Zinsen: Wie sich die Politik die Banken vorknöpft
Schon Ende der vorvergangenen Woche brachte der Verein für Konsumenteninformation (VKI) eine so genannte Verbandsklage gegen die Bank Austria ein, in der der VKI als „Verband“ die Verletzung der Rechte von Konsumenten geltend macht.
Der Streitgegenstand ist allerdings eingegrenzt: Konkret geht es um eine Klausel in einem Preisblatt der Bank, wonach das Guthaben auf einem Girokonto mit null Prozent verzinst wird. Da dieser Zinssatz fix ist, jener für eine Konto-Überziehung allerdings variabel (derzeit: 12,5 Prozent), sieht der VKI eine Benachteiligung der Verbraucher. Die Bank vertritt eine andere Rechtsmeinung und verweigerte die von den Konsumentenschützern eingemahnte Unterlassungserklärung.
Beide Seiten gehen davon aus, dass die Causa bis zum Obersten Gerichtshof durchgefochten wird – was bis zu drei Jahre dauern kann.
Der VKI ist generell vom jeweiligen Konsumentenschutzminister „beauftragt“, Musterprozesse, Verbandsklagen und Sammelklagen zu führen. Das Ministerium übernimmt das Prozesskosten-Risiko. Der VKI wäre wohl auch ohne Zuruf des Ministers tätig geworden, denn Verbandsklagen sind VKI-Alltag, gerade in Zusammenhang mit Banken-Klauseln. Die Entscheidung des OGH wird ein Leiturteil für die Bankenbranche sein. Allerdings geht es nur um Girokonten. Ob der VKI auch die Zinsenspanne zwischen Krediten und Sparguthaben überprüft, ist offen.
Im ÖVP-geführten Finanzministerium ahnte man bereits vor Wochen, dass – nach Lebensmittelhandel und Energie-Versorgern – wohl bald die Banken ins Visier der Öffentlichkeit geraten würden. Denn beim Geld hört sich bekanntlich die Freundschaft auf – und die Duldsamkeit der Bürgerinnen und Bürger ebenso.
Die Ausgangslage eignet sich gut für eine Opfer-Täter-Erzählung. Auf der einen Seite die Konsumenten, die gleich mehrfach Leidtragende sind: Ihre Sparguthaben werden aufgrund niedriger Zinsen bei hoher Inflation entwertet. Ein grobes Rechenbeispiel: Derzeit haben Österreichs Sparer 300 Milliarden Euro bei den Banken liegen. Bei rund acht Prozent Inflation und fast null Zinsen sind das 24 Milliarden realer Vermögensverlust pro Jahr. Wer nicht spart, sondern Schulden hat, könnte auch bald Stress bekommen, vor allem bei einem variabel verzinsten Kredit. Und das sind nicht wenige: Fast die Hälfte des gesamten Kreditvolumens hierzulande ist variabel verzinst. Laut Nationalbank hat sich die Zinsbelastung der Schuldner aufgrund der steigenden Zinsen verdoppelt.
Auf der anderen Seite stehen die Banken, deren Gewinne im Jahr 2022 laut Nationalbank „neue Höchstwerte“ erreichten. Insgesamt verdienten sie 2022 10,2 Milliarden Euro. Banken seien „die großen Krisengewinner in Österreich“, kritisierte SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer. Zum – zumindest teilweisen – Fürsprecher der Finanzbranche avancierte vergangene Woche ausgerechnet Vizekanzler Werner Kogler, der davor warnte, „die Banken zum Feindbild zu erklären“.
Vergangene Woche gingen auch die Kreditwirtschaft in die PR-Offensive. Erste-Group-Chef Willibald Cernko, Obmann der Bankensparte in der Wirtschaftskammer, kündigte an, die Branche würde Kreditnehmern bei individuellen Problemen entgegenkommen. Details nannte er nicht. Anzunehmen ist: Die Banken werden wohl in erster Linie die Laufzeiten der Kredite ihrer Kunden verlängern, um die monatlichen Raten samt Zinsbelastung zu verringern.
Allerdings braucht eine Regierung nicht immer Gesetze, um das Verhalten von Unternehmen in eine gewünschte Richtung zu dirigieren. Auch Drohungen und – mehr oder minder – sanfter Druck können eine gewisse Wirkung entfalten. Den Energie-Versorgern richtete Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) im Mai recht unwirsch aus, sich angesichts der hohen Gas- und Strompreise nicht mehr „papierln“ lassen zu wollen. Parallel dazu entwickelte die Regierung freilich auch eine neue Steuer auf Übergewinne für die Branche. Ob es in Bezug auf die Banken Worten ausreichen oder ob auch hier politische Taten folgen, werden die kommenden Monate weisen.