht umgesetzt werden können. Gehen wir mit Mut, Zuversicht und Gestaltungswillen in das kommende Jahr!“
Peter Bosek, Vorstandsvorsitzender Erste Group
„Meine prägendste Stunde erlebte ich während meiner ersten Wochen als CEO der Erste Group. Ich habe mir ein Mikrofon geschnappt und auf einer Einkaufsstraße die Meinung junger Menschen zu Banken eingeholt. Direkt und unzensuriert. Sie haben mir von ihren Zukunftsträumen erzählt und wie eine Bank sie dabei unterstützen kann. Das fand ich unglaublich inspirierend. Weil wenn sie voller Hoffnung und Tatendrang sind, lässt mich das begründet optimistisch in die Zukunft blicken. Es liegt am Ende an uns allen – Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft –, diese Hoffnung weiter wachsen zu lassen und ernsthaft an einer besseren Zukunft zu arbeiten.“
Edith Hlawati, Vorständin der Staatsholding ÖBAG
„Aus persönlicher Sicht war der 25. April einer der prägendsten Momente im heurigen Jahr. Im Rahmen eines festlichen Empfangs wurde die 30-jährige Partnerschaft der OMV mit den Vereinigten Arabischen Emiraten unter der Schirmherrschaft von Minister Magnus Brunner und Industrieminister Sultan Ahmed Al Jaber im Finanzministerium begangen. Wobei nicht der Empfang selbst der größte Eindruck für mich war, sondern der zugrunde liegende Syndikatsvertrag der ÖBAG mit der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC). Ein Modell, das sich auch bei den heimischen Leitbetrieben Telekom und den Funktürmen (América móvil) sowie bei den Casinos (Allwyn) als sehr erfolgreich bewährt hat. Die Feier selbst war für mich das Symbol, welch enorme Bedeutung die vier gut funktionierenden Syndikate für die Innovationskraft, die Arbeitsplätze und für den Wirtschaftsstandort Österreich generell haben.“