Dicke Luft

Warum in Österreich keine Diesel-Klage droht – zumindest vorerst

Könnten auch in Österreich Diesel-Fahrverbote erwirkt werden?

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Ein Gerichtsurteil bewegt Deutschland, wenn nicht ganz Europa. Vergangenen Dienstag urteilte das deutsche Bundesverwaltungsgericht, deutsche Bundesländer dürften eigenständig Fahrverbote für gesundheitsschädliche Diesel-Pkw anordnen. Flugs beeilten sich Politiker von Kanzlerin Angela Merkel abwärts zu versichern, dass ebendieses Verbot nur in Ausnahmesituationen verhängt werden würde. Wie folgenreich der Entscheid sein wird, bleibt abzuwarten. Fest steht aber: Von weiteren Verkaufsrückgängen bei Diesel-Neuwagen ist auszugehen. Und der Druck auf Autokonzerne, teure Nachrüstungen vorzunehmen, steigt weiter. Diesel kommt nicht aus der Krise.

Diesel-Autos stoßen zwar weniger klimaschädliches CO2 aus als Benziner, aber mehr lungenschädliche Stickoxide. Genau das zeigt sich eindrücklich an deutschen Stickoxid-Messstationen. Dort liegen die Werte mitunter weit über dem EU-Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickoxid pro Kubikmeter Luft (siehe unten). Ein Problem, das man auch in Österreich gut kennt: Zwar ist die Belastung hierzulande deutlich niedriger als beim Nachbarn, trotzdem lag sie im Jahr 2017 an vielen Stationen deutlich über dem österreichischen (30) und europäischen (40) Grenzwert. Die Belastung hängt nicht allein vom Verkehr ab, sondern auch von geografischen Faktoren.

"Wir fordern die rasche Nachrüstung von Schmutz-Diesel-Pkw mit funktionierender Abgasreinigung sowie den starken Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Rad-Infrastruktur in den Ballungsräumen", sagt Christian Gratzer, Sprecher der Mobilitätsorganisation VCÖ.

Hier könnte bald einiges in Bewegung kommen.

Allerdings: Sind derlei Maßnahmen überhaupt notwendig? Oder könnte es in Österreich auch zu einem Gerichtsurteil wie in Deutschland kommen, sodass man ohnehin gezwungenermaßen vom Diesel abgehen muss? Derzeit sei in Österreich mit einem derartigen Verfahren nicht zu rechnen, antwortet Thomas Alge, Jurist beim Ökobüro, der Allianz der Umweltbewegungen. Denn einerseits kann man in Deutschland aufgrund der Feinheiten des dortigen Verwaltungsrechtssystem leichter gegen Unterlassungen im Umweltbereich vorgehen als in Österreich. Zweitens: Österreich hat die sogenannte Aarhus-Konvention nicht umgesetzt, die international den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten regelt. Wenn Luftverschmutzung eine Gefahr für Menschen darstellt, dürfte gemäß dieser Konvention die Justiz damit befasst werden. "Erst im Dezember des Vorjahres jedoch hat der Europäische Gerichtshof befunden, dass Österreich die Konvention endgültig umzusetzen hat", sagt Alge. "Hier könnte also bald einiges in Bewegung kommen."