Wirtschaft versus Umwelt: Das große Entkoppeln
Die deutsche Klimaschutzaktivistin Tina Velo gilt als radikale Vertreterin ihrer Bewegung. Autokonzerne beispielsweise sollen komplett zusperren, fordert sie, das Leben autofrei ablaufen. Aber was soll mit all den Arbeitskräften geschehen, denen die Autoindustrie derzeit zu Jobs verhilft? Kein Problem, sagte Tina Velo im Jahr 2019. Die könne man umschulen. „Wir werden Busfahrerinnen und Busfahrer brauchen, Pflegerinnen und Pfleger, Erzieherinnen.“
Von der Klimaaktivistin Velo bis zu namhaften Unternehmensbossen, vom US-Präsidenten Joe Biden zum österreichischen Altkanzler Sebastian Kurz, von der UNO zur EU, von Konservativen zu Sozialdemokraten: Alle teilen sie eine fundamentale Annahme. Alle glauben, dass grünes Wachstum möglich ist. Um das Klima zu retten, muss man nicht etwa unser kapitalistisches Wirtschafts- und Gesellschaftssystem umkrempeln. Nein, eigentlich kann vieles weitergehen wie bisher. Arbeitskräfte werden umgeschult, alte Branchen von neuen abgelöst, aber im Grundsatz bleibt aufrecht: Weiterhin sorgt Wirtschaftswachstum für Jobs und Wohlstand. Nur eben klimafreundlich.
In der Klimadebatte wird meist über einzelne Maßnahmen diskutiert, ob -Steuer oder Klimaschädlichkeit von Kurzstreckenflügen. Doch hinter all den Einzelschritten dräut die größere Frage nach dem Wachstum. Moderne Gesellschaften sind, um den Wohlstand zu erhalten, darauf angewiesen, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) – die Summe aller Güter und Dienstleistungen pro Jahr und Land, die um Geld gehandelt werden – Jahr für Jahr wächst. Österreichs BIP etwa wird heuer laut Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts Wifo inflationsbereinigt um 4,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen. Bisher jedoch gingen steigende BIPs mit mehr Umwelt- und Klimaschaden einher.
Kann man also trotz Wachstum die Klimakatastrophe aufhalten? Oder anders gefragt: Sind nicht Klimaschutzbemühungen zum Scheitern verdammt, solange wir uns nicht vom Dogma des Wachstums lösen?
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