„Auf der Fachmesse wurden die von Trump angekündigten Zölle und wie die anderen Länder reagieren könnten immer wieder diskutiert“, erzählt Schläfer, der technische Leiter des Start-ups. „Der größte Unsicherheitsfaktor heißt Trump. Niemand weiß, was an Zöllen noch kommt und wohin sich das Ganze entwickelt. Viele gehen aktuell von einem deutlichen Dämpfer im eigentlichen erwarteten Wachstum aus.“
Das hat damit zu tun, dass diese Branche so stark globalisiert ist wie wenige andere. Die Rohstoffe, Metalle, Plastikhüllen, die Textilien für Lautsprecher und Boxen kommen aus der ganzen Welt. In Limes-Aufbaukonstruktionen für die mobilen Virtual-Reality-Räume ist zum Beispiel Aluminium verbaut, das jetzt von den USA mit 25 Prozent bezollt wird.
Täglich grüßt der Zoll
Trumps erratische Zollpolitik, bei der er immer wieder neue Zölle ankündigt, sie kurze Zeit später doch wieder zurücknimmt oder Schonfristen im Abtausch von Zugeständnissen gewährt, haben vor allem auf dem US-Markt für massive Verunsicherung gesorgt. Zwischen der Messe in Barcelona und dem Mail mit der Absage an Limes am 28. Februar geschah in den USA so einiges, das Investoren und Unternehmen massiv verunsicherte. Am 4. Februar traten Zölle für Importe aus China von zehn Prozent in Kraft. Als Reaktion darauf kündigte China Zölle für Importe von Kohle, Flüssiggas, Rohöl, landwirtschaftlichen Maschinen und Autos an.
Und jetzt?
Heinrich Schläfer und Frank Stahmer haben vor fünf Jahren das Virtual-Reality-Startup Limes gegründet. Donald Trumps völlig erratische Handels- und Zollpolitik sorgt nun in der gesamten Tech-Branche für Verunsicherung.
Am 10. Februar unterzeichnete Trump ein Dekret für sogenannte reziproke Zölle, wonach Zollsätze der USA für bestimmte Produkte an jene der Handelspartner angeglichen werden. Also wenn die EU Autoimporte aus den USA mit zehn Prozent hohen Zöllen belegt, gilt dieser Zollsatz automatisch für europäische Autoimporte in die USA. Trump nannte das „gleiche Wettbewerbsbedingungen“. Dass die Zölle für andere Warengruppen in den USA höher sind als in der EU stört ihn freilich nicht. Auf Nachfrage zu einer möglichen Kooperation mit Limes oder zu den Auswirkungen von Trumps Handelspolitik auf das eigene Geschäft wollte sich Meyer Sound nicht äußern.
Trumps deklariertes Ziel beim Schwingen seiner groben Zollkeule ist es, wieder mehr Industrieproduktion in die USA zurückzuholen beziehungsweise Zugeständnisse von den Handelspartnern zu erpressen. Mexiko, das eigentlich in einer zollfreien Freihandelszone mit den USA und Kanada ist, hat den USA für den Aufschub der Zölle versprochen, seine Grenze besser gegen Drogenschmuggel und illegale Migration zu sichern. In der Praxis ist bis jetzt aber nur eines passiert: US-Unternehmen sind massiv verunsichert und halten sich mit Investitionen zurück.
Abwarten
„Im Zweifelsfall wartet man jetzt einfach mal ab. Das Verbrauchervertrauen ist gefallen“, sagt Finanzmarktexpertin Monika Rosen. Sie ist zudem Präsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft. Dieses Abwarten führt aber eben dazu, dass in manchen Bereichen gar kein Geld mehr in die USA oder aus den USA heraus fließt. Zum Beispiel in Form einer Equipment-Investition nach Wien. „Meyer war einer unserer Wunschkandidaten, wir haben ein Jahr lang darauf hingearbeitet“, meint Stahmer. „Wenn jetzt alle mit Zöllen überzogen werden, wird die Planbarkeit deutlich erschwert.“
Ähnlich verunsichert sind auch viele weitere heimische Betriebe, die in den letzten Jahren sehr stark auf den US-Markt gesetzt haben. Der Aluminiumhersteller AMAG zum Beispiel traute sich zuletzt nicht einmal eine Umsatzprognose für das laufende Geschäftsjahr abzugeben. Weil er eine große Produktionsstätte in Kanada hat und sein Headquarter in Österreich, könnte er gleich doppelt von Trumps Aluminiumzöllen betroffen sein. Laut der US-Handelskammer gefährdet der Zollstreit transatlantische Geschäfte im Wert von 9,5 Billionen US-Dollar jährlich. Und das betrifft nicht nur Importgüter, sondern auch die Investitionen und Umsätze von Firmen, die da wie dort erwirtschaftet werden.
Was sich im Kleinen am Fall Limes zeigt, wird im Großen an den führenden US-Börsen sichtbar. Die sonst so erfolgsverwöhnten US-Aktienindizes – Dow Jones, S&P 500, der Techriesen-Index Nasdaq – zeigen allesamt neuerdings nach unten. Am stärksten ist die Verunsicherung aktuell übrigens bei kleineren Betrieben. Der recht unbekannte Aktienindex Russell 2000 verlor seit Jahresanfang über acht Prozent. Er bildet die 2000 nach Marktkapitalisierung kleinsten börsennotierten US-Unternehmen ab. Ein Warnsignal.
„Bis jetzt haben die Zolldrohungen vor allem an den US-Märkten für Unruhe gesorgt. Europa ist erstaunlich resistent“, meint Börsenexpertin Rosen. Zum Vergleich: Der deutsche Aktienindex DAX hat seit Jahresanfang über 16 Prozent zugelegt. Er ist der größte im Euroraum. Zum einen schlägt sich hier Deutschlands Hunderte Milliarden Euro schweres Rüstungs- und Infrastrukturpaket nieder. Zum anderen sind US-Aktien in diesem handelspolitischen Wirrwarr aber einfach kein so attraktives Investment mehr. „Das ist eine sensationelle Umkehrung der Kräfteverhältnisse“, meint Rosen.
Dabei war das vor wenigen Wochen noch völlig undenkbar. Auf einer Konferenz der US-Investmentbank Goldman Sachs Anfang 2025 glaubten fast zwei Drittel der dort befragten Teilnehmer, dass US-Aktien heuer deutlich besser performen würden als europäische Titel. Lediglich acht Prozent dachten, dass es in Europa besser laufen würde.
Von den globalen Aktienmärkten in den 2. Wiener Gemeindebezirk und in den Showroom von Limes: Alles ist verkabelt. Überall stehen Lautsprecher, Mikrofone, Projektoren. Auf der patentierten Wand: ein Virtual-Reality-Konzertfilm mit einer Sinfonie des österreichischen Komponisten und Organisten Anton Bruckner. Es klingt, als säße man in einer gotischen Kirche und nicht in einem Schauraum. Mit den Lautsprechern aus den USA würde Bruckner vielleicht eine Spur besser klingen. Aber das ist vorerst Zukunftsmusik.