„Wie schützen sich Anleger vor Inflation, Herr Professor?“
Von Marina Delcheva
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Am 20. Jänner wurde Donald Trump erneut als US-Präsident angelobt. Er hatte im Vorfeld schon eine Fülle an wirtschaftspolitischen Maßnahmen angekündigt, wie zum Beispiel Zölle auf Importe aus der EU oder aus China. Mit welchen Auswirkungen für die globale Wirtschaft und für die Finanzmärkte rechnen Sie jetzt?
Frühwirth
Allein durch Zölle und Gegenzölle ist zum Beispiel anzunehmen, dass die Preise nicht nur in den USA, sondern auch in den anderen Ländern steigen könnten. Der Zoll wird auf den Produktpreis aufgeschlagen, und dadurch wird es teurer. Es ist unwahrscheinlich, dass die Unternehmen deshalb ihre Gewinnmarge reduzieren oder den Zoll nicht zumindest teilweise an ihre Kunden weitergeben. Und dadurch ist anzunehmen, dass auch die Inflationsrate wieder steigen wird.
Inflation bedeutet für Anleger nichts Gutes, weil sie die Rendite frisst.
Frühwirth
Wenn wir von Renditen sprechen, meinen wir meist die nominellen Renditen. Also wenn ich einen Geldbetrag anlege, um wie viele Euro bin ich nach einer gewissen Zeit „reicher“? Das Problem ist, wenn meine nominelle Rendite bei fünf Prozent liegt, aber die Inflation auf sieben Prozent klettert, habe ich real einen Verlust gemacht.
Was sind inflationsgeschützte Anleihen?
Frühwirth
Bei einer normalen, also nominellen deutschen Bundesanleihe, bekommen Sie derzeit ungefähr drei Prozent Rendite. Was Sie sich aber in Zukunft damit kaufen können, wenn Sie das angelegte Geld ausbezahlt bekommen, weiß niemand, weil wir ein Inflationsrisiko haben. Die inflationsgeschützten Anleihen versuchen, das Inflationsrisiko abzusichern, indem man auf das Nominale der Anleihe noch die tatsächliche Inflation aufschlägt. Die Kupon-Zahlung und auch die Rückzahlung sind dadurch höher, zumindest bei einer seriösen inflationsgeschützten Anleihe. In den Bedingungen der Anleihe ist ganz genau festgelegt, welcher harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) der Berechnung zugrunde liegt, ob es zum Beispiel der HVPI für die Eurozone ist, und dass die genaue Berechnung im Nachhinein erfolgt, also zum Zeitpunkt der Auszahlung die tatsächliche Inflationsentwicklung abgegolten wird, plus die Rendite. Der Vorteil dabei ist, dass man sich im Vorhinein keine Sorgen machen muss, wie sich die Inflation tatsächlich entwickeln wird, weil man sie sowieso abgegolten bekommt, egal was passiert.
Wer begibt denn solche Anleihen?
Frühwirth
Derzeit begeben mehrere Staaten solche inflationsgeschützten Anleihen, unter anderem vier EU-Staaten. Ich habe ähnliche Produkte auch von privaten Emittenten wie Banken oder Versicherungen gesehen. Aber dort wird meist nicht das Nominale erhöht, auf dessen Basis dann sowohl die Kupon- als auch die Tilgungszahlung höher ist. Oft heißt das dann „inflationsindexiert“, und man bekommt am Ende nicht die gesamte Inflation abgegolten.
„Es ist eine Art Wette auf die Inflationsrate.“
Warum sind die Renditen bei herkömmlichen Staatsanleihen höher als bei inflationsgeschützten?
Frühwirth
Bei der Rendite für eine normale Anleihe müssen Sie, vereinfacht gesagt, die Inflation abziehen. Nehmen wir einmal die Rendite einer 10-jährigen deutschen Staatsanleihe her, diese liegt aktuell bei 2,8 Prozent. Wenn wir eine Inflation von zwei Prozent haben, beträgt unsere reale Rendite circa 0,8 Prozent. Wenn die Inflation auf drei oder vier Prozent steigt, machen wir real aber einen Verlust. Bei der inflationsgeschützten Anleihe ist man gegen Inflationsschwankungen, wie wir sie in den letzten zwei Jahren hatten, gut abgesichert. Also ich bekomme auf jeden Fall die Inflation abgegolten, egal wie hoch sie tatsächlich ist, plus zum Beispiel 0,8 Prozent Rendite. Wenn also die Inflation wieder auf zehn Prozent klettert, bekommen Sie nominell circa 10,8 Prozent auf das investierte Geld.
Tatsächlich wissen wir aber nicht im Voraus, wie sich die Inflation entwickeln wird. Wenn sie theoretisch nahe an die Null-Prozent-Marke sinkt, bekomme ich eine deutlich niedrigere Rendite.
Frühwirth
Ja, wenn die Inflation sehr niedrig ausfällt, hat man mit diesem Produkt nominell vielleicht weniger verdient, man trägt aber nicht das Risiko einer hohen Inflation.
Für welche Anleger eignen sich diese Anleihen?
Frühwirth
Für Privatpersonen, die eher risikoscheu sind, eignen sich inflationsgeschützte Anleihen auf jeden Fall sehr gut. Für die Pensionsvorsorge empfehle ich zum Beispiel, dass man sein Geld in ein möglichst risikoloses Wertpapier anlegt, wie eben die inflationsgeschützten Anleihen von einem Staat mit sehr gutem Rating, und den Rest in ein Portfolio aus möglichst breit gestreuten, riskanten Wertpapieren wie Aktien, nominellen Anleihen, Rohstoffen und Immobilien investiert. Von Deutschland gibt es zum Beispiel solche Anleihen. Der Vorteil ist hier, dass diese in Euro begeben wurden und man kein zusätzliches Wechselkurs-Risiko hat.
Wenn die Inflation hochschnellt, kann das nicht auch zum Verlustgeschäft für die Emittenten solcher Staatsanleihen werden? Letzten Endes zahlen das dann die Steuerzahler.
Frühwirth
Ja, es ist eine Art Wette auf die Inflationsrate. Aber: Der Staat kann durch die Staatsausgaben sehr wohl im Zusammenspiel mit der Zentralbank die Inflation steuern. Wenn ein Staat inflationsgeschützte Anleihen begibt, hat er ein naturgegebenes Interesse, die Inflationsrate niedrig zu halten. Und daher sieht der Kapitalmarkt die Emission von inflationsgeschützten Anleihen auch als Signal, dass die Teuerung tatsächlich niedriger ausfallen wird.
Und für wen eignet sich diese Anlage nicht?
Frühwirth
Schlecht ist sie für niemanden. Aber wenn jemand fest davon überzeugt ist, dass die Inflation über einen längeren Zeitraum niedrig bleibt oder weiter sinkt, dann würde man wohl eher eine nominelle Anleihe kaufen. In diesem Fall trägt der Anleger oder die Anlegerin aber das Inflationsrisiko ganz allein.
profil-Sprechstunde:
Wie kann man erfolgreich und wissenschaftlich fundiert Geld anlegen? Manfred Frühwirth, Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien mit Fachgebiet Verhaltensökonomie, gibt Tipps.
Marina Delcheva
leitet das Wirtschafts-Ressort. Davor war sie bei der "Wiener Zeitung".