Wienwert-Vorstand Gruze: "Im Nachhinein betrachtet sind Fehler passiert"
Interview: Christina Hiptmayr
profil: Bei Ihrem Antritt vor zwei Jahren waren Sie überzeugt, die Gruppe sanieren zu können. Jetzt stehen Sie vor einem Scherbenhaufen. Das nennt man wohl spektakulär gescheitert. Gruze: Die Sanierung ist gescheitert, richtig. Das tut mir sehr leid. Die beiden Gründer Nikos Bakirzoglu und Wolfgang Sedelmayer haben mich im April 2016 als Sanierungsvorstand geholt. Zwischen 2010 und 2015 hatten Anleger jedoch schon rund 40 Millionen Euro in Anleihen und rund zehn Millionen Euro in Bauherrenmodelle investiert. Ich bin mit dem Ziel angetreten, dass alle Anleger ihr Geld zurückbekommen. Damals bin ich noch davon ausgegangen, dass alle Beteiligten mit mir an einem Strang ziehen werden und die Sanierung das gemeinsame, große Ziel ist.
profil: Sie deuten an, Sie wurden von den Wienwert-Gründern hintergangen? Gruze: Ja, ich fühle mich getäuscht, aber wirklich hintergangen wurden die Anleger. profil: Den Anlegern droht nun der Totalverlust. Deren Wut richtet sich auch gegen Sie. Gruze: Das kann ich nachvollziehen, denn ich war die letzten zwei Jahre das Gesicht von Wienwert. Ich kann mich bei den Anlegern nur aufrichtig entschuldigen, ich habe mein Bestes gegeben, aber der Rucksack aus der Vergangenheit war einfach zu groß. Meinen Signing-Bonus, der mir jetzt rund 300.000 Euro gebracht hätte, habe ich freiwillig dem Insolvenzverwalter zur Verfügung gestellt, um den Schaden der Anleger durch einen persönlichen Beitrag meinerseits so gering wie möglich zu halten.
Strafrechtlich habe ich mir nichts vorzuwerfen.
profil: Dennoch: Basierte Ihre Fortbestehensprognose vom Juli 2017 nicht auf völlig unrealistischen Annahmen? Gruze: Nein, die neue Wienwert und das neue Geschäftsmodell hätten jedenfalls funktioniert, wenn wir mehr Zeit gehabt hätten. Lassen Sie es mich so sagen: Es haben sich in der alten Wienwert ständig neue, unerwartete Probleme aus der Vergangenheit aufgetan. Zum Schluss kam dann noch das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft dazu. Ab diesem Zeitpunkt war es durch den Vertrauensverlust einfach nicht mehr möglich, Geld am Kapitalmarkt zu bekommen.
profil: Die Staatsanwaltschaft ermittelt seit geraumer Zeit in Sachen Wienwert. Nicht nur die Wienwert-Gründer, auch Sie werden als Verdächtiger geführt. Gruze: Ja, leider. Ich musste ja schlussendlich "das Licht abdrehen". Natürlich sind im Nachhinein betrachtet auch Fehler passiert, aber strafrechtlich habe ich mir nichts vorzuwerfen. Ich versuche daher den Insolvenzverwalter und die Staatsanwaltschaft so gut wie möglich bei ihrer Arbeit zu unterstützen.
profil: Laut Gerüchten waren Sie vor zwei Jahren privat mit vier Millionen Euro Schulden pleite. Wie kam das? Gruze: Das stimmt nicht. Ich war nicht pleite, es gab auch kein Insolvenzverfahren in England, wie behauptet wurde. Es ist auch falsch, dass ich Kronzeuge werden will. Das sind massiv kreditschädigende Behauptungen, von denen es leider viele gibt im Moment.
Ich möchte jetzt zuallererst einmal alle Vorwürfe restlos aufklären.
profil: Es gab eine ganze Reihe von Interessenten für die Wienwert AG. Letztlich hat kein einziger ein Angebot gelegt. Woran liegt das? Gruze: Die meisten wollten das neue Geschäftsmodell mit den bestehenden Projekten übernehmen, aber nicht die Gesellschaft. Die Risiken aus dem laufenden Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft sowie aus möglichen Haftungsklagen waren schlussendlich einfach zu groß. Der angebliche Investor der Wienwert-Gründer ist übrigens nicht mehr aufgetaucht.
profil: Nachdem in den Unternehmen selbst nichts mehr zu holen ist, werden Anlegeranwälte und Gläubigervertreter wohl verstärkt Haftungsfragen prüfen. Dabei könnten Wirtschaftsprüfer, Treuhänder, das Gründerduo und Sie selbst in die Ziehung kommen. Erwarten Sie diesbezüglich Klagen? Gruze: Das ist ja mittlerweile ein eigenes Geschäftsmodell. Wir werden sehen, was passiert.
profil: Wie geht es für Sie persönlich weiter? Gruze: Ich möchte jetzt zuallererst einmal alle Vorwürfe restlos aufklären, alles andere ist im Moment nebensächlich.