Wetterlage bei Zahlungsmoral

Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) misst mithilfe eines Inkassobarometers wie die Österreicher ihren Rechnungen nachkommen und legt erstaunliche Ergebnisse offen

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Mit einem Barometer bestimmt man bekanntlich den Luftdruck. Bei Hochdruck winkt schönes Wetter, bei Tiefdruck eben schlechtes. Der Alpenländische Kreditorenverband (AKV) hat in Anlehnung daran einen Inkassobarometer installiert, um das Zahlungsklima der Österreicher und Österreicherinnen zu eruieren. Und hier deutet einiges auf heiteres Wetter. Hans Musser, Chef des AKV: „Die Zahlungsmoral hat sich in Österreich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert.“ In Zahlen gegossen: 2017 mussten rund 1,5 Prozent aller österreichischen Forderungen professionell durch ein Inkassounternehmen betrieben werden. In den Jahren davor lag dieser Wert noch bei 1,8 Prozent.

Mehr Jobs, weniger Schulden

Dafür sind laut AKV zwei Parameter verantwortlich: Zum einen haben die Unternehmen ihre Mahnungsabläufe gestrafft und zum zweiten ist die Zahl der Zahlungsausfälle durch die verbesserte Arbeitsmarktsituation seit 2017 gesunken. Im selben Atemzug ist aber die durchschnittliche Forderungshöhe gestiegen. Auffällig ist eines: Ob jemand pünktlich zahlt, wird durch den Wohnort bestimmt. Je kleiner die Gemeinde, desto besser ist das Zahlungsverhalten. In Wien gibt es mit 21,55 Inkassofällen je 100 Einwohner die österreichweit höchste Inkassodichte. Die niedrigste ortet der AKV im Burgenland: mit 6,72 Inkassofällen je 100 Einwohner. Dafür ist die durchschnittliche Zahlungsforderung mit 402 Euro je Inkassofall in Wien recht niedrig (dritter Platz). Die höchsten Forderungsbeträge schlagen in Tirol mit 433 Euro zu Buche. Die Niederösterreicher sind sowohl in puncto Inkassofälle (10,93), als auch bei den offenen Forderungen (durchschnittlich 395 Euro je Inkassofall) eine der bravsten Zahler in Österreich. Über ganz Österreich hinweg zahlen aber 87 Prozent der österreichischen Konsumenten ihre Rechnungen pünktlich. Elf Prozent verspäten sich dabei und zwei Prozent zahlen gar nicht. Laut einer Erhebung sei jeder zweite Inkassofall der Vergesslichkeit geschuldet.

Jung, männlich - verschuldet

Die Zahlungsmoral lässt sich aber auch durch das Geschlecht präzisieren. Männer stehen durchschnittlich um ein Drittel höher in der Kreide, mit 500 Euro, als Frauen, die auf 300 Euro kommen. Darüber hinaus ist die Schuldnersituation auch eine Frage des Alters. Besorgniserregend ist, dass bei Überschuldungen die 20- bis 24-Jährigen an erster Stelle liegen. Sie verfügen über geringe Einkommen und leben offenbar über ihre Verhältnisse. Mit zunehmenden Alter werden auch die Schulden kleiner.

Im Online-Handel wird pünktlicher bezahlt

Da sich der Konsum immer stärker auf das Internet verlagert, könnte man meinen, dass sich die Außenstände vergrößern. Doch das Gegenteil ist der Fall. „Erstens haben Anbieter die Möglichkeit vor dem Kaufabschluss die Bonität des Käufers zu überprüfen und durch das sogenannte Scoring entscheidet sich, ob auf Rechnung gezahlt werden darf oder schon vorab die Summe beglichen werden muss“, sagt AKV-Chef Musser.

Musterschuldner Österreich

Im internationalen Vergleich rangieren die heimischen Privatschuldner was die Zahlungsgeschwindigkeit betrifft auf Rang zwei, hinter Finnland, und deutlich vor Deutschland und der Schweiz. Im EU-Durchschnitt werden Rechnungen in 52 Tagen beglichen. In Österreich liegt dieser Wert bei 31 Tagen. Am längsten wartet man in Spanien (97 Tage), Italien (96 Tage) und Portugal (90 Tage). Die Griechen sind erstaunlicherweise nicht das Schlusslicht, sie bezahlen im Schnitt in 80 Tagen.

Unternehmen als Zahler

Im Bereich der Firmenkunden (also Business-to-Business) zahlen etwa 80 Prozent der österreichischen Unternehmen ihre Rechnungen innerhalb der vereinbarten Zeit. Die beträgt zumeist 24 Tage. Hier gibt es aber gravierende Unterschiede. Lieferanten in Branchen mit einem hohen Wareneinsatz und gleichzeitig niedrigen Gewinnmargen, leiden am stärksten unter unpünktlich bezahlten Rechnungen. Hier trifft es die Handels-, Gastronomie- oder Baubranche. Dort – und in dieser Reihenfolge – wurden auch die meisten Inkassofälle schlagend. Das wiederum zeigt dramatisch, dass sich rechtzeitiges Reagieren lohnt. Denn mit jedem Tag der Zahlungsverzögerung, steigt das Risiko exponentiell an, einen Totalausfall zu erleiden. Daher empfiehlt der AKV schon vorab ein straffes Debitorenmanagement einzuführen, beziehungsweise dieses an einen Gläubigerschutzverband zu übertragen. Denn wenn ein Brief vom Inkassobüro in der Post landet, bezahlt ein Großteil der Adressaten seine offenen Forderungen innerhalb von 30 Tagen. „Dies ist insofern entscheidend, da wir in nächster Zeit mit steigenden Zinsen und damit auch mit einer schlechteren Zahlungsmoral rechnen“, sagt Hans Musser.

Öffentliche Hand greift spät in die Kassa

Es ist kein Kuriosum österreichischer Behörden, sondern internationale Praxis, dass sich die öffentliche Hand, mit dem Bezahlen von Rechnungen, die meiste Zeit lässt: der Bund braucht im Schnitt 37 Tage, die Länder sind mit 36 Tagen knapp darunter. Nur die Gemeinden sind mit 30 Tagen deutlich besser. Dieses Problem hat auch die Europäische Union erkannt und schon im März 2013 die Zahlungsverzugsrichtlinie in Kraft treten lassen. Diese wurde laut AKV nur von den Gemeinden strikt umgesetzt, obwohl sich seither auch Bund und Länder stärker an der Nase nehmen. Übrigens: Im Vergleich zu Unternehmen und Behörden zahlen die Privaten in Österreich deutlich rascher – im Durchschnitt innerhalb von 14 Tagen.

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